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Aus dem CDU-Abseits auf den Vorsitz Aus dem CDU-Abseits auf den Vorsitz: Wie Frank Rumpf neuer Stadtratsvorsitzender wurde

Von Steffen Brachert 26.07.2019, 11:09
Frank Rumpf ist der neue Vorsitzende des Dessau-Roßlauer Stadtrates.
Frank Rumpf ist der neue Vorsitzende des Dessau-Roßlauer Stadtrates. Sebastian

Dessau-Rosslau - Die Pause ist lang. Frank Rumpf sitzt im hitzig-warmen Sitzungsraum der Rodlebener Verwaltung und ringt um jedes Wort. Wie man es schafft, dass man fünf Jahre nach einem Ämterverbot innerhalb der CDU zum Vorsitzenden des Stadtrates von Dessau-Roßlau wird?

Rumpf könnte da vieles erklären, aber auch vieles falsch machen und alte Wunden aufreißen. Also sagt der 59-Jährige nach ein paar Minuten nur einen Satz. „Ich konnte es nur werden, weil ich es nicht werden wollte.“

Frank Rumpf hat in Dessau-Roßlau das politische Comeback des Jahres hingelegt

Frank Rumpf hat in den vergangenen Wochen das politische Comeback des Jahres hingelegt - vom Rodlebener Ortsbürgermeister zum Dienstvorgesetzten des Dessau-Roßlauer Oberbürgermeisters. Seine erste Tat? „Ich“, sagt Rumpf und muss feixen, „habe den Urlaubsantrag von Peter Kuras genehmigt.“ Sein nächstes Projekt? Der eigene Urlaub.

Drei Wochen ist die Wahl von Rumpf her. In geheimer Abstimmung bekam der CDU-Politiker 40 von 50 Stimmen. In einem bunten neuen Stadtrat ist das ein erstaunliches Ergebnis - und für Rumpf „ein deutliches Zeichen der Rehabilitation“. Er habe sich nicht unterkriegen lassen. „Ich habe ein dickes Fell. Und ich habe meine Strafe ja abgesessen.“

2014 hatte Rumpf vor dem Rauswurf aus der CDU gestanden. Damals waberte die IHK-Fördermittel-Affäre durch die christdemokratischen Reihen. Der Umgang damit war umstritten. Vor allem nördlich und südlich der Elbe.

Konflikt in der CDU eskalierte im Jahr 2014 rund um die Stadtratswahl

Die Auseinandersetzung eskalierte, als die Roßlauer Nominierungsliste für die Stadtratswahl 2014 auf dem Nominierungsparteitag durchfiel. Kurt Brumme wurde von Rang 1 auf Rang 5 durchgereicht. Statt seiner wurde Hans-Joachim Mau zum Spitzenkandidaten gewählt. Ein Affront.

Roßlaus und Rodlebens CDU wehrten sich durch die Hintertür - mit einem Wahlflyer, in dem das Porträtfoto des Spitzenkandidaten Mau geschwärzt war und aufgerufen wurde, diesen nicht zu wählen. Mau wurde zwar trotzdem gewählt. Die Flyer nahm der CDU-Kreisvorstand aber zum Anlass, gegen Rumpf und Brumme ein Parteiausschlussverfahren wegen parteischädigenden Verhaltens einzuleiten. Beide waren die CDU-Chefs vor Ort.

Das sorgte nun erst recht für Ärger. Als 35 von 44 CDU-Mitglieder ihren Austritt androhten, schaltete sich die Landes-CDU ein. Am Ende stand ein Kompromisspapier: Rumpf und Brumme erklärten einen innerparteilichen Ämterverzicht bis zum 31. Dezember 2016. Ruhe kehrte nicht zuletzt auch deshalb ein, weil der CDU-Vorsitz von Dessau-Roßlau von Jens Kolze auf Christiane Nöthen wechselte.

Brumme verließ die CDU, Rumpf blieb Mitglied

Brumme, immerhin langjähriger Landtagsabgeordneter der CDU, verließ kurz darauf die Partei. „Ich sehe das Verhältnis zu der Führung der Dessauer CDU als derart zerrüttet an, dass für mich eine weitere Zusammenarbeit unmöglich ist, ohne meine Selbstachtung zu verlieren.“ Rumpf blieb. Warum? „Ich bin am Ende auch ein Stück Parteisoldat.“

Die Konsequenzen für Rumpf waren überschaubar. Der Politiker, seit 1997 Mitglied bei den Christdemokraten, trat bei der nächsten Wahl zum CDU-Ortschef von Rodleben nicht mehr an, blieb aber einflussreicher Ortsbürgermeister eines Ortes, der einen komfortablen Eingemeindungsvertrag hat. „Das war ja kein Parteiamt.“ Rumpf selbst machte einfach weiter, nahm Termine wahr, ohne einen Unterschied zu machen, ob das nun ein Parteitermin war oder Termin, wo der Ortsbürgermeister gefordert war. Sein Einfluss gerade nördlich der Elbe wurde nicht geringer. „Ich habe mich immer für alle christlichen CDU-Werte eingesetzt und bin mir da treu geblieben.“

In diesem Jahr wurde Rumpf bei der Stadtratswahl wieder gewählt. Mit 1 340 Stimmen bekam er das fünftbeste Ergebnis aller CDU-Kandidaten. Ohne daraus Ansprüche abzuleiten. Die meisten Stimmen bekam Lothar Ehm, Waldersees Ortsbürgermeister - und bislang Vorsitzender des Stadtrates.

Ehm ohne Mehrheit im Stadtrat von Dessau-Roßlau?

„Lothar Ehm wurde aus der CDU-Fraktion nie in Frage gestellt“, sagt Rumpf. Dieser Satz ist ihm wichtig. Doch aus den anderen Fraktionen gab es Signale, die eine Wiederwahl Ehms unwahrscheinlich machten. Nicht alle waren mit seiner Sitzungsführung einverstanden. Die CDU hörte die Signale, wollte aber als größte Fraktion nicht von dem Amt lassen. Am Ende ging es darum, einen mehrheitsfähigen Kandidaten zu finden. Die 40 Stimmen bei der Wahl sprechen für Rumpf.

Auf den kommt eine schwere Aufgabe zu: Es gilt, einen Stadtrat zu händeln, der mit der Freien Fraktion und der erstarkten AfD-Fraktion unberechenbarer geworden ist. „Es gilt, ganz neutral viele Politikstile zu moderieren“, sagt Rumpf diplomatisch und kündigt zugleich an, Hauptsatzung und Geschäftsordnung auf den Prüfstand zu stellen.

Dort ist nicht alles so eindeutig geregelt, wie es sein sollte. Rumpf macht aber auch klar. „Ich werde keine Provokationen dulden. Und ich werde auch Mikrofone abschalten, wenn es notwendig wird.“

(mz)

Der neue Stadtrat hat sich am 3. Juli konstituiert. Frank Rumpf wurde dort zum Vorsitzenden gewählt. Das Präsidium komplettieren Karin Damann (FDP) und Frank Hoffmann (Linke).
Der neue Stadtrat hat sich am 3. Juli konstituiert. Frank Rumpf wurde dort zum Vorsitzenden gewählt. Das Präsidium komplettieren Karin Damann (FDP) und Frank Hoffmann (Linke).
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