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Arbeitsniederlegung in Dessau-Roßlau Arbeitsniederlegung in Dessau-Roßlau: Wenn am Sonntag Post kommt

Von silvia Bürkmann 29.06.2015, 17:25
Welche Folgen hat der Streik?
Welche Folgen hat der Streik? Sebastian Lizenz

Dessau - Was im April mit Warnstreiks begann, macht sich inzwischen auch vor der eigenen Haustür bemerkbar: Der Briefkasten weniger voll, das gelbe Auto seltener auf der Straße.

Briefträger und Paketboten der Deutschen Post sind seit 8. Juni im unbefristeten Streik. Hintergrund des Konflikts ist der Aufbau von 49 regionalen Gesellschaften für die Paketzustellung. Im Tarifkonflikt kehren die Parteien nun aber nach mehr als drei Wochen Streik an den Verhandlungstisch zurück. Das teilten die Gewerkschaft Verdi und die Post am Montag mit.

Seit 8. Juni liegt Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) im Dauerclinch mit der Deutschen Post DHL Group bei bundesweit unbefristeten Arbeitsniederlegungen. Welche Folgen hat der Arbeitskampf für Postkunden? Wie geht es weiter? Die MZ Dessau-Roßlau hörte sich um.

Wie ist die Streikbeteiligung, wie viel bleibt bei der Post liegen?

Am gestrigen Montag hat Verdi die Rückkehr an den Verhandlungstisch angekündigt. Gegenüber vergangenen Samstag mit rund 29650 Mitarbeitern, die sich bundesweiten Streiks beteiligt hatten, war die Zahl mit 29400 Beteiligten am Montag leicht zurückgegangen, informierte Tina Birke, Pressesprecherin in der Region Nord der Deutschen Post DHL Group. Der Umfang der Sendungen, die an den Streiktagen nicht pünktlich, sondern erst an Folgetagen zugestellt werden können, sei aufgrund der regional und täglich ungleichen Streikbeteiligung sehr verschieden, so Birke weiter. Vom Ausstand betroffen seien vor allem die Briefzentren sowie die Zustellung von Briefen und Paketen.

Eine Hausnummer der Post in Streikzeiten: Bundesweit sollen täglich rund 80 Prozent der Briefe und Pakete zeitgerecht ausgeliefert werden. Im Umkehrschluss heißt das, ein Fünftel der Sendungen staut sich auf.

Wie reagiert die Post beim Streik?

Neben der üblichen Post-Zustellung, die trotz Streiks weiter läuft, hat die Post sogenannte Sonderausgabestellen in Sachsen-Anhalt eingerichtet. Die Kunden erhalten von DHL eine Benachrichtigung mit Informationen, wo ihre Sendung zur Abholung hinterlegt ist.

Daneben organisiert das Unternehmen weitere Ausgleichsmaßnahmen mit zusätzlichen Kräften. Neben den Postbeamten übernehmen Mitarbeiter aus Verwaltung und Vertrieb Sondereinsätze. So gab es vorigen Sonntag auch in Dessau-Roßlau eine Sonntagszustellung. Wie Uwe Brinks, Produktionschef der Deutschen Post AG, sagte, waren mehr als 2700 freiwillige Helfer im Einsatz, um verzögerte Briefe und Pakete an die Kunden zu übergeben.

Wieviel „Post von Amts wegen“ blieb in der Stadtverwaltung liegen?

Keine. Bei den ausgehenden Sendungen meldet die Poststelle im Rathaus keine Verzögerungen, sagt Dessau-Roßlaus Pressesprecher Carsten Sauer. Die Stadtverwaltung bedient sich bei Übersendungen anderer Anbieter als der Deutschen Post. Dass sich Posteingänge möglicherweise verzögern, habe bisher noch zu keinen großen Problemen geführt.

Wo führt der Poststreik zu massiven Problemen?

Eingetreten sind Befürchtungen des DRK-Blutspendedienst NSTOB. Durch den Poststreik kommt es zu massiven Rückgängen beim Blutspendeaufkommen und drohen jetzt die ersten Engpässe - einzelne Blutgruppen können schon jetzt nicht ausreichend versorgt werden, so Markus Baulke, Hauptabteilungsleiter Blutspenderwerbung und Öffentlichkeitsarbeit beim DRK-Blutspendedienst NSTOB (zuständig für die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Oldenburg-Bremen): „Die Auswirkungen des Poststreiks sind schon jetzt deutlich zu spüren und ein Ende noch nicht abzusehen... Die Bestände sind am unteren Limit angekommen.“

Ursache: Die postalischen Einladungen zu den DRK-Blutspendeterminen, die auch im Internetzeitalter noch immer das wichtigste Kommunikationsmittel für die Spenderinformation sind, kommen nicht rechtzeitig zum Adressaten. In der Folge bleiben die Blutspender den Terminen fern. So kamen in den vergangenen sieben Tagen 1200 Spender weniger zu den Blutspendeterminen. Eine fatale Entwicklung, denn im NSTOB werden täglich rund 3000 Blutspenden benötigt.

Wie sieht es im Städtischen Klinikum aus, bleiben wichtige Befunde liegen?

Zum Posteingang und- ausgang informiert Pressesprecherin Grit Hachmeister: Im Durchschnitt holt der „Stadtfahrer“ täglich drei gelbe Postkisten in die Poststelle des Klinikums. Am Montag der Vorwoche hatte sich dieser Posteingang auf sechs Postkisten verdoppelt, was eventuell mit dem Poststreik zusammenhängen könnte. Was den Postausgang angeht, werden dringende Sachen auf direktem Weg übermittelt: Das Klinikum beschäftigt einen Fahrer, der Partnerinstitutionen täglich anfährt und als „Kurierdienst“ beliefert.

Rund 500 Postsendungen verlassen täglich das Klinikum, wobei nur etwa 70 Briefe - darunter auch internationale Post - über die Deutsche Post verschickt werden. Mehrheitlich werden die Briefe von anderen Versanddienstleistern überbracht.

Was passiert mit Ladungen oder Vorladungen bei Gericht?

Kann eine amtliche Ladung nachweisbar nicht fristgerecht und rechtzeitig zugestellt werden, platzt möglicherweise der Termin vor den Gerichtsschranken, wird sie aufgehoben. „Das aber ist in meinem Richterdezernat (Zivil - d.A.) jetzt nicht vorgekommen“, beobachtet Frank Straube, Gerichtssprecher am Landgericht Dessau-Roßlau, derzeit keine aus dem Poststreik erwachsenden Probleme bei Ladungen oder Klageschriften. In aktuellen Prozessen allerdings habe er gehört, dass die Anwälte einen verspäteten Zugang verschiedener Schriftsätze beklagten, so Straube. „Wenn es mal ganz schnell gehen muss, dann kann auch der Justizwachtmeister Post zustellen.“ (mz)