Denkmalgeschütztes Gebäude Denkmalgeschütztes Gebäude: Stadtgeschichte vor der Tür
Dessau/MZ. - Die meisten - rund 70000sind es - und zugleich die ruhigsten Nachbarnzu haben, wer kann so einen Vergleich schonziehen? Keiner außer Hans-Joachim Melliessowie dessen Frau und Sohn. Weil die Dreiin der Heidestraße 122 und somit auf FriedhofIII wohnen: im dortigen Friedhofsverwalterhaus.Die einzigen lebenden Nachbarn sind die Mitarbeitereines Bestattungsinstitutes im Friedhofshauptgebäude.Und die sind nur zeitweise da. Dennoch, versichertMellies, habe er überhaupt keine Problememit seinem Wohnstandort. Die hatten nur etlicheGeldinstitute. Als das Ehepaar wegen einesBaukredites vorstellig wurde, wurden Bedenkenlaut. Ja, sofort - wenn das Haus woandersstehen würde, war der allgemeine Tenor derAbsagen. Gezweifelt wurde am Wiederverkaufswert,gebangt um die Sicherheit eines Darlehens.
1999 hatte die Stadt das Friedhofsverwalterhauszum Verkauf ausgeschrieben. Seit Jahren unbewohnt,war das Gebäude fast völlig zugewachsen. Abernicht nur der Wildwuchs musste weichen, dieTaxushecke der Mauerwerkstrockenlegung, derEfeubewuchs der Dacherneuerung wegen. Auchinnen war das Gebäude "in einem ganz erbärmlichenZustand", wie es Mellies beschreibt. Die wichtigstenMedien funktionierten nicht mehr. Regenwasserlief in der Küche am Schornstein herunter.Der Fußboden hatte sich an einigen Stellengehoben. Im Keller stand Wasser, entwickeltesich Schwamm. "Es war mehr oder weniger alsWohnhaus nicht mehr vorhanden", fasst derEigentümer zusammen.
Mittlerweile hat sich am und im Haus eineMenge verändert. Leitungen für Elektrik, Wasser,Abwasser und die gasbetriebene Heizung sindinstalliert. Die Küche erhielt eine neue Deckeund wurde gefliest. Ein komplett neues Badist erbaut worden. Vom neuen Dach war schondie Rede. Weitere Dinge, so der Ausbau dasDachgeschosses zu Wohnraum, das Abspritzenund neu Verfugen der Klinkerfassade, werdenfolgen.
Für äußerliche werterhaltende Maßnahmen gibtes Zuschüsse von der Denkmalspflege, denndas Haus, das die Familie im September vorigenJahres bezogen hat, ist Bestandteil des denkmalgeschütztenGesamtensembles. Was andererseits beinhaltet:ohne Zustimmung der Denkmalpflege läuft nichts.Wiederholt wurde deshalb Hans-Joachim Melliesgefragt, ob er den Kauf bereut habe, was erjedes Mal voll verneint. Obwohl sich im Nachhineinnoch verdeckte Mängel herausstellten, diedie zwei Wertgutachten nicht berücksichtigthatten, weil diese erst nach der Öffnung desDachbodens sichtbar wurden.
Ursprünglich befand sich die Verwalterwohnungim 1889 errichteten Hauptgebäude. Weil sichdas als unpraktisch herausstellte, wurde siebenJahre später nördlich davon für den Verwalterein separates Haus gebaut. In fünf Jahrenwird es also 100 Jahre alt. Für geschichtlichBewanderte ist ein Spaziergang über den Friedhofbesonders interessant. Dort befindet sichu. a. die Grabstelle von Dr. Funk, in dessenAmtszeit als Oberbürgermeister der FriedhofIII entstand. Unweit entfernt ist Hofrat Dr.Hosäus begraben, und nicht zuletzt fand aufdem Friedhof auch der viele Jahre am Theaterwirkende Kapellmeisters August Klughardt seineletzte Ruhe. Ob der Hoffotograf Hartmann,der Automobilbaupionier Lutzmann, die KammersängerinHerking, der Maler Korn, der Bildhauer Semper,der Komponist Prof. Bartmuss, der Sanitätsratund Ehrenbürger der Stadt, Dr. Mohs, oderdie Architekten Fieger, Schultz und Sehring,es wimmelt geradezu von historischen Persönlichkeiten.