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Anhaltisches Theater in Dessau Anhaltisches Theater in Dessau: Neuer Intendant Weigand: "Ich bin schlagartig dabei"

18.12.2014, 18:56
Ab August 2015 ist Johannes Weigand neuer Generalintendant des Anhaltischen Theaters. Im Alten Theater bezog er am Donnerstag sein Büro.
Ab August 2015 ist Johannes Weigand neuer Generalintendant des Anhaltischen Theaters. Im Alten Theater bezog er am Donnerstag sein Büro. Thomas Ruttke Lizenz

Dessau - Zum neuen Generalintendanten des Anhaltischen Theaters hat der Stadtrat von Dessau-Roßlau am Mittwoch Johannes Weigand aus Wuppertal bestellt. Er wird ab der neuen Spielzeit 2015/16 die Nachfolge von André Bücker antreten. Am Donnerstagmorgen bezog der designierte Chef des Theaters bereits ein Büro in der dritten Etage des Alten Theaters, gleich gegenüber der Studiobühne. Am ersten Tag freilich ist der Schreibtisch hier noch ziemlich leer, die Wände sind kahl-weiß. Doch Weigands Telefon steht nicht still. Er ist bei Presse, Rundfunk und Fernsehen ein gefragter Mann. Auch MZ-Redakteurin Heidi Thiemann nutzte die Gelegenheit zu einem ersten Gespräch.

Ab August nächsten Jahres sind Sie Generalintendant in Dessau. Was hat Sie an dieser Stelle gereizt?

Weigand: Das Dessauer Theater hat einen sehr guten Ruf, und unter Dessau kann man sich auch etwas vorstellen. So eine Unesco-Weltkulturerbe-Dichte wie hier mit dem Bauhaus und dem Dessau-Wörlitzer Gartenreich gibt es in Deutschland nur selten. Zudem ist die Lage der Stadt toll zwischen Berlin und Sachsen. Und dass die Stadt beschlossen hat, alle vier Sparten am Theater zu halten und das Ensemble das von sich aus möglich gemacht hat, finde ich großartig. Dass es durch das Vierspartenhaus einen breiten Fächer an Möglichkeiten gibt, hier Theater zu machen, ist auch ein Beweggrund, warum ich mich für diese Stelle beworben habe.

Sie kommen in einer Zeit an das Anhaltische Theater, in der es im Umbruch steht. Die Landesförderung wurde von 8,1 Millionen Euro auf 5,3 Millionen zurückgefahren. Ist es da eher ein Vor - oder ein Nachteil, in diesem Prozess die Generalintendantenstelle anzutreten?

Weigand: Es ist natürlich immer gut, genügend Mittel zu haben, um Theater zu machen. Aber ich komme an ein Theater, was funktioniert. Gegenwärtig bin ich noch in der Kennlernphase und muss schauen, was man mit den Mitteln und den Künstlern umsetzen kann. Doch ich bin optimistisch.

Bei Ihrer Vorstellung im Stadtrat klang an, dass Sie schon einige Theatervorstellungen gesehen haben. Was haben Sie sich in Dessau angeschaut und welches Bild haben Sie dabei gewonnen?

Weigand: Ich war in der „Walküre“, habe mir Schauspiel und Ballett angeschaut. Das alles hat eine Riesenqualität. Und das Orchester ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Ins Puppentheater wollte ich eigentlich heute, doch das haben die Medien verhindert (lacht). Alle Sparten haben wirklich tolle Ensembles - und ich werde noch in alle Vorstellungen gehen, die ich mitnehmen kann. Das Theater, so mein Eindruck, hat sich in jeder denkbaren Weise mit der Stadt verbunden.

Der Opernregisseur Johannes Weigand war zuletzt Opernintendant und Geschäftsführer der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH. Sein Vertrag dort lief in diesem Jahr aus.

Der 48-Jährige ist in Heidelberg geboren, studierte Musiktheater-Regie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, arbeitete als Regieassistent und Abendspielleiter an der Oper Frankfurt und der Oper Bonn und inszenierte danach mehrere Stücke als freier Regisseur. Bis 2007 war er Dozent an der Hochschule für Musik in Köln.

Das Engagement an den Wuppertaler Bühnen begann im Jahr 2001, wo Weigand zunächst vorbereitender Disponent und dann Oberspielleiter der Opernsparte wurde. Zuletzt trug er für fünf Jahre die Gesamtverantwortung als Opernintendant. Seine letzten Inszenierungen sind die Händel-Oper „Alcina“, „Hänsel und Gretel“ sowie der „Barbier von Sevilla“. Weigand kennt den Spardruck, der auf einem Theater lastet. In Wuppertal wurde das Ensemble deutlich verkleinert, die Zahl der Vorstellungen nahm ab, das Schauspiel wurde in einer kleineren Spielstätte untergebracht.

Auf Seite 2 lesen Sie, wie sich Weigand die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Theaters vorstellt.

Wann und wie stellen Sie sich den Mitarbeitern am Theater vor?

Weigand: Ich bin gegenwärtig dabei, alles kennenzulernen, und bin dankbar, dass ich als Gast an diesem Haus schon ein Büro einrichten konnte. Ich werde sehr viele Gespräche führen und freue mich darauf.

Nun haben Sie nur wenig Zeit die neue Spielzeit 2015/16 vorzubereiten. Wie wird der Spielplan aussehen, wann wird er vorliegen?

Weigand: Hier im Haus sitzen Profis, die können planen, denen muss ich das Handwerk nicht beibringen. Ich möchte die Erfahrungen der Kollegen nutzen und mich mit meinen Erfahrungen einbringen. Künstler wollen Kunst machen. Das ist eine ernsthafte Sache. Es wird eine Kombination geben von Werken, von denen wir wissen, dass sie die Leute sehr gerne sehen, aber wir wollen das Publikum auch mit anderen Werken neugierig machen. Den Raum dafür freizuhalten ist schwer, aber notwendig. Denn wer dem Publikum hinterherläuft, sieht es bald nur von hinten. Ich denke, in drei Monaten werden wir wissen, wie die erste Spielzeit aussieht, und im April/Mai dann auch die Öffentlichkeit.

Werden Sie Inszenierungen aus Wuppertal mitbringen und welche Erfahrungen aus dieser Zeit nehmen Sie nach Dessau mit?

Weigand: Es gibt die theoretische Möglichkeit, Inszenierungen mitzubringen. Ich weiß es noch nicht. Das hängt von Dessau ab. Zwischen Wuppertal und Dessau gibt es viele Unterschiede. Wuppertal ist viel größer, zu 30 Prozent leben dort Migranten, das bürgerliche Theaterpublikum ist sehr klein. Wir haben viel versucht, dem Publikum an allen Ecken und Enden zu begegnen, waren zum Beispiel mit der Oper „Toréador“ in Firmenkantinen auf Tour. Menschen nicht nur im Theater zu treffen, sondern dort wo sie sind, ist eine der wunderbaren Erfahrungen, die man auch hier umsetzen kann.

Die Generalintendantenstelle war nicht die einzige vakante Stelle am Theater. Auch für Generalmusikdirektor Anthony Hermus wird ein Nachfolger gesucht.

Weigand: Das Auswahlverfahren läuft und ich bin schlagartig dabei. Es wird aber sicher noch ein bis zwei Monate dauern.

Der jetzige Generalintendant André Bücker galt vielen in der Politik als unbequem und hatte massiv gegen die Einsparungen im Theater- und Kulturbereich des Landes protestiert. Im Stadtrat wünschte sich Linken-Fraktionschef Ralf Schönemann, Sie mögen sich ebenfalls in diesen Prozess einbringen. Werden Sie es tun?

Weigand: Ich bin keiner, der mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Aber ich habe jetzt hier eine klare Vorgabe, in deren Rahmen ich gestalten kann. Es gibt keine Kürzungsentscheidung, die direkt ansteht. Wir wollen Kunst machen und es ist auch gut, wenn man sich wieder voll auf die Kunst konzentrieren kann. Bei der jetzt vorliegenden Finanzausstattung habe ich ein bestmöglich strukturiertes Haus. (mz)