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Cranach-Jubiläum Cranach-Jubiläum: Gemälde kehren zum Geburtstag nach Wörlitz zurück

Von Sylke Kaufhold 30.09.2015, 16:57
Martin Luther im Porträt
Martin Luther im Porträt Kulturstiftung DessauWörlitz Lizenz

Wörlitz/Dessau - „Das wird ein richtig tolles Geburtstagsgeschenk“, ist Thomas Pfennigsdorf überzeugt, wenn er an den kommenden Sonntag denkt. Am 4. Oktober, dem 500. Geburtstag des Malers Lucas Cranach der Jüngere, werden zwei Porträts der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon nach ihrer Restaurierung in die Wörlitzer Kirche St. Petri zurückkehren und nach dem Erntedankgottesdienst um 10.30 Uhr enthüllt werden.

Gesehen hat der Pfarrer der Wörlitzer St. Petrikirche die restaurierten Porträts im Taschenformat aus der Cranach-Werkstatt noch nicht. „Ich bin sehr gespannt, wie sie geworden sind, sicher heller und damit schon schöner.“

Vier Monate hat Restauratorin Gisela Melzer an den beiden kleinen Gemälden gearbeitet. Es sei keine „sensationelle Restaurierung“ gewesen, bleibt sie bescheiden. Sie habe die Bilder gereinigt, gefestigt, den Firnis abgehoben und Wurmfraß behoben. „Jetzt bin ich bei der Endretusche, dann kommt eine letzte Firnisschicht drauf“, erklärt sie gestern auf MZ-Anfrage, dass sozusagen bis zum letzten Tag gearbeitet werde. Schwierig sei die Arbeit am Rahmen gewesen, so Gisela Melzer. „Das war ein furchtbar dunkler Lack, den konnte ich erfreulicherweise entfernen, so dass die Bilder schon deshalb viel heller erscheinen.“ Die Originalrahmen aus der Entstehungszeit der Bilder seien es aber natürlich nicht mehr, macht sie aufmerksam. Ebenso verweist sie darauf, dass die Bilder bereits einmal restauriert worden seien. „Wann das war, kann ich jedoch nicht sagen.“

Zum 500. Geburtstag von Lucas Cranach dem Jüngeren feiert die Dessauer Kirchengemeinde St. Johannis am Sonntag, dem 4. Oktober, 10 Uhr einen Festgottesdienst mit anschließendem Cranachfest. Nach dem Gottesdienst wird eine Theaterszene von Andreas Hillger aufgeführt, die Bezug nimmt auf das berühmte „Dessauer Abendmahl“ von Cranach dem Jüngeren.

Das Bild aus dem Jahr 1565 zeigt Jesus beim letzten Abendmahl im Kreise der Reformatoren, im Hintergrund sind anhaltische Fürsten zu sehen, im Vordergrund Cranach selbst als Mundschenk. Es ist die einzige verbürgte Selbstdarstellung des Künstlers, der vor 500 Jahren in Wittenberg geboren wurde. Das Bild entstand als Epitaph für Fürst Joachim von Anhalt.

Die Leitung des Gottesdienstes hat Pfarrerin Geertje Perlberg, die musikalische Gestaltung übernehmen die Dessauer Kantorei, das Ensemble Broken Consort Dessau sowie Landeskirchenmusikdirektor Matthias Pfund. Ebenfalls nach dem Gottesdienst wird eine Spendentafel der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Stadtsparkasse Dessau enthüllt, die die Restaurierung der Cranach-Tafeln in der Johanniskirche unterstützt haben. Zum Abschluss gibt es rustikales Essen und Trinken zur Mittagszeit.

In der Johanniskirche befinden sich außer dem „Abendmahl“ das Gemälde „Christus am Ölberg“ von Cranach dem Jüngeren (1553) und eine Darstellung der Kreuzigung Jesu von Cranach dem Älteren (um 1515). Im Cranachjahr 2015 ist die Präsentation der Bilder in der Kirche Teil des Projektes „Cranach-Kirchen in der Region“, einem Korrespondenzprojekt zur Landesausstellung „Cranach der Jüngere“. Ebenfalls dazu gehören die Kirchen und ihre Cranachbilder in Zerbst, Klieken, Kemberg, Dabrun, Dietrichsdorf, Köthen (Agnuskirche), Nienburg (Schlosskirche) und Wörlitz sowie die Marienkirche Dessau.

Mit dem Ergebnis ihrer Arbeit ist Gisela Melzer zufrieden. „Ich hatte keine strahlenden Farben erwartet“, spielt sie auf das Alter der Bilder an. „So wie es geworden ist, ist es deshalb gut.“ Am Freitagvormittag steht für die Restauratorin die letzte Arbeitsetappe auf dem Programm: Dann werden die Bilder in die Wörlitzer Kirche gebracht und erhalten dort in einer Glasvitrine ihren neuen Platz.

Dass sie nun direkt im Kirchenraum zu sehen sein werden, hebt Reinhard Melzer von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz hervor. Sie wurden aus konservatorischen Gründen viele Jahre lang bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz aufbewahrt. „Nun kann der bedeutende Gemäldeschatz der Petrikirche wieder bis auf ein Bild vollständig gezeigt werden“, freut er sich. Das Luther-Triptychon aus der Wittenberger Cranach-Werkstatt ist als Leihgabe im Gotischen Haus zu bewundern. Das Bild des Schmerzensmanns hängt restauriert in der Kirche.

Am Sonntag kommen die Porträts der beiden Repräsentanten der Reformation hinzu. Vom Motiv her seien die Bilder nichts Besonderes. „Diese Porträts gibt es haufenweise, mehr als 100 sind aus der Cranach-Werkstatt bekannt“, verweist Reinhard Melzer. Von den beiden Bildern in der Wörlitzer Kirche gefällt ihm das Porträt Philipp Melanchthons besonders gut. „Es ist sehr schön und charakteristisch“, findet der Mitarbeiter der Kulturstiftung, der am Sonntag einige kunsthistorische Ausführungen zu den beiden restaurierten Gemälden machen wird und auch den Sponsoren vom Club Soroptimist International Dessau-Wörlitz danken wird.

Als „ein wenig rätselhaft“, so Melzer, habe sich eine auf den Bildern gefundene Datierung des Jahres 1535 herausgestellt, verrät er. „Diese Zahl kann unmöglich das Entstehungsdatum sein“, ist Melzer überzeugt. Er hält die Bilder für Werkstattarbeiten, die nach dem Tod Philipp Melanchthons im Jahr 1560 entstanden sind. „Ich schätze zwischen 1560 und 1575.“ (mz)

Die feierliche Enthüllung der restaurierten Cranach-Porträts findet am Sonntag, 4. Oktober, 11.30 Uhr in der Wörlitzer Kirche St. Petri statt.

Das Bildnis Philipp Melanchthons
Das Bildnis Philipp Melanchthons
Kulturstiftung DessauWörlitz Lizenz