1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Aus der Kneipe in die Arena: Darts Masters in Dessau: Aus der Kneipe in die Arena

Aus der Kneipe in die Arena Darts Masters in Dessau: Aus der Kneipe in die Arena

Von Julius Lukas 03.01.2019, 11:00
Mandy Liemandt beim Werfen eines Dart-Pfeils.
Mandy Liemandt beim Werfen eines Dart-Pfeils. Marian Storch

Dessau-Roßlau - Der Auftakt ist eine Ansage: Meine Dartspfeile segeln präzise wie Lenkraketen in ihr Ziel. 20 Punkte im ersten Wurf. 20 Punkte auch im zweiten. Nur der letzte Versuch rutscht mir etwas ab und landet im Acht-Zähler-Feld. Trotzdem: 48 Punkte zu Beginn meines Darts-Selbstversuches - ich fühle mich wie ein Boxer, der seinen Gegner gleich in der ersten Runde mit gekonnten Schwingern ins Schlingern gebracht hat.

Immerhin habe ich im Darts spielen ungefähr so viel Übung wie im Synchronschwimmen oder in der rhythmischen Sportgymnastik - also fast keine.

Und die Treffer zeigen tatsächlich Wirkung: Meine Konkurrentin, Mandy Liemandt, scheint beeindruckt. Mit ihren drei Pfeilen macht sie nur 23 Punkte - für mich nicht mehr als leichte Schläge gegen die Deckung. Doch dann tritt Johannes Wolff, mein zweiter Gegner, vor die Scheibe aus Sisal-Agave.

Und der „Wolfi“ genannte Schlaks mit dem rauschenden Bart lässt die Luft mit seinen Geschossen vibrieren. Eins, zwei, drei: 100 Punkte. Wolff hat seine Aufwärtshaken versenkt. Und ich hänge in den Seilen.

Alles johlt, grölt und feiert

Der Dreikampf ist keine Spaßveranstaltung - das wird sofort klar. Denn für Mandy Liemandt und Johannes Wolff ist unser Dreikampf eine ernste Wettkampfvorbereitung. Die beiden Hobby-Dartsspieler nehmen an einem Turnier teil, das am kommenden Samstag erstmals stattfindet und das es so in Sachsen-Anhalt noch nicht gegeben hat: das „1. Dessauer Darts Masters“. Für die Veranstaltung wird die Anhalt Arena, die größte Halle der Stadt, mit acht Dartsscheiben ausgerüstet. Hunderte Zuschauer, die freien Eintritt zum Event haben, können den Scheibensportler dann bei ihrer Punktejagd zusehen.

Der Termin des Events zu Beginn des Jahres ist dabei kein Zufall. Denn gerade fanden im Alexandra Palace in London die Darts-Weltmeisterschaften statt. In Großbritannien ist der Kneipensport extrem populär. Und in den vergangenen Jahren ist die Begeisterung auch nach Deutschland geschwappt.

„Die Aufmerksamkeit durch die WM wollen wir natürlich nutzen“, sagt Ralph Hirsch. Er ist einer der Organisatoren des Zielwerfens und in Dessau-Roßlau als Veranstalter vieler Sport-Events bekannt. Darts allerdings habe einen anderen Charme als Leichtathletik oder Handball, sagt Hirsch: „Die Wettkämpfe finden in einer Art Festzelt-Atmosphäre statt.“ Und Mitorganisator Marian Storch ergänzt: „Das Darts-Masters soll eine große Sportparty werden.“

Was die beiden Veranstalter damit meinen, versteht man, wenn man sich in den vergangenen Wochen eine der WM-Übertragungen im Fernsehen angeschaut hat. Für die großen Turniere wird das Darts-typische Kneipenflair einfach auf Hallengröße ausgedehnt. Die Zuschauer sitzen auf Bierbänken, durchgängig läuft laute Musik. Alles johlt, grölt und feiert. Es geht zu wie auf dem Oktoberfest.

„Darts ist ein Mix aus Geschicklichkeit und Geselligkeit“

Und selbst den Darts-Profis auf der Bühne würde man - rein äußerlich betrachtet - eher Höchstleistungen am Tresen als im sportlichen Wettkampf zutrauen: Viele von ihnen sind so tätowiert wie Fußballer - und sie haben eine Statur, die auch in einen Sumo-Ring passen würde. Darts fordert jedoch auch weniger athletische, sondern viel mehr psychische Kräfte. Die Ruhe zu bewahren, während hinter einem auf Ballermann-Niveau gefeiert wird, ist ungefähr so einfach wie neben einem Hochofen nicht ins Schwitzen zu kommen.

