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Ausstellung  Ausstellung "Große Pläne!" im Bauhaus Dessau: Industrieschächte Teil der Präsentation

Von Ute König 02.05.2016, 08:56
Kurator Torsten Blume (links) und Peter Weigand platzieren ein Ausstellungsobjekt vor den orangenen Kunststoffröhren. Die „Große Pläne“-Schau wird am Dienstag eröffnet.
Kurator Torsten Blume (links) und Peter Weigand platzieren ein Ausstellungsobjekt vor den orangenen Kunststoffröhren. Die „Große Pläne“-Schau wird am Dienstag eröffnet. Ruttke

Dessau - So hat Udo Brabender seine Schächte noch nicht gesehen. „Normalerweise werden sie auf Nimmerwiedersehen im Erdreich vergraben“, sagt der Geschäftsführer der Kubra GmbH in Oranienbaum. Die großen orangefarbenen Röhren aus thermoplastischem Kunststoff werden sonst vor allem als Abwasserschächte verbaut. Diesmal aber bleiben sie oberirdisch. Im Bauhaus in Dessau sind sie Teile für die zentrale Schau des Ausstellungsprojekts „Große Pläne!“, die am Dienstagabend in Dessau offiziell eröffnet wird.

Einen Durchmesser von 800 Millimeter haben die Industrieschächte, und drei verschiedene Höhen: 375, 500 und 625 Millimeter. Unterschiedlich aufeinandergestapelt und kombiniert, werden aus ihnen Säulen, an denen Bilder und Pläne und in denen beispielsweise die Hörstationen der neuen Ausstellung Platz finden. „Eine gute Idee“, findet Udo Brabender.

Vom Material überraschen lassen

Entwickelt hat diese Idee das Architekturstudio „Umschichten“ aus Stuttgart. „Mit diesen Materialien haben wir noch nie gearbeitet“, erklärt Peter Weigand. Genau das gehört aber zum Konzept von ihm und seinem Kollegen Lukasz Lendzinski. Die beiden Designer und Architekten setzen auf Regionalität und suchen sich ihre Materialien genau dort, wo sie arbeiten.

Die Ausstellung „Große Pläne – Die Angewandte Moderne in Sachsen Anhalt 1919-1933“ findet vom 4. Mai bis 6. Januar 2017 statt. Aber nicht nur in Dessau. Es gibt in Halle, Magdeburg, Merseburg, Leuna, Elbingerode und Quedlinburg mehrere Verbundausstellungen.

Wer sich in Dessau dem Bauhaus in der Gropiusallee nähert, wird seit kurzem von „Signalen der Moderne“ auf die Ausstellung aufmerksam gemacht. Künstler aus Halle, Leipzig und Berlin haben Installationen für den öffentlichen Raum geschaffen. „Deffke Billboard“ heißt die Metallkonstruktion von Jay Gard am Seminarplatz. Ihre gelben Baum-Verkleidungen zwischen Meisterhäuser und Bauhaus nennt Simone Müller „Dresscode“. Und „Weitergehen Nichtszusehen“ ist der Titel der Skulptur von Robert Verch an der Südseite des Bauhauses.

Mehr Informationen im Internet unter www.grosse-plaene.de und www.bauhaus-dessau.de

Was am Ende dabei herauskommt, ist bei Auftragsvergabe meist noch offen. „Das Material bestimmt die Idee“, so Weigand. Der experimentelle Charakter gehört dazu. Der Vorteil, den auch das Bauhaus gesehen hat: Die Exponat-Träger werden zur eigenen künstlerischen Rauminstallation.

Eine neue Welt erschaffen

Dass die Industrieschächte Teil einer Ausstellung im Bauhaus und nicht etwa im gleichnamigen Baumarkt werden sollten, die Anfrage überraschte bei Kubra in Oranienbaum. Die Zusage war aber schnell ausgesprochen. „Das Konzept von ,Umschichten' passt gut zu uns“, so Brabender. „Und auch die Idee der Ausstellung selbst.“

„Große Pläne“ behandelt in vier Themenbereichen die Jahre zwischen 1919 und 1933. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution war in Mitteldeutschland eine Zeit des Aufbruchs - trotz wirtschaftlicher Instabilität und politischer Unruhen.

Egal ob in Architektur und Siedlungsbau, Bildung, Werbung oder Technik und Luftfahrt - Künstler und Architekten, Techniker, Unternehmer und Politiker wollten eine neue Welt erschaffen und die Moderne gestalten. Deshalb der Untertitel der Ausstellung: „Moderne Typen, Fantasten und Erfinder“.

"Die Schlosserei für Kunststoff"

Brabender stellt fest: „In unserem Bereich sind wir auch irgendwie Fantasten und Spinner.“ Denn Kubra verkauft nicht einfach Industrieschächte. Die Kunststoffteile, die die fränkische Firma Rehau herstellt, werden in Oranienbaum für Bauprojekte konfektioniert, sprich angepasst. Oft werden Dinge mit Kunden gemeinsam und ganz individuell entwickelt.

1993 noch in Gräfenhainichen gegründet, beschäftigt das Unternehmen heute in Oranienbaum 78 Leute. Nach eigenen Angaben ist es europaweit und über Europas Grenzen hinaus tätig. Vom einfachen Abwasserschacht bis hin zur Rasenheizung für ein Fußballstadion sei schon vieles gebaut worden. „Wir sind wie eine Schlosserei“, so Brabender, „nur für Kunststoff.“

Weiternutzung vorgesehen

Wenn „Große Pläne!“ am 6. Januar 2017 zu Ende geht, dann werden die orangefarbenen Röhren wieder abgebaut und ihrer eigentlichen Bestimmung zurück geführt. Dabei gibt es keinerlei Verlust für Kubra. Denn beim Verbau der Schächte wurde nicht gebohrt, nicht geklebt und nicht gesägt.

Allein von Schraubzwingen und schwarzen Spanngurten wird das ausgeklügelte neue System der Exponat-Träger im Bauhaus zusammengehalten. Die Teile sind auch nach ihrer Verwendung in der Ausstellung so gut wie neu. Precycling nennt das Architekturstudio das Ganze.

Für Bauhaus-Direktorin Claudia Perren ein weiterer Punkt, der bestens zum Bauhaus passt: „Die Arbeitsweise des Studios ,Umschichten' ergänzt den Forschungscharakter unserer Ausstellung mit einer eigenen Haltung und ist eine zeitgenössische Fortführung der Bauhausarbeit der 1920er Jahre, Bauprozesse und Materialien zu optimieren.“ (mz)

Besondere Junkers-Luftbilder - hier Törten - werden in der Schau gezeigt.
Besondere Junkers-Luftbilder - hier Törten - werden in der Schau gezeigt.
Ruttke