Nach 40 Jahren 3. POS Dessau: Abschlussklasse von 1976 trifft sich immer noch

Dessau - Eigentlich war es am Sonnabend im Technikmuseum ein bisschen wie früher in der Schule. Eine steht vorne, erzählt etwas und einige hören aufmerksam zu. Andere sind abgelenkt durch Gespräche. Mancher scheint in Gedanken ganz woanders zu sein. Dabei hat sich Heidrun Kligge doch solche Mühe gegeben und ihren Mitstreitern noch einmal kurz und bündig die Errungenschaften des Erfinders und Unternehmers Hugo Junkers nahegebracht. Danke. Setzen. Nein diesmal nicht. Auch Noten gab es keine. Nach rund zehn Minuten Vortrag ertönt höflicher Applaus unter den Flügeln der Ju 52.
Aus den Pennälern sind längst gestandene Frauen und Männer geworden. Manche von ihnen verdienen heute selbst ihre Brötchen als Ausbilder oder Lehrer. Andere sind erfolgreiche Unternehmer, Angestellte, Kapitäne. „Unglaublich, dass unsere Schulzeit schon so lange her sein soll“, stimmt einer den Tenor der Erinnerungen an, während er so in die Runde guckt.
Man trifft sