Citynet soll Netze knüpfen
Dessau/MZ. - Sechs Jahre später will man nun beginnen: "Bildung von Netzwerken im Programmgebiet Urban II" nennt sich das mit einem sechsstelligen Betrag von der EU und der Stadt finanzierte Projekt. Nach einer europaweiten Ausschreibung wurde Ende vorigen Jahres der Zuschlag erteilt. Nicht, wie Manfred Piotrowsky von der Industrie- und Handelskammer lobt, "an Gurus von außen". Sondern an ein - laut Eigendarstellung - "Kreativtrio". Dessen Mitglieder: Viola Ballinger, Chefin der Dessauer Werbeagentur Media2000, Nick Schumann von der ebenfalls in Dessau ansässigen Werbeagentur p.idea und die Berliner Kommunikationsexpertin Katrin Marquardt. Sie wollen gemeinsam das Citynet Dessau voranbringen.
Bislang sind alle Versuche im Sande verlaufen, in Dessau etwas wie ein Innenstadtmarketing aufzubauen. Lang ist die Liste der Klagen - von Händlern, von (potentiellen) Kunden, von Dessauern, von Besuchern. Der Befund ist all die Jahre über unverändert geblieben: Dessaus Innenstadt funktioniert nicht.
Über die Ursachen freilich gehen die Meinungen weit auseinander. Das beginnt schon mit der Definition der Innenstadt. Ist das nur das Gebiet ums Rathaus? Gehört die Lange Gasse dazu? Die Museumskreuzung? Die Johannisstraße? Bei einem ersten Pressegespräch am Mittwoch wollte sich keiner der Citynet-Akteure festlegen. Schumann: "Wir sehen erst mal die Zerbster Straße an, haben aber das Urban-II-Gebiet im Fokus." Das allerdings reicht von Dessau Nord bis Dessau-Süd. Alles Innenstadt? Wohl kaum. Die Unsicherheit kommt nicht von ungefähr: Die Stadt selbst tut sich schwer damit, die Innenstadt genau zu umreißen. Das angestrebte Innenstadtmarketing wird damit nicht eben erleichtert.
Man wolle, beteuert Marquardt, der Innenstadt kein Konzept überstülpen. "Aber als neutrale Personen können wir vermitteln", ist sie überzeugt. Zwischen kleinen und großen Händlern, zwischen Vereinen und Firmen, zwischen all jenen, die ein Interesse daran haben könnten, die Innenstadt zu beleben - durchaus auch zum eigenen Nutzen. Der Bürger ist auch gefragt: Für ihn wird ein Briefkasten im Bürgerbüro des Rathauses aufgestellt: "Es darf gemeckert werden."
Zuerst aber soll einmal gestreichelt werden, sagt Ballinger, und meint damit die Händler. Denn ohne die geht gar nichts, weshalb man sie nächste Woche einlädt zu einem ersten Treffen. Was man sich davon erhofft: Ideen, aus denen sich ein Konzept entwicklen lässt.
Das alles sind durchaus Aspekte, mit denen sich ein Innenstadtmarketing befassen muss. Nur: Ein Innenstadtmarketing wird daraus noch lange nicht.
Das war in der Ausschreibung der Stadt nicht gefordert, sondern eben lediglich die Etablierung von Netzwerken. Tatsächlich aber gehört zum Innenstadtmarketing mehr: die Information der Bürger (und nicht nur der Händler), Analysen, Begehungen, Befragungen, Testkäufe. Es müsste ein Leitbild erarbeitet werden, das Orientierung bietet. Es müssten Maßnahmen festgeschrieben und eine Strategie entwickelt werden. Und schließlich wäre die Frage zu beantworten: Wer managet das alles? Ein Verein? Eine Firma?
Innenstadtmarketing umfasst Fragen der Stadtplanung ebenso wie wirtschaftliche, soziale und kulturelle. Nicht umsonst beschäftigen große, auf Stadtmarketing spezialisierte Firmen in ihren Reihen Betriebswirte, Geographen, Soziologen, Werber, Stadt- und Verkehrsplaner, Tourismusexperten und so weiter.
Immerhin: Viele der Themenfelder sind auf der Website www.citynet-dessau.de
angeschnitten. Nur sind die meisten Seiten leer.