Altlasten in Dessau Altlasten in Dessau: Schiffe baggern Teile der Elbe aus

Dessau - Der Fortschritt ist in Metern zu messen. Schrittweise arbeiten sich derzeit Wasserbauer auf der Elbe zwischen dem Kornhaus und Brambach zum anderen Ufer vor. Sie holen am Elbkilometer 265,866 ausgediente Leitungen aus dem Fluss, die unterirdisch verlegt worden waren. Momentan liegen die Schiffe in der Mitte des Stroms. Ein Kranschiff baggert die Rinne aus, danach hebt ein 200-Tonner die Rohre aus dem Wasser. Teile der Leitung werden abgetrennt. Und es geht weiter, Stück für Stück von der einen zur anderen Uferseite.
Abbau aus Kostengründen
Durch die Rohre wurde einst Klärschlamm gepumpt, bis sie 1996 nach 20 Jahren still gelegt worden sind. Dass die Dessauer Wasser- und Abwasser GmbH (Deswa) die Demontage in Auftrag gab, hat betriebswirtschaftliche Gründe. Man trennt sich quasi von Altlasten, weil mit ihnen Kosten verbunden sind. „Für die unter der Elbesohle verlegte Leitung gelten gesetzliche Vorgaben zur Mindestüberdeckung“, erklärt Deswa-Bereichsleiter Torsten Ritter. Das heißt: Es ist geregelt, wie groß der Abstand zwischen den Rohren und der Elbesohle sein muss, um den Schiffsverkehr nicht zu gefährden. Alle fünf Jahre überprüft dies die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes durch Kontrollpeilungen. Unter Umständen muss dann nachgebessert und die Schotterdecke wieder aufgebaut werden. „Um die Vorgaben nicht zu unterschreiten, setzen wir nun zusammen mit dem zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden den Abbau der alten Rohre um.“ Auf lange Sicht sei es schlichtweg unrentabel, für nicht genutzte Leitungen möglicherweise Kosten in Kauf zu nehmen, sagt Dessaus Stadtwerke-Chef Dino Höll.
Wie hoch die Ausgaben für die Demontage sind, will Ritter nicht präzisieren. Nur so viel: Es sei ein Betrag im unteren sechsstelligen Bereich.
Warum die Arbeiten nur vom Wasser aus möglich sind, lesen Sie auf Seite 2.
Ufer unter Naturschutz
Weil der Uferbereich unter Naturschutz steht, sind die Arbeiten nur vom Wasser aus möglich. „Auf die naturschutzrechtlichen Bestimmungen für das Elbufer legen wir besonderes Augenmerk und bergen den Düker deshalb von der Gewässerseite“, so Ritter. Der Düker, so die korrekte Bezeichnung für eine unterirdisch verlegte Leitung, quert die Elbe von Ufer zu Ufer auf einer Länge von 270 Metern. Die beiden Rohre liegen 1,50 Meter unter dem Fluss und haben jeweils einen Durchmesser von 30 Zentimeter.
Ein Düker ist eine Druckleitung zur Unterquerung einer Straße, eines Tunnels, eines Flusses oder von Bahngleisen. Das Rohr kann eine Gas-, Abwasser- oder Trinkwasserleitung sein oder eine Grundwasser- oder Öl-Pipeline.
Der Elbdüker in Dresden beispielsweise wird seit 1907 genutzt, um Abwasser der linkselbischen Altstadt an die rechtselbische Kläranlage zu leiten. Einmal im Jahr reinigt ihn ein Taucher.
In Koblenz verbindet der 370 Meter lange Rheindüker zur Wasserver- und -entsorgung die Altstadt mit Ehrenbreitstein. Dieser liegt 16 Meter unter der Flusssohle.
Die Erdölpipeline Nord-West Oelleitung GmbH quert per Düker bei Leverkusen den Rhein.
Für deren Demontage ist eine Wasserbau-Spezialfirma aus Nordrhein-Westfalen mit einem Team von neun Mitarbeitern im Einsatz. Sie müssen nicht nur eine Rinne im Gewässerbett entlang der alten Leitung frei baggern, die Rohre ans Tageslicht heben und stückweise zerschneiden. Sie füllen danach Meter für Meter auch die Flusssohle mit dem zwischengelagerten Material wieder auf. Noch bis Mitte kommender Woche ist die Firma mit dem Abbau beschäftigt. Am Dienstag hatten sie sich bis zur Fahrrinne gearbeitet, für die Schifffahrt war die Elbe bis zum frühen Nachmittag etwa sechs Stunden gesperrt.
Ebenso lässt die Deswa die Kontrollschächte für die Rohrleitungen an beiden Ufern abbauen, entsorgen und die betroffenen Bereiche rekultivieren. In Betrieb bleibt hingegen ein weiterer, moderner Düker wenig entfernt flussaufwärts in Höhe des Kornhauses. Er ist 1993 in Betrieb genommen worden und leitet Roßlauer Abwässer in die Dessauer Kläranlage. (mz)

