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Behindertenwerkstatt Behindertenwerkstatt: Produkte, die gefragt sind

Von christian kattner 29.08.2012, 16:55

dessau/MZ. - Am Mittwoch war Dirk Rödiger in Friedrichshafen. Der Ausflug zur "Eurobike", einer der weltweit größten Messen für Fahrräder, gehört seit Jahren fest in den Terminkalender des 58-Jährigen. Gemeinsam mit "Puky", einem Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, stellte er ein neues innovatives Kinderfahrrad vor.

Die Reaktionen waren begeisternd - und wurden sogleich nach Dessau-Kleutsch gemeldet. Dort nämlich, in einem der acht Standorte der Werkstatt für behinderte Menschen Dessau (WfbM), ist dieses Fahrrad entstanden.

Es ist eine Erfolgsgeschichte, das Vierteljahrhundert WfbM, die am kommenden Sonnabend mit einem Gottesdienst in der Sankt Georgs Kirche am Morgen und dann am Abend mit einer großen Festveranstaltung - Stargast sind die "Die Prinzen" - im Haus Kühnau gefeiert wird. Was exakt am 1. September 1987 mit der Einrichtung einer "Geschützten Werkstatt" in der Heidestraße 99 und 14 behinderten Mitarbeitern begonnen hat, ist bis heute zu einem acht Standorte und 250 Mitarbeiter umfassenden Beschäftigungs- und Lebensort für Menschen mit Behinderungen geworden.

"Wir haben es geschafft, diesen Menschen eine sinn- und wertvolle Tätigkeit zu geben, die Produkte herstellen, die gefragt sind", sagt nicht ohne Stolz Dirk Rödiger, der die unter dem Dach der "Diakoniegesellschaft Wohnen und Arbeit gemeinnützige mbH" angesiedelte Werkstatt seit dem ersten Tag leitet.

Rödiger, zuvor Ausbilder im Zementanlagenbau, kam durch eine persönliche Beziehung in die Gesellschaft. "Mein Onkel war Leiter der seit 1972 bestehenden Kindertagesstätte für behinderte Kinder in Dessau-Süd", erzählt Rödiger. Als die ersten dieser Kinder ins Erwachsenenalter kamen, entstand die Idee einer weiterführenden ganzheitlichen Betreuung.

Den Behinderten entsprechend ihrer Fähigkeiten eine herausfordernde und ausfüllende Arbeit zu ermöglichen, die gleichzeitig aber auch Produkte hervorbringt, die dem Markt standhalten - das war von Anfang an die Philosophie.

"Am Anfang haben wir Laubbesen und Teile für Campingmöbel montiert", sagt Rödiger. Über die Jahre wurde die Angebotspalette immer mehr erweitert, neue Standorte eröffnet. Die Dezentralisierung ist Absicht. "Wir haben uns Anfang der Neunziger bei anderen Werksttätten umgeschaut und Erfahrungen gesammelt", sagt Dirk Rödiger, "und dann daraus unserew Schlüsse gezogen."

Und so entstanden "Zellen", acht einzelne Werkstätten mit jeweils eigenen Produkten wie die Kistenmacherei, die Schilderwerkstatt, die Fahrradproduktion, eine Wäscherei oder ein Auto-Selbstservice.

"Das Ganze ist eine wirtschaftliche Solidargemeinschaft", erklärt Rödiger, der trotz der verschiedenen Standorte ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl ausmacht. Dafür sorgen die gemeinsame Berufsausbildung, die ganzheitliche Betreuung und Veranstaltungen, Feiern und Feste.

Längst hat sich die WfbM auch mit ihrem Innovationsgeist einen Namen gemacht. Mit dem Anhaltischen Theater verbindet die Gesellschaft seit Jahren eine enge Zusammenarbeit bis hin zur Mitwirkung bei der Inszenierung "Die Zauberflöte". Für das Dessauer Seifenkistenrennen entstanden über 50 Kisten in der WfbM.

Ein speziell geschultes Team von 50 Mitarbeitern um Produktionsleiter Olaf Bernhardt und Sozialdienstleisterin Anke Leutloff kümmert sich um die Betreuung. "Im Mittelpunkt steht und steht die Teilhabe an Arbeit unserer behinderten Mitarbeiter in allen Bereichen", so Rödiger.