Beratung für Kartenkauf Beratung für Kartenkauf: Gabriele Haase arbeitet seit 25 Jahren im Anhaltischen Theater Dessau

Dessau - Gabriele Haase feiert in diesem Jahr Jubiläum: 25 Jahre Anhaltisches Theater. Da kommen viele Erlebnisse und Erinnerungen zusammen. MZ-Mitarbeiter Marcus Bräuer unterhielt sich mit ihr über Anfänge, Herausforderungen und eine Theaterkassen-Katastrophe.
Frau Haase, Sie arbeiten an der Theaterkasse, deswegen das Wichtigste zuerst: Wo ist im Anhaltischen Theater der beste Sitzplatz?
Gabriele Haase: Das ist Geschmacksache. Wenn ich gefragt werde, wo ich sitzen würde, sage ich immer im Rang in der ersten Reihe. Das ist für mich der beste Platz für alle Inszenierungen.
Welche Frage wird Ihnen an der Theaterkasse am häufigsten gestellt?
Gabriele Haase: Das kann ich so nicht sagen, weil es so viele Fragen sind. Was wird gespielt? Sind noch Plätze frei? Wie ist das Stück angelegt? Eine häufige Frage ist: Ist es modern oder klassisch? Wir haben ein Publikum, das vom Altersschnitt eher hoch ist und viele ältere Herrschaften bevorzugen klassische Inszenierungen. Aber viele von denen sind bereit, wenn man sie berät, sich auch mal etwas anderes anzugucken.
Das heißt, Sie kennen alle Stücke die am Anhaltischen Theater inszeniert werden?
Gabriele Haase: Ja klar. Wir müssen doch wissen, was wir verkaufen. Es ist für uns normal, dass wir uns jedes Stück angucken. Alle Vierteljahre kommen Kassiererinnen und Abenddienste zusammen und dann bringen uns die Dramaturgen auf den Stand der Dinge, was in der nächsten Zeit an neuen Stücken kommt, wie die aufgebaut sind, was wir beachten müssen. Damit man auf jede Frage eine Antwort geben kann.
Wie gehen Sie mit unzufriedenen Kunden um?
Gabriele Haase: Wir hatten gerade einen Lehrgang über Kommunikation, Verkaufsförderung und Beschwerdemanagement. Und wir haben festgestellt, wir machen es in der Regel so, wie es sein soll. Wir versuchen immer, den Kunden runterzuholen. Wir machen ihm klar, dass der Regisseur nicht für jeden Geschmack inszenieren kann.
Aber in der Regel wissen Theatergänger, worauf sie sich einlassen. Wenn man mal unleidliche Kunden hat, was selten vorkommt, dann ist es unsere Herausforderung, mit viel Ruhe und Freundlichkeit dafür zu sorgen, dass auch diese mit einem Lächeln gehen. Aber wissen Sie was?
Was?
Gabriele Haase: Es gibt viel mehr Kunden, die hinterher anrufen und sagen: Also das war so super, wir gucken uns das nochmal an. Ich habe es auch schon erlebt, dass ich einem Kunden etwas empfohlen habe, was er eigentlich gar nicht wollte. Der wollte eigentlich Karten für ein Gastspiel und dann kamen wir aufs „Weiße Rössl“. Da ist er dann mit seiner Frau hingegangen. Er kam hinterher extra nochmal wieder, hat sich für die Empfehlung bedankt und gesagt, dass sie jetzt öfter kommen. Wenn uns das gelingt, dann haben wir unseren Job gut gemacht.
Gab es denn mal eine „Theaterkassen-Katastrophe“?
Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen die Inszenierung selbst nicht gefällt?
Gabriele Haase: Das kann durchaus mal passieren, in so vielen Jahren. Aber das erzähle ich den Kunden nicht, das wäre unprofessionell. Man beschreibt sachlich, was in der Inszenierung passiert und überlässt es den Kunden, sich selbst ein Bild zu machen.
Gab es denn mal eine „Theaterkassen-Katastrophe“?
Gabriele Haase: Ja, der Computer ist mal ausgefallen. Zum Glück konnte ich mir das Bild vom Saalplan einigermaßen merken. Und dann habe ich per Hand die Karten ausgeschrieben und unseren Gästen gesagt, in welchen Bereich sie sich begeben sollen. Ich war hinterher schweißgebadet, aber es hat funktioniert. (lacht)
In Ihren ersten 15 Jahren am Theater haben Sie in der Werbeabteilung gearbeitet, seit 2009 sind Sie an der Kasse. Warum der Wechsel?
Gabriele Haase: Es war damals schon zu erkennen, dass der Bereich Werbung und Gestaltung ausgelagert wird. Mein alter Verwaltungsdirektor hat zu mir gesagt: Theaterkasse wird immer gebraucht. Und er hat auch irgendwie gesehen, dass ich dafür ein Talent habe.
Was haben Sie beruflich gemacht, bevor Sie ans Theater kamen?
Gabriele Haase: Ich habe zu DDR-Zeiten in einem kleinen Betrieb in Wittenberg Betriebs-, Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik gelernt, heute würde man Mechatroniker sagen. Dann kam die Wende und dann war der Betrieb nicht mehr da. Und dann musste ich mir etwas anderes überlegen und habe umgeschult auf Werbekauffrau.
Tut es Ihnen weh, wenn für eine Vorstellung wenig Karten verkauft wurden?
War das kulturelle Interesse schon vorher da?
Gabriele Haase: Klassik war bei uns in der Familie schon immer ein Thema. Aber die Liebe zum Theater ist im Theater gewachsen. Ich bin Belcanto-Fan, Verdi ist mein Lieblingskomponist. Die erste Oper die ich hier gesehen habe, war La Traviata. Das war für mich einschneidend.
Sie haben mit sehr vielen Menschen zu tun. Ist Ihnen das von Anfang an leicht gefallen?
Gabriele Haase: Als ich hier anfing, war ich noch sehr jung, Anfang 20. Und mein damaliger Chef hat immer zu mir gesagt: Sie müssen auf die Leute zugehen. Das war für mich erst ein bisschen schwierig. Ich war nicht eingeschüchtert, aber man weiß eben nicht immer, wie die Leute auf einen reagieren. Im Laufe der Jahre lernt man, dass man selbst mit denen, die „Was willst’n du?“ fragen, klarkommt.
25 Jahre Anhaltisches Theater Dessau - haben Sie ein Erlebnis, das für Sie für immer in Erinnerung bleibt?
Gabriele Haase: (denkt lange nach) Was mich immer sehr fasziniert hat, war das Classic Open Air in Berlin. Da sind wir mit dem Theater mitgefahren und haben einen Werbestand betreut. Dort hatte ich das Vergnügen, Montserrat Caballé zu erleben. Auch Ben Becker war toll. Und José Cura hat hier bei uns mal geprobt.
Tut es Ihnen weh, wenn für eine Vorstellung wenig Karten verkauft wurden?
Gabriele Haase: Ja, natürlich. Wir wissen alle, wie viel Arbeit in so einer Produktion steckt. Und wenn dann gefühlt mehr Leute von der Bühne runtergucken als auf die Bühne drauf, dann ist das kein schönes Gefühl. Aber das ist nun mal die Last unseres großen Hauses in dieser Stadt. Die schönen Momente überwiegen aber.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am Anhaltischen Theater?
Gabriele Haase: Ich mag die enge Bindung hier. Man kennt jeden, man hat mit jedem immer irgendwie Kontakt. Und egal, welche Schwierigkeiten dieses Haus bisher zu bewältigen hatte, haben wir es immer irgendwie gemeinsam geschafft. (mz)