Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Die Tochter verlässt das Elternhaus
Dessau/MZ. - Dieser Tage sah man sie wieder öfter zum Bühneneingang des Anhaltischen Theaters streben. Eilana Lappalainen auf dem Weg zur Probe, ihr immer ein paar Sprünge voraus Lulu. So wird es auch Sonntag sein. Die Sopranistin steigt in ihr Kostüm für das Operndoppel von "Cavalleria rusticana / Der Bajazzo" und Lulu, der Hund, wird warten bis Frauchen die Spitzentöne gesungen hat und mal wieder den Bühnentod starb.
Auch wenn eigentlich alles wie immer scheint, so ist es doch ein ganz besonderer Sonntag. Die Inszenierung von Anthony Pilavachi wird zum letzten Mal auf der Dessauer Bühne gezeigt. Damit heißt es zunächst auch Abschied nehmen von der kanadischen Sängerin, der in den letzten Jahren Anhalt längst zur Heimat geworden ist. Mehr als ein Jahrzehnt war Eilana Lappalainen am Anhaltischen Theater engagiert, zuletzt erlebte sie das Publikum als Gast am Haus. Das ist freilich im Fall der Sopranistin paradox, denn ein Gast ist die blonde Frau längst nicht mehr, obwohl sie das Theater dazu machte. "Ich werde hier bleiben", sagt sie ganz bestimmt. Hier, das meint ihr Haus im Wald von Anhalt-Zerbst, das sie selbst gerne "Ranch" nennt. Mitten im Grünen hat sie sich eine Basis geschaffen, von der aus sie nun die Zukunft plant.
Das musste so sein, denn als die Sängerin merkte, dass es für sie nicht mehr in dem Maße Rollen am Dessauer Theater gab, wie sie es sich wünschte, sagte sie sich: "Wenn ich keine Zukunft sehe, dann muss ich es woanders probieren. Zumindest kann man mir dann nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben." Das Ziel hat Lappalainen, die in Finnland aufwuchs und in Kalifornien lebte, dabei klar vor Augen: Singen. "Mein erster Job ist Sängerin", sagt sie schlicht. Und egal auf welchen Bühnen sie künftig steht, einen großen Teil des nötigen Rüstzeugs für diese Profession erhielt sie am Dessauer Theater. "Ich bin dankbar für die Zeit hier. Mein Gott, was habe ich alles gelernt und geschafft."
Als sie 1992 nach einem Vorsingen sofort fest engagiert wurde, war kaum abzusehen, welches Repertoire sie sich innerhalb von zehn Jahren hier erarbeiten würde. "Manches war nicht immer so einfach", kann sie heute sagen. In Dessau lernte Eilana Lappalainen auch Grenzen kennen. Die allabendlichen Vorstellungen bei der Japan-Tournee des Theaters waren beispielsweise solch eine Erfahrung und mahnten sie, die Stimme nicht über Gebühr zu strapazieren. Ihre Nacktheit in der "Salome"-Inszenierung kommentiert sie ganz kurz: "Ich war froh über die letzte Vorstellung." "Bis zur Grenze zu gehen ist aber auch gut für die Zukunft und für die eigene Entwicklung", hat die Sopranistin erkannt. So kann sie über ihre Dessauer Zeit sagen: "Ich bin hier erwachsener geworden. Dessau hat mir geholfen, zu mir selbst zu finden." Ihren Abschied vom Anhaltischen Theater vergleicht sie denn auch ein wenig mit dem Weggang einer Tochter aus dem Haus der Eltern. "Ich fühle mich frei, aber auch ein wenig traurig. Zumindest muss ich jetzt jedoch nicht mehr um einen Urlaubsschein kämpfen." Dieses Problem hat sich fürwahr vorerst erledigt. Für all die anstehenden Kämpfe fühlt sich Eilana Lappalainen gerüstet. Denn: "Ich bin eine Perfektionistin und habe immer versucht, andere Leute glücklich zu machen."
In Dessau hat sie das als Protagonistin in unzähligen Inszenierungen des Musiktheaters geschafft. Eilana Lappalainen hat Herzen erobert und Hund Lulu steht ihr darin nicht nach.