Konzentriert bleiben - das versuche ich auch bei meinem Wettkampf mit Mandy Liemandt und Johannes Wolff. Doch der 100-Punkte-Tiefschlag zeigt Wirkung. Auf meine 48 Zähler folgt eine 29er-Runde. Wolff, der schon einige Jahre Darts-Erfahrung hat, gibt mir Tipps zur richtigen Haltung: Etwas nach vorne lehnen, jedoch mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben - für die Stabilität. „Darts ist ein Mix aus Geschicklichkeit und Geselligkeit“, beschreibt Wolff seine Begeisterung für den Sport. „Man kann spielen und nebenbei Bier trinken - das hat schon einen gewissen Reiz.“

Seine Haltungs-Tipps hätte der 36-Jährige aber lieber für sich behalten sollen. Denn plötzlich bohren sich meine Pfeile mit chirurgischer Präzision in die punktreichsten Stellen der Sisal-Scheibe: 59 Punkte, 67 Punkte, 74 Punkte. Mein Zählerstand schmilzt wie Butter in der Sonne.

1. Darts Masters in Dessau in der Anhalt-Arena

Denn wir spielen 501 - das gängigste Turnierformat. Dabei startet jeder mit 501 Punkten und muss sich auf Null runterwerfen. Nach sieben Runden sind bei mir 139 Zähler übrig. Mandy Liemandt muss noch 272 Punkte vernichten. Zu diesem Zeitpunkt ist das der letzte Platz, was sie selbst nicht verwunderlich findet. „Ich spiele nicht regelmäßig Darts“, sagt die 23-jährige Erzieherin. Jedoch sei sie mit Freunden in den vergangenen Monaten immer häufiger in Darts-Kneipen gegangen. „Das schöne an dem Sport ist ja, dass man ohne viel Vorbereitung sofort losspielen kann.“

Darts ist ein Jedermann-Sport. Darauf haben auch die Organisatoren des Masters in der Anhalt-Arena gesetzt. Für die Anmeldung zum Einzel- wie zum Mannschafts-Turnier am Samstag gab es keine Vorgaben. Jeder, der wollte, durfte - sofern er schnell genug war, einen der 64 Startplätze zu ergattern.

„Es machen viele Vereine mit, die sonst Handball oder Volleyball spielen und Lust auf ein wenig Abwechslung haben“, sagt Ralph Hirsch. Die Starter kommen hauptsächlich aus der Region, jedoch haben sich auch Spieler aus Brandenburg oder Berlin gemeldet. „Für die ist die Größe des Turniers spannend - sonst spielen die nur in Kneipen und eben nicht in einer richtigen Halle“, erklärt der Organisator.

Immer knapp daneben

Zurück zum Selbstversuch, wo mir der Schiedsrichter, der unsere Punkte notiert, plötzlich meinen Weg zum Sieg aufzeigt: „Du müsstest jetzt die Dreifach-19, die Dreifach-14 und die Doppel-20 treffen, um zu gewinnen.“ Ich schaue ihn ungläubig an. Die Doppel- und Dreifach-Felder sind winzige Fleckchen auf der Darts-Scheibe. Sollte ich sie treffen, hätte das weniger mit Können, sondern mehr mit Zufall zu tun. Doch ich probiere es, visiere die Dreifach-19 an - und treffe die acht, die in Darts-Maßstäben von der 19 so weit entfernt ist wie die Erde vom Mond.

Und auch sonst ist meine Leichtigkeit dahin. Ich treffe jetzt ebenso gut die Scheibe wie früher beim Vorsingen in der Schule die Töne - immer knapp daneben. Außerdem wird mir eine Regel zum Verhängnis: Beim 501 muss man mit dem Treffer eines Doppel-Feldes auf null kommen - für mich ein aussichtsloses Unterfangen. Ich habe noch zehn Punkte auf dem Konto, müsste die Doppel-Fünf treffen - und scheitere Runde um Runde. Die Doppel-Fünf wird zu meinem Waterloo.

Nach meinem anfänglichen Höhenflug schrumpfe ich nun auf napoleonische Größe - und die anderen ziehen an mir vorbei. In Runde 16 hat Mandy Liemandt noch acht Punkte vor sich. Sie trifft die Doppel-Vier im ersten Versuch und gewinnt. Für mich bleibt als Fazit: Stark angefangen und dann stark nachgelassen. Aber Spaß hat es trotzdem gemacht.

Pokale für das Publikum

Beim „1. Dessauer Darts Masters“ am kommenden Samstag gibt es nicht nur für die Gewinner im Team- und Einzel-Wettbewerb Pokale. Auch für die Zuschauer sind Trophäen reserviert. Denn Darts-Turniere zeichnen sich durch ein feierwütiges Publikum aus, das den gesamten Wettkampf über Party-Stimmung verbreitet. Damit das auch in der Anhalt Arena in Dessau-Roßlau der Fall ist, haben die Organisatoren die Zuschauer dazu aufgerufen, in Kostümen zu erscheinen. Den ersten Pokal bekommt der Besucher mit der besten Verkleidung. Die zweite Auszeichnung wird an den besten Stimmungsmacher verliehen - wobei hier auch Gruppen den Pokal erhalten können. Das Turnier startet am 5. Januar um 12 Uhr mit dem Team-Wettbewerb.

Weitere Informationen unter:www.darts-masters.de