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Anhalt-Hospiz in Dessau Anhalt-Hospiz in Dessau: Familie berichtet vom würdevollen Abschied zu endlosem Schlaf

Von Silvia Bürkmann 17.11.2018, 13:00
Das Anhalt-Hospiz in ruhiger Lage hat ebenerdige Einzelzimmer in freundlich-unaufdringlicher Architektur und in warmen Farben.
Das Anhalt-Hospiz in ruhiger Lage hat ebenerdige Einzelzimmer in freundlich-unaufdringlicher Architektur und in warmen Farben. Sebastian

Dessau - In kleinen Schlucken und Häppchen lässt sich das Paar auf der Terrasse Kaffee und Kuchen auf der Zunge zergehen. Plaudert leise, genießt still die spätsommerliche Wärme und das Licht der langsam versinkenden Sonne. Ein schöner Tag geht zu Ende. Die Beiden sind über 80 Jahre und seit 58 Jahren verheiratet. „Schlaf gut“, „Bis morgen“ - verabschieden sich Ruth und Heinz Richter.

Es bleiben die letzten Worte. Ruth Richter ist gegangen. Nach zweijährigem Kampf gegen den Lungenkrebs ist die 82-jährige Dessauerin in ihrer ersten Nacht im Anhalt-Hospiz friedlich eingeschlafen. Als Schwester Maria Kleinschmidt am Morgen des 11. Oktober ins Zimmer sah und keine Reaktion auf ihren Guten-Morgen-Gruß erhielt, wusste sie: „Frau Richter ist ganz still im Schlaf von uns gegangen und einfach nicht mehr aufgewacht.“ Ihr Schlaf ist endlos.

Den Weg ins Anhalt-Hospiz hatte die alte Dame bewusst und selbstbestimmt gewählt. Und ließ sich auf ihren letzten Schritten im Leben vertrauensvoll begleiten von den Schwestern, Ärzten und Pflegern im Haus an der Oechelhäuser Straße. „Meine Frau hatte sich das vorher genau überlegt und geplant. Sie wollte ja niemandem zur Last fallen“, schüttelt Heinz Richter leise den Kopf.

„Wir alle kennen die Angst und Unsicherheit, einen lieben Menschen an den Tod zu verlieren“

Die Familie hatte sich das Hospiz bereits 2016 eingehend angesehen, sich mal umgeschaut „für den Fall, dass...“ Bereits damals waren die Besucher mit tiefer Herzlichkeit empfangen worden, nicht als Patienten oder Kunden, sondern ausdrücklich als willkommene Gäste. „Das Personal nahm sich Zeit für die gegenseitige Vorstellung und die Beantwortung all unsere Fragen“, erinnert sich Birgitt Salzer, die Tochter von Ruth und Heinz Richter, tief beeindruckt und dankbar.

„Wir alle kennen die Angst und Unsicherheit, einen lieben Menschen an den Tod zu verlieren und ihn beim Sterben zu begleiten.“ Ohne zu wissen, was wann kommt und „ob man das selbst schafft“, hat die Familie der Todkranken viel Kraft und Trost erfahren bei dem Gedanken an eine Begleitung, die ebenso professionell ist wie mitfühlend und behutsam.

„Sterben und Tod sind nicht allein düsteres Grau und dann tiefschwarze Dunkelheit. Sondern Sterben, Tod und Trauer gehören zum Leben“, haben Birgitt Salzer und Heinz Richter aus eigenem Erleben erlebt, als die Mutter und Ehefrau an ihrem letzten Tag noch einmal aufblühte.

Umsicht, Taktgefühl und Pietät zeichnen den Umgang zwischen Mitarbeitern und Gästen im Hospiz aus

Frei von Schmerz, Angst und Sorge blitzte an diesem sonnigen Nachmittag auf der Terrasse auch wieder ein Teil der resoluten Ruth auf, die ihren Heinz nach Hause schickte: „Du brauchst jetzt deine Ruhe!“ Wie durch ein Wunder habe die Mutter einen Tag nach der Bluttransfusion im Klinikum nun wieder sitzen, reden und essen können, sinniert Birgitt Salzer. Und auch die betreuenden Schwestern haben das Glück der Familie miterlebt. Angelika Jacob hatte ihr Smartphone dabei, um diesen unwiederbringlichen Moment in einem Foto festzuhalten.

Umsicht, Taktgefühl und Pietät zeichnen den Umgang zwischen Mitarbeitern und Gästen im Hospiz aus. So werden die Verstorbenen noch auf dem Sterbebett einfühlsam versorgt. Mit ihren schönsten Sachen bekleidet, frisiert und dezent geschminkt. Ruth Richter hatte für ihren Weg zum Hospiz einen Tiegel „Ägyptische Erde“ eingepackt.

„Meine Mutter lag, wie ein Engel schlafend auf Rosenblättern gebettet“, konnte Birgitt Salzer noch staunen, ehe sie die Tränenflut überkam. Für die wiederum hatten Helfer im Hospiz Taschentücher bereitgelegt. (mz)

Birgitt Salzer und Heinz Richter fühlten sich bei Angelika Jacob (l.) und Maria Kleinschmidt gut behütet, als die Mutter und Ehefrau starb.
Birgitt Salzer und Heinz Richter fühlten sich bei Angelika Jacob (l.) und Maria Kleinschmidt gut behütet, als die Mutter und Ehefrau starb.
Thomas Ruttke