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Besondere Führung Besondere Führung: Auf Zeitreise im Weinkeller von Walter Gropius

Von Sylke Kaufhold 16.12.2017, 13:00
Eine vergessene Weinflasche konnte Stiftungsmitarbeiterin Sonja Vogel im Gropius’schen Weinregal nicht entdecken. Beeindruckt war sie dennoch.
Eine vergessene Weinflasche konnte Stiftungsmitarbeiterin Sonja Vogel im Gropius’schen Weinregal nicht entdecken. Beeindruckt war sie dennoch. Lutz Sebastian

Dessau - Eine kleine Treppe führt an der Seite des Gropius-Hauses hinab und endet an einer unscheinbaren Tür. Die wiederum führt in den Keller - und der ist nicht nur ein wahres Platzwunder.

Der Keller ist im Originalzustand von 1926

182 Quadratmeter groß ist er. Zahlreiche Türen führen in unzählige Räume, so dass der Gang durch das Gewölbe eine wahre Entdeckungsreise wird. Der Keller ist im Originalzustand von 1926, dem Baujahr des Gropius-Hauses, erhalten. Während das Haus, wie die anderen Meisterhäuser, beim Bombenangriff am 7. März 1945 zerstört wurde.

„Auch deshalb ist der Gropius-Keller etwas Besonderes“, erklärt Monika Markgraf, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Bauforschung und Denkmalpflege bei der Stiftung Bauhaus Dessau, beim Kellerbesuch der MZ. Der ebenfalls etwas Besonderes war, denn die Kellerräume bleiben den Besuchern der Meisterhäuser verschlossen. „Aus Sicherheitsgründen.“

Tageslicht im Keller

Dunkel und feucht ist der Keller nicht. Vielmehr ist es unerwartet hell da unten. „Das liegt an den Fenstern hier“, führt Monika Markgraf die Besucher hinter eine der vielen Türen und mitten in die einstige Wohnung des Hauswartes der drei Meisterhäuser.

Die Fenster liegen so weit oben, dass sie Tageslicht einfangen können. Drei Zimmer, Küche, Toilette standen dem Ehepaar Martha und Paul Kuhnert zur Verfügung. Sie kümmerten sich von 1926 bis 1933 um Garten- und Heizungsdienste, und Martha soll die Meister auch mit ihren Kochkünsten verwöhnt haben.

Wohnung war nicht groß, aber modern

Groß war die Wohnung mit ihren 49 Quadratmetern (ohne Flur) nicht. Aber modern. „Die Ausstattung war wie oben“, erklärt Monika Markgraf und zeigt als Beispiel auf die Türen, die den typischen Gropiusdrücker haben.

Einige Meter und drei Türen weiter weckt eine unscheinbare Tür die Neugier. Zurecht. Dahinter zieht ein riesiges Weinregal aus Ton die Blicke auf sich.

Um die 300 Flaschen finden hier Platz. Es ist der Weinkeller von Walter Gropius. „Liegend und dunkel, bei konstanter Luftfeuchtigkeit und ohne Temperaturschwankungen“ lagerte der Bauhausmeister hier seinen guten Tropfen. Auch die anderen Vorräte der Familie fanden in den Kellerräumen Platz.

Später wurden die Meisterhäuser an leitende Junkersmitarbeiter vermietet

Als das Bauhaus 1932 geschlossen wurde, zogen die Bauhäusler nach und nach aus den Meisterhäusern aus. Vermietet wurden die ab 1934 an leitende Junkersmitarbeiter.

Das Gropiushaus wurde fortan von zwei Familien bewohnt. Und die fanden während des Krieges Unterschlupf im Keller - genauer gesagt, im dortigen Luftschutzkeller, der auch heute noch vorhanden ist. Erkennbar an den verstärkten Wänden und Decken.

Jurko-Bauweise wurde im Keller ausprobiert

Monika Markgraf macht die Besucher auf eine gemauerte Wand in einem der heutigen „Technikräume“ aufmerksam. Die damals neue Jurko-Bauweise sei hier ausprobiert worden und noch gut zu sehen, erklärt die Mitarbeiterin der Stiftung Bauhaus.

Dabei wurden Schlackesteine hoch und quer verbaut. Alle Meisterhäuser seien in dieser Bauweise gebaut, sagt Markgraf. An anderer Stelle des Kellers fallen Hohlblocksteine unter dem Putzanstrich auf. Eine aufgrund der Größe der Steine sehr preiswerte Methode.

Gang durch den Keller ist eine Zeitreise

„Die Spuren der Geschichte sind in diesem Keller erhalten geblieben, so dass auch die Geschichte der Siedlung hier nachvollzogen werden kann“, hebt Monika Markgraf die historische Besonderheit hervor.

So ist der Gang durch den Keller eine Zeitreise durch die letzten hundert Jahre. Und der Laie ist überwältigt, wie spannend ein Keller sein kann. (mz)