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Adventsmarkt in Dessau Adventsmarkt in Dessau: Klamme Finger bei 1 000 Grad

Von Carla Hanus 13.12.2001, 17:20

Dessau/MZ. - Der eisige Luftzug aus Osten setzt selbst dem Glasbläser auf dem Adventsmarkt zu: Zwar hantiert Rainer Weschenfelder mit 1 000 Grad Celsius. Doch werden seine Finger trotzdem kalt. Dabei kommt es auch auf deren Beweglichkeit an. Weswegen er immer wieder vorsichtig mit beiden Händen die Flamme umfasst, um dann doch die Finger anzuhauchen. "Ich kann die Hände ja nicht reinhalten", lacht er mit Blick auf die blau-gelb lodernde Flamme.

Dann konzentriert er sich wieder auf den violetten Glashohlkörper, den er an verschiedenen Stellen erhitzt, bevor er eine kleine und eine größere Kugel entstehen lässt. Aus der einen wird später der Fuß einer Schale, aus der anderen die gewellte Schale selbst.

Rainer Weschenfelder erklärt Schritt für Schritt, bezeichnet einen ganz dünnen Glaskörper, den er nur als helfenden Zwischenschritt braucht als "Leberwurst" und verwandelt diese mit einem Fingerstipps in Lametta. Das ist dann aber nur ein Show-Effekt für das neugierige Publikum.

Aber auch ohne diese "Zauberei" ist es beeindruckend, wie Weschenfelder Glaskörper fertigt. Der Name gläserne Handwerksstube trifft da im mehrfachen Sinne zu. Zum einen, weil sich der Kunstglasbläsermeister hinter einer Glasscheibe auf Lippen und Hände schauen lässt, zum anderen eben, weil er Gläsernes herstellt.

Schalen, in denen in der Adventszeit Rosenkerzen ihren Platz finden, Elefanten, Marienkäfer, Vögel und allerlei anderes Getier, Clowns und Teufel in Miniaturausführung bieten Weschenfelders an. Aber auch Christbaumkugeln, -herzen und -zapfen. Und wie es sich für eine richtige Meister-Werkstatt gehört, hat Weschenfelder sowohl für die Kunstglasbläserei als auch die Christbaumschmuckherstellung die Prüfungszeugnisse an der Wand angehängt. Vor fast 40 Jahren ausgestellt. In der siebten Generation sind die Weschenfelders Glasbläser, wie viele andere Familien in Lauscha auch. Seit der Wende nun ist Rainer Weschenfelder selbstständig, wobei nur seine Frau noch zu dem Familienunternehmen gehört. In ihrem Wohnhaus haben sie Gewerberäume eingerichtet, wo ihnen die Kunden ebenfalls bei der Arbeit zuschauen können. Felder-Glas nennen sie das ihre, das sie auch auf dem Markt um keine fremden Waren ergänzen. Lediglich bemalt werden die Weihnachtskugeln außer Haus. "Aber alles in Lauscha", betont Weschenfelder. "Lauschaer Glas hat Gott sei Danke einen sehr guten Namen", weiß er und baut darauf wie auf sein handwerkliches Können. "So ist jedes Stück eben auch ein Unikat."

Während des Weihnachtsmarktes in Dessau ist die Stube in Lauscha zu. Wobei das Ehepaar in diesem Jahr das erste Mal für die gesamte Zeit in Dessau Station macht. "Die Geschenkezeit ist gut für uns", meint der Glasbläsermeister. "Wir kommen aber auch gern, weil die Leute hier nett sind", fügt seine Frau hinzu. Einige würden den Stand jedes Jahr besuchen, andere kämen mehrmals in der Woche. "Die freuen sich einfach an dem, was wir hier haben, plaudern ein wenig mit uns." Frau Weschenfelder empfindet das als angenehm.

Bei der eisigen Kälte jedoch verbindet sie das Wort "angenehm" lieber mit dem Gedanken an den Feierabend, vor allem an ihre Gastfamilie. "Die Meerheims sind schon unsere Pflege-Eltern", beschreibt Ursula Weschenfelder den engen Kontakt und präzisiert gleich, dass sie von Orthopädieschuhmacher Rudi Meerheim spreche, "weil es mehrere mit dem Namen gibt." Seit drei oder vier Jahren nehmen sie bei ihren Bekannten Quartier. "Wenn wir da abends total durchgefroren ins Warme kommen, der Tee ist schon gekocht, das ist unheimlich aufmerksam", schwärmt Ursula Weschenfelder, "und einfach wunderschön."