Ausbildung bei der DB Ausbildung bei der DB: Mit dem Schrauber zur Lok

Dessau - Eine Lok zusammenschrauben – das konnten am Sonnabend auch Laien. Aber nicht etwa, um den Auswirkungen des Lokführerstreiks zu entkommen, sondern um ein kleines Modell nach vorgegebenem Konstruktionsplan am „Tag der offenen Ausbildungswerkstatt“ der Bahn zu fertigen.
Auf dem Gelände des Dessauer DB-Werkes der Fahrzeuginstandhaltung konnten sich interessierte Schüler gemeinsam mit ihren Eltern ein Bild von den gewerbe-technischen Ausbildungsberufen am hiesigen Standort machen. Schon des Öfteren habe es solche Infotage gegeben, erstmals aber stand der Einblick in die Praxis im Vordergrund. „Die Jugendlichen sollen sich selbst ausprobieren. Darauf legen wir sehr viel Wert“, sagt Ausbildungsleiterin Gabriele Nulsch.
In jedem der Ausbildungskabinette der Werkstatt hatten die Schüler deshalb Gelegenheit sich an den Maschinen und Werkzeugen zu erproben. Neben dem Zusammenbauen des Lokmodells, konnten sie beispielsweise kleine Schaltungen aufbauen oder im Bereich der Metallbearbeitung tätig werden. Ausbilder und Azubis aus allen Lehrjahren gaben dabei Ratschläge und Informationen zur Ausbildung aus erster Hand und demonstrierten den jungen Interessierten unter anderem die Arbeit an einer Drehmaschine, sowie ihre eigenen Projekte.
„Unsere Auszubildenden dürfen schon zeitig selbstständig an den Maschinen arbeiten und Eigenverantwortung bei der Planung übernehmen“, berichtet Gabriele Nulsch. So werde gleichzeitig auch ihre Team- und Konfliktfähigkeit geschult.
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„Es ist wichtig, dass die jungen Leute das sehen“, meint Ausbilder Peter Hildebrandt. Seit fast 40 Jahren arbeitet er nun schon bei der Bahn. „Die Jugendlichen haben viel zu wenig Kontakt zu den Berufen heute. Sie sollen sehen, welche Sicherheit hier hinter der Ausbildung steht.“ Darum könne er auch nicht verstehen, weshalb so viele junge Leute woanders hingehen wollen. „Bis jetzt konnten wir aber immer ausreichend Ausbildungsplätze besetzen“, beschwichtigt Gabriele Nulsch. Allerdings werde es immer schwieriger, Azubis zu finden, die die Voraussetzungen erfüllen.
Die Nachfrage bei den Besuchern an diesem Sonnabend ist rege – trotz des Lokführerstreiks. „Viele, die kommen, sind motorisiert. Der Streik sollte daher kein Problem sein“, hatte sich Nulsch vorab zuversichtlich gezeigt und ist überrascht von der guten Resonanz. „Die Jugendlichen trauen sich auch ran. Das ist sehr gut.“ Ziel sei es, die jungen Leute später auch im Praktikum beziehungsweise als Azubis wiederzusehen. Nic Neumann ist sich diesbezüglich ziemlich sicher. Der Neuntklässler, der die Ganztagsschule Zoberberg besucht, wird im Februar sein bereits drittes Praktikum im DB-Werk absolvieren und möchte nach seinem Abschluss dort auch gern eine Ausbildung beginnen. „Ich bin hier, um einen Einblick in die unterschiedlichen Berufe zu bekommen“, sagt er. Industriemechaniker und Mechatroniker gefielen ihm am besten. Gemeinsam mit seinen Eltern ist der Dessauer mit dem Auto gekommen, womit seine Mutter Jeanette Neumann Verständnis für die Lokführer zeigt. „Ich finde es gut, wenn die Leute für ihre Rechte streiken“, sagt sie.
Sybille Fräßdorf hingegen sieht das anders. „Ich denke, es ist schon ganz schön heftig, das gesamte Wochenende zu streiken. Es wird bis in die nächste Woche hinein dauern, bis alles wieder angelaufen ist.“ Den Infotag nutzt die Dessauerin, um sich einmal den Betrieb anzuschauen, in dem ihr Sohn Florian eine Lehre zum Industriemechaniker macht. Bereits sein älterer Bruder habe hier gelernt und sei sehr zufrieden gewesen. „Meine Ausbildung ist wirklich sehr umfassend“, lobt der Auszubildende im zweiten Lehrjahr die Werkstatt.
Dem schließt sich auch Andrew Müller aus dem dritten Lehrjahr an. Besonders gut gefalle ihm die Übernahmegarantie nach der Abschlussprüfung, auf die er sich bestens vorbereitet fühlt, so Müller. Für den Streik zeigt er Verständnis. „Man muss sich auch in die Lage der Lokführer hineinversetzen.“ Sein Kollege Paul Wecke, der aus dem Raum Zerbst kommt, habe für den Weg zur Arbeit eine Mitfahrgelegenheit nutzen müssen. „Der Opa eines Freundes hatte zum Glück noch Platz im Auto.“ (mz)