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Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: "Die Comedian Harmonists" in Dessau

Von Ute König 25.09.2015, 09:24
Schick wie die echten: die Dessauer „Comedian Harmonists“ in Fräcken aus der damaligen Zeit.
Schick wie die echten: die Dessauer „Comedian Harmonists“ in Fräcken aus der damaligen Zeit. Claudia Heysel Lizenz

Dessau - Am 19. März 1931 sind „Die Comedian Harmonists“ zum ersten Mal in Dessau im „Kristallpalast“ aufgetreten. „Ein Dutzend Bügelfalten, ein halbes Dutzend Frackhemden, über diesen die Köpfe der sechs Comedian-Harmonists, der deutschen Revellers“, beschreibt der Rezensent des Anhalter-Anzeigers einen Tag später die bekannteste Boygroup der Weimarer Republik. Am 3. Oktober 2015 sind sie wieder in der Stadt. Natürlich nicht im Original, aber als unterhaltsame, neue Version - in einem Schauspiel mit Musik auf der großen Bühne des Anhaltischen Theaters in Dessau.

Sowohl Musikbegeisterte als auch Schauspielfreunde werden in „Die Comedian Harmonists“ voll auf ihre Kosten kommen. Besetzt ist das legendäre Vokalensemble mit Opernsängern (David Ameln, Jan-Pieter Fuhr), Opernchorsängern (Christian Most, Stephan Biener) und einem Schauspieler (Patrick Wudtke). Man darf sich auf Hits wie „Veronika, der Lenz ist da“, „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Wochenend und Sonnenschein“ freuen. Für den guten Klang sorgt Marius Zachmann. Er hat die musikalische Leitung inne und wird zudem als der Pianist Erwin Botz auf der Bühne agieren. Die echten „Comedian Harmonists“ hätten ein Jahr nur geprobt und an ihrem typischen puren Klang gefeilt, bis sie zum ersten Mal auf der Bühne standen. In Dessau musste man mit gut einem Vierteljahr auskommen. Aber Peter Wallgram bescheinigt: „Das klappt super.“

Die Premiere von „Die Comedian Harmonists“ ist am 3. Oktober um 19.30 Uhr im Großen Haus.

Die Soiree findet bereits am Dienstag, dem 29. September, um 18.30 Uhr statt. Über das Werk und die aktuelle Dessauer Inszenierung informiert, dürfen die Besucher dann zur etwa halbstündigen Abendprobe auf der großen Bühne. Der Eintritt für die Soiree beträgt 3 Euro, der beim Besuch einer Vorstellung auf den Kartenpreis angerechnet werden kann. Die Soiree-Tickets sind am Einlass erhältlich.

Tickets gibt es unter Tel.: 0340/25 11 333, www.anhaltisches-theater.de, an der Theaterkasse (Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr) und an allen Vorverkaufsstellen.

Wallgram ist als Regisseur engagiert. Inszenieren wird er nach dem Text von Gottfried Greiffenhagen, der sich recht genau an die überlieferte Geschichte hält. Anders als im Film aus dem Jahr 1997 gibt es also keine Liebesgeschichte. „Die ist gar nicht nötig“, so Wallgram. Für eine Geschichte über die „Comedian Harmonists müsse man nicht viel dazu erfinden. „Die Charaktere sind sehr ausgeprägt. Die Konflikte zwischen ihnen liefern genügend Dramatik, dass das funktioniert“, so Wallgram.

Die Geschichte auf der Theaterbühne setzt im Jahr 1928 ein, also genau dann, als das Vokalensemble auf dem Höhepunkt seiner Karriere steht. Von da an geht’s jedoch abwärts. Harry Frommermann, Erich Collin, Roman Cycowksi gelten als „Nichtarierer“ und erhalten von den Nazis Auftritts- und Berufsverbot. Alle gemeinsam - auch Ari Leschnikoff, Robert Biberti und Erwin Botz - entscheiden sie sich für die Ausreise. Anfangs touren sie noch im Ausland. Die äußeren Konflikte betreffen jedoch immer mehr das Innere der Gruppe. 1935 trennen sich die Musiker.

„Sie waren eigentlich nur noch Flüchtlinge“

Am Ende ging es bei jeder Entscheidung um Existenzen, die nicht nur das Ensemble sondern auch jeden einzelnen Künstler betrafen. Bei der Ausreise zum Beispiel durften sie nicht viel mitnehmen: nur einen Koffer und fünfzig Mark. „Sie waren eigentlich nur noch Flüchtlinge“, so der Regisseur. Bezüge zur aktuellen Flüchtlingsthematik stellt das Bühnenstück nicht her. Es geht in erster Linie um den historischen Stoff. Wallgram sagt aber auch: „Da muss man schon blind sein, wenn man die Parallelen nicht sieht.“

Auch optisch wird es historisch. Ein Dutzend Bügelfalten und ein halbes Dutzend Frackhemden wird es auch 2015 wieder geben. Markus Pysall, der für Kostüme und Bühnenbild zuständig ist, machte sich auf die Suche nach Original-Fräcken. „Er legt großen Wert darauf, dass sie auch tatsächlich aus der Zeit stammen“, sagt Wallgram. Nur die Köpfe der Dessauer „Comedian Harmonists“ werden nicht angepasst. Auf Perücken wird also verzichtet. „Wir gehen von den Leuten aus, die wir haben“, erklärt Wallgram. Wichtig sei dass die Bühnenrealität stimmig sei.

Und in noch einem Punkt geht Wallgram einen anderen Weg als viele seiner Kollegen: Während andere Regisseure bei der Umsetzung den Schwerpunkt auf die Musik legen, sollen auf der Bühne des Anhaltischen Theaters die Schauspielszenen nicht zu kurz kommen. „Sie sind nicht nur Grund für ein neues Lied“, betont Wallgram. Schließlich sei das Stück als Schauspiel mit Musik angelegt. (mz)