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Boxer Dirk Dzemski im Interview Boxer Dirk Dzemski im Interview: "Ich bin nicht der Diktator"

12.11.2015, 20:08
Dirk Dzemski gibt Gas, um Tom Schwarz optimal vorzubereiten.
Dirk Dzemski gibt Gas, um Tom Schwarz optimal vorzubereiten. SES Lizenz

dessau - Am Sonnabend kämpft Tom Schwarz um den WBO-Junioren-Weltmeistertitel in der Dessauer Anhalt Arena. Doch auch sein Trainer steht dabei im Fokus. Für Dirk Dzemski ist die Rückkehr nach Dessau eine ganz Besondere. Die Rückkehr an jenen Ort, an dem er am 8. Juni 2002 seinen ersten Kampf als Profi bestritt und Weltmeister des Verbandes der NBA wurde. Felix Zilke sprach mit Dirk Dzemski über den Erfolgsdruck als Trainer, Selbstzweifel und die Bedeutung des Austragungsortes eines Boxkampfes.

Herr Dzemski. Sie sind nun so lange im Geschäft. Verspürt man da noch so etwas wie Druck?

Dzemski: Ich weiß nicht, ob das für mich Druck ist. Bei mir ist das Ehrgeiz, denn ich möchte die Jungs weiterentwickeln. Ich freu mich darauf, aber dennoch geht es dabei oft um sehr viel Geld, um Existenzen und für mich ja auch. Es hängt alles vom Erfolg ab. Wenn ich ständig Misserfolg hätte, dann wäre ich höchstwahrscheinlich auch meinen Job los. Aber das ist überall so. Im Endeffekt ist es halt so in dem Geschäft und dann muss man sich damit abfinden. Wenn man damit nicht umgehen kann, ist man auch nicht der Richtige dafür.

Es ist der erste Weltmeisterkampf für Tom Schwarz. Woran muss er noch arbeiten, um an die Weltspitze zu gelangen?

Dzemski: Er ist ja noch sehr jung. Mit seinen 21 Jahren - gerade im Schwergewicht sind die guten Jungs alle 30 Jahre und älter - ist er fast noch ein „Box-Baby“. Aber dafür hat er schon sehr viel Qualität, die schon sichtbar ist. Er hat einen großen Willen, ist sehr trainingsfleißig, hat gute körperliche Voraussetzungen und eine gute Koordination. Er hat das Herz am richtigen Fleck. Wenn ich sage: „Junge, heute kämpfst du und gibst alles“, dann zieht er durch und ist in gewissen Momenten auch ein richtiger Kämpfer. Wir müssen natürlich noch aufpassen, weil er erst 21 Jahre ist und noch kein fertiger Mann. Er wird sich in den nächsten Jahren noch optisch und physisch entwickeln und dann kommt noch mal ein Riesenschub dazu.

Tom Schwarz ist selbstsicher. Ist im Boxsport Platz für Sportler, die an sich zweifeln oder muss zwingend jeder Boxer absolut überzeugt von sich sein?

Dzemski: Das ist ganz wichtig. Ein gewisses Selbstvertrauen muss immer da sein. Es ist nun mal eine Zweikampfsportart, wo es auf Messers Schneide steht. Mit einer starken Psyche kann man seinen Gegenüber schon beeindrucken. Tom ist von sich überzeugt, er weiß, er ist stark und er hat gut trainiert. Er ist noch unbesiegt als Profi. Demzufolge geht er auch so in den Kampf. Das finde ich auch gut so, warum soll er sich denn selbst klein machen?

Waren sie damals genau so selbstbewusst?

Dzemski: Unterschiedlich. Das hing vom Trainingszustand ab, von meiner Verfassung. Ich hatte in meiner Profikarriere oft mit Verletzungen zu kämpfen. Und dann ist man nicht so selbstsicher, wie wenn alles läuft, alles fit ist. Ich hab’ mir dann schon eher Gedanken gemacht, aber ich war auch schon ein bisschen älter. Ich bin ja erst mit knapp 28 Jahren Profi geworden. Da macht man sich schon eher einen Kopf, hat dann schon ein Kind. Es ist anders, als wenn man noch am Anfang steht.

Wann war der Augenblick, als für sie feststand: „Ich werde Trainer“?

Dzemski: Der war nie so richtig da. Ich musste durch Verletzungen zwangsläufig aufhören und dann hat der Übergang zum Trainer schnell und problemlos funktioniert. Das war mehr so ein Zufallsprodukt (lacht).

Aber Sie wollten nach der aktiven Karriere im Boxsport bleiben?

Dzemski: Ja sicher, das war mein Wunsch, und es war ein bisschen Glück, dass es gleich geklappt hat.

Was sind Sie denn für ein Trainer?

Dzemski: Ich bin nicht der große Diktator, eher so der Trainer, der will, dass die Jungs verstehen, was sie machen. Ich kann auch streng sein, muss ich auch. Ich bin aber eher der Kumpeltrainer - bis zu einem gewissen Punkt. Irgendwann ist dann Schluss.

Was hat denn ihr Schützling Robert Stieglitz Tom Schwarz noch voraus?

Dzemski: Die Erfahrung natürlich. Die Athletik, die Stieglitz von Haus aus mitbringt ist noch mal einen Zacken schärfer, aber da kommt Tom mit Sicherheit noch hin, wenn er fleißig weiterarbeitet. Das sind zwei Sportler, die kann man aktuell nicht vergleichen. Wenn Tom mal das erreicht, was Robert erreicht hat, dann hat er es geschafft im Schwergewicht.

Dessau hat für Sie eine große Bedeutung. Oder ist es völlig egal, wo ein Kampf stattfindet?

Dzemski: Ich fand es immer schön, vor vielen Freunden zu boxen, viele Fans zu haben. Wenn Tom in Dessau angefeuert wird, dann wird er sich riesig darauf freuen. Es ist schon etwas Besonderes viele Fans im Rücken zu haben.

Sind Sie in Dessau auch mal privat unterwegs?

Dzemski: Früher war das öfters der Fall, als ich noch nicht verheiratet war. Jetzt bleibe ich, wenn ich Mal zu Hause bin, bei der Familie. Als junger Kerl war ich mehrmals in Dessau, beim Handball oder auch mal im Kino und mit Freunden in Bars unterwegs.

Ihre beiden Söhne boxen beim BC Görzig. Könnten Sie sich eigentlich vorstellen, diese eines Tages einmal selbst zu trainieren?

Dzemski: Vorstellen kann ich mir vieles. Die Jungs sollen machen, wozu sie Lust haben. Wenn sie irgendwann mal Profiboxer werden wollen, dann wäre es komisch, wenn ich das nicht machen würde. Ich würde mich freuen.