Bauhaus-Camps Bauhaus-Camps in Dessau: Querdenker verwandeln Denkmäler der Stadt für einen Tag

Dessau - Viele Dessauer haben sich am Donnerstag vielleicht gefragt: Ist das historische Franz-Denkmal marode? Die fürstliche Statue umringte ein Stahlgestell, allerdings war es kein gewöhnliches Baugerüst.
Statt einem Schild „Betreten verboten“ wurden Dessauer genau dazu eingeladen: auf das Metallkonstrukt zu steigen. Frederik Dethleffsen und Marian Fitz hatten die Idee für die Plattform am historischen Denkmal. Dessau aus einem anderen Blickwinkel sehen, zumindest für einen Tag.
Verschiedene Ideen zum Thema Bewegung
Die Teilnehmer des diesjährigen Bauhaus-Camps haben dieses Prinzip einfach mal wortwörtlich umgesetzt. „Die Idee war, Interesse für bereits Bestehendes aus einer neuen Perspektive zu wecken“, erzählt Frederik Dethleffsen.
Der angehende Tischler aus Berlin gehörte zu den 23 kreativen Köpfe des Bauhaus-Camps 2016. In sechs verschiedenen Gruppen präsentierten die Auszubildenden, Studenten und Schüler ihre Ideen zum Thema „Bewegung“, das Jahresthema der Bauhaus-Stiftung.
Künstler aus aller Welt entwickeln Ideen für Dessau
Anders als sonst nahmen dieses Jahr nicht nur Studenten teil, auch Lehrlinge aus dem Bereich Gestaltung und Handwerk wurden einbezogen. Innerhalb des zweiwöchigen Workshops haben die internationalen Teilnehmer - unter anderem aus Indien, Polen, England und Deutschland - die Aufgabe gehabt, ein Projekt zu gestalten, das zum einen interaktiv ist und Dessauer wie Touristen einbezieht, und zum anderen mit dem Jahresthema „Bewegung“ spielt.
„Dessau ist kein einfacher Ort“, konstatiert Claudia Perren, Direktorin der Bauhaus-Stiftung. Jüngere Menschen ziehen weg, die ältere Generation werde irgendwann nicht mehr leben. Das Projekt soll an diesem Punkt ansetzen und mit der potenziellen Attraktivität der Stadt sowie der Interaktion im öffentlichen Raum arbeiten, so Perren.
Aufblasbarer Pool am Bahnhof Dessau
Die Projektgruppe „Plush Pool“ setzte ihren Schwerpunkt auf die Tristesse der Stadt: Was kann man gegen leere Plätze und wenig Interaktion in Dessau machen?
Die Antwort: ein aufblasbarer Pool am Bahnhof. Anstatt Wasser füllen Kissen in Bauhausfarben die Plastikwanne. Mit Stiften und Schablonen konnten die einzelnen Stoffstücke am Donnerstag individuell gestaltet werden.
Würfelspiel vom Franz-Denkmal durch die Stadt
Unter dem Titel „Moving Eder“ kreierten die Bauhaus-Camp-Teilnehmer einen Spielplatz für Erwachsene und Kinder am Franz-Denkmal. Mit weißen Heißluftballons und mehreren schwarzen sowie silbernen, zwölfseitigen Würfeln zog die Projektgruppe durch die Stadt und ließ die Würfel fallen.
Ob zum Werfen, Fangen oder Aufsetzen, das auch als Zahlenspielwürfel bekannte Objekt lud zum Anfassen und Entdecken ein. Im Inneren der überdimensionalen Würfel diente Spiegelfolie als Reflexionsfläche, so dass beim Aufsetzen des Würfels das eigene Ich in zwölffacher Form betrachtet werden konnte und von außen andere einen in ungewohnter Form wahrnehmen, einen vielleicht ansprechen und man so ins Gespräch mit Menschen kommt, mit denen man sonst nicht ins Gespräch kommen würde.
Besucher sind von Kreationen des Bauhaus-Camps begeistert
Während der Projektpräsentation im Bauhaus an der Gropiusallee war auch Claus-Christian Eckhardt in seiner Funktion als Stiftungsbeirat von Ikea anwesend, welche das Camp fördert.
„Um das klarzustellen, ich bin nicht hier, um Designer für Ikea anzuwerben“, sagte der in Schweden tätige Design-Professor mit einem Augenzwinkern.
Auch Grit Naumann und ihr Sohn Lèon haben sich die Präsentation angeschaut. „Wir sind hier gerade zu Besuch und eine Freundin hatte uns die Präsentation empfohlen“, erzählt die 50-jährige Rheinland-Pfälzerin.
Den englischen Vortrag der internationalen Studenten hat der Elfjährige Lèon nicht komplett verstanden, die Projekte fand er dennoch spannend: „Am besten hat mir der Nashornstuhl gefallen.“ Der Nashornstuhl, das war ein spontanes Nebenprodukt aus Müllresten des zweiwöchigen Bauhaus-Camps.
Design trifft Funktionalität und Interaktion im Bauhaus-Camp
Dass Design und Funktionalität beziehungsweise Interaktion sich nicht ausschließen, hat das Bauhaus mit seiner Geschichte gezeigt. Durch Experimente entstanden neue Formen mit sonst unüblichen Materialien, wie der Sessel aus Stahl von Marcel Breuer von 1925.
„Durch die Praxis am Bauhaus wurden Materialien neu eingesetzt“, so Perren. Die Teilnehmer des Bauhaus-Camps haben dieses Prinzip in zeitgenössischer Form mit Bezug zur Stadt Dessau umgesetzt.
150 Zuschriften für Teilnahme am Bauhaus-Camp eingegangen
Am zweiwöchigen Bauhaus-Camp teilnehmen, kann jeder im Alter von 16 bis 24 Jahren, Voraussetzung ist eine Form der Ausbildung mit Bezug zur Gestaltung - ob Studium, Schule oder Lehre.
„Dieses Jahr haben wir rund 150 Zuschriften erhalten“, berichtet Jutta Stein, zuständig für die Vermittlung am Bauhaus. Die noch neue Werkstatt für junge Kreative fand dieses Jahr zum dritten Mal statt.
Weitere Informationen zum Bauhaus-Camp, den Bewerbungsverfahren und den diesjährigen Projekten unter www.bauhaus-dessau.de
(mz)


