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Amtsgericht Amtsgericht: Frauen verhandelten über strittige Leder-Couch

26.11.2001, 18:31

Dessau/MZ/age. - Die rote Ledercouch steht in einem Keller und wird vermutlich dort so lange ihr Dasein fristen müssen, bis die Sache vor Gericht geklärt ist. Erst dann will der Vorstand des multikulturellen Vereins eine Entscheidung fällen, wo das gute Stück, das selbst im Sonderangebot zunächst keinen Käufer fand, stehen darf. Ob es im multikulturellen Zentrum sein wird, ist ungewiss.

Die im September letzten Jahres von einigen Mitarbeitern und Helfern des multikulturellen Zentrums stark begehrte Spenden-Couch hat für zu viel Ärger gesorgt, und ganz augenscheinlich manchem den klaren Blick für Tatsachen genommen. So auch der Hauptzeugin, die sich gestern fast eine Stunde den Fragen des Richters, der Staatsanwältin und des Verteidigers von Razak Minhel stellte und über Vereinbarungen rund um dieses Sofa aussagte.

Es wurde bald deutlich, dass die 42-Jährige vieles voraussetzt, ohne sich auf Tatsachen berufen zu können. Mehrmals hatte sie der Richter danach befragt, ob und wann sie mit Razak Minhel über ihre Kaufabsichten gesprochen habe, mit wem konkret Vereinbarungen getroffen wurden. Mit Minhel habe sie gesprochen. Jedoch wenig später räumt sie ein, mit Razak Minhel seien die Vereinbarungen zunächst gar nicht getroffen worden. Vielmehr mit dessen Ehefrau, die - wie die Zeugin selbst - ein Auge auf das Leder geworfen hatte, und jener Frau zum Ausgleich die Minhelsche Couch anbot. Beide sollten im Gegenzug einen bestimmten Geldbetrag an das multikulturelle Zentrum als Spende überweisen.

Offensichtlich erst an diesem Punkt der weit fortgeschrittenen Verhandlungen soll Minhel erfahren haben, dass in seinem Wohnzimmer bald ein neues Möbelstück stehen werde. Eine Erklärung, die Minhels Verteidiger mit diesem Inhalt anfangs abgegeben hat, stützten gestern auch Vorstandsmitglieder, die des weiteren über die Arbeit des Vereins und auch über die Aufgabenverteilung Auskunft gaben. Mit Sachspenden, das bestätigten sie, habe der Verein sonst nichts zu tun. Vielmehr sei es Minhels Aufgabe, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Projekte zu entwickeln, die zur besseren Verständigung zwischen den unterschiedlichen Kulturen beitragen sollen und auch förderfähig sind.

Wie kam dann diese Möbelspende ins multikulturelle Zentrum? Auch diese Frage ist gestern vor dem Amtsgericht geklärt worden. Ein Vertreter des Statistischen Landesamtes hatte den Auftrag, Befragungen in ausländischen Haushalten durchzuführen. Der Kontakt dorthin wurde über Minhel hergestellt. Bei seiner Tätigkeit waren dem Mann, der gestern als Zeuge gehört wurde, die sehr einfachen Verhältnisse, unter denen viele Menschen leben, aufgefallen. Mit einer Mitarbeiterin des multikulturellen Zentrums war die Möbelaktion abgesprochen. Minhel selbst habe erst davon erfahren, als die Teile im Keller des Vereins standen.

Aufgrund der neu zu Tage getretenen Umstände hatte der Richter folgendes in Betracht gezogen: Es könne auch der Tatbestand Beihilfe zu einer Unterschlagung oder Untreue durch Unterlassen erfüllt sein. Vermutlich aber nicht mehr der der Untreue.