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Thema bei Handwerkerfrühstück in Dessau Bald wieder polytechnischer Unterricht in Anhalt? Alte Idee soll neu aufgelegt werden

Modellprojekt ist ein Vorschlag der Linken und vorerst an Gemeinschaftsschulen in Dessau-Roßlau, Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld angedacht. Was die Vorteile wären und woran es noch happert.

Von Heidi Thiemann 25.04.2022, 16:00
2. Handwerkerfrühstück der Kreishandwerkerschaft:  Mit Politik,  Verwaltung  und weiteren Partnern wurde in Räumen der Firma Eletro-Schulze  in Mildensee zur Berufsorientierung beraten.
2. Handwerkerfrühstück der Kreishandwerkerschaft: Mit Politik, Verwaltung und weiteren Partnern wurde in Räumen der Firma Eletro-Schulze in Mildensee zur Berufsorientierung beraten. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ - Im Dessauer Berufsschulzentrum „Hugo Junkers“ gibt es gut ausgestattete Praxisräume. Vor Jahren konnten hier Schüler der Kreuzberg- und der Zoberbergschule in einem Pilotprojekt Berufe kennenlernen, Praxisluft schnuppern. Das Ganze fortzuführen, „ist dann am Geld gescheitert“, sagt Doreen Reinhardt, stellvertretende Schulleiterin des Anhaltischen Berufsschulzentrums „Hugo Junkers“. Doch gibt es nun einen neuen Anlauf dafür? Reinhardt wäre dafür: „Wir haben die Möglichkeiten. Man sollte sie nutzen für alle Schüler der Stadt.“ Auch Andreas Weyprachtitzky, Leiter der Ganztagsschule Zoberberg, würde seine Schüler liebend gerne wieder dorthin schicken.

Geäußert wurden die Wünsche beim zweiten Handwerkerfrühstück, zu dem Kreishandwerkschef Karl Krökel am Freitag eingeladen hatte. Den Handwerkern ist wichtig, den von ihnen initiierten „Masterplan Handwerk“ mit Leben zu erfüllen und daher mit Politik, Verwaltung und weiteren Partnern Lösungen anzuschieben.

Wunsch von Firmen: Schüler sollen besser auf Ausbildung und Berufsleben vorbereitet werden

Ein wichtiges Thema, das auf den Nägeln brennt, ist die Fachkräftesicherung und Qualifizierung. In den Räumen der Firma Elektro-Schulze in Mildensee drehten sich die Gespräche deshalb schwerpunktmäßig um die Vorbereitung junger Menschen auf die Berufsausbildung. Denn wie macht man diese am besten fit, damit sie die Anforderungen an eine Ausbildung erfüllen, im Vorfeld die richtige Berufswahl treffen und Ausbildungsabbrüche vermieden werden? Das Handwerk - und nicht nur das - sucht dringend Nachwuchs. Doch oftmals bringen Bewerber nicht das nötige Rüstzeug mit.

„Brafo“ und Berufspraxistage sollen Orientierung geben, doch reicht das aus?

Mit dem neu aufgelegten Berufsorientierungsprogramm Brafo sollen alle Schüler ab der 7.Klasse (außer Gymnasien) noch besser an die Berufswahl herangeführt werden. In Dessau-Roßlau war dafür der Start Anfang April für die Schüler der Kreuzbergschule. Insgesamt werden vom Beruflichen Ausbildungs- und Vorbereitungswerk (BAWV) und dem VHS-Bildungswerk Zerbst 480 Schüler an zehn Schulen in Dessau, Roßlau und Zerbst begleitet, sagte Jan Lehmann, Geschäftsführer des BAVW.

Brafo ist nur ein Baustein in der Berufsorientierung im Land. Fachpraxistage, in denen Schüler in Firmen Berufsluft schnuppern können, ein weiterer. Doch aufgrund von Corona konnte das gar nicht angeboten werden, verwies Schulleiter Weyprachtitzky. Seiner Meinung nach ist die „direkte Zusammenarbeit mit Unternehmen das Fruchtbarste, was uns passieren kann“.

Wegen Lehrermangel bald nur noch vier Tage Unterricht in der Woche an der Schule? Wie wird der fünfte Tag genutzt?

Noch einen Schritt weiter als alle bisher aufgelegten Programme im Land geht ein Modellprojekt der „Polytechnischen Gemeinschaftsschule“, das der Linken-Landtagsabgeordnete Thomas Lippmann vorstellte. Im Raum Dessau-Roßlau, Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg, so wirbt er, soll es zuerst an den Gemeinschaftsschulen ab dem Schuljahr 2023/24 umgesetzt werden. Schüler der 8. und 9. Klasse sollen einmal pro Woche fünf oder sechs Stunden im Klassenverband bei einem Bildungsträger berufspädagogisch angeleitet werden. Die jungen Leute sollen dabei vier unterschiedliche Berufsfelder kennen lernen. Dazu könnten die Praxisräume im Berufsschulzentrum genutzt werden.

Das Berufsschulzentrum Dessau hat Platz und bietet für Schüler viele Praxisräume, sagt die stellvertretende Schulleiterin Doreen Reinhardt. Diese könnten für die Berufsorientierung gerne genutzt werden.
Das Berufsschulzentrum Dessau hat Platz und bietet für Schüler viele Praxisräume, sagt die stellvertretende Schulleiterin Doreen Reinhardt. Diese könnten für die Berufsorientierung gerne genutzt werden.
Foto: Thomas Ruttke

Das Modellprojekt wäre auch deshalb sinnvoll, weil im Land die Unterrichtsversorgung an den Schulen zusammenbreche. Schon jetzt gibt es viel Ausfall. Vom Land gibt es daher die Idee, dass Schüler nur noch vier Tage in der Woche in der Schule unterrichtet werden und einen Tag Zuhause. Statt des Zuhausetages wäre der berufspraktische Unterricht sinnvoller, war sich die Handwerkerrunde einig.

Linke schlägt vor, das Modellprojekt aus dem Budget des Bildungsministeriums zu fördern

Doch das müsste finanziert werden. Lippmann schlägt vor, das Modellprojekt aus dem Budget des Bildungsministeriums zu fördern. Da das Land ohnehin weit über 1.000 unbesetzte Stellen im Bildungsbereich habe, sollte Geld da sein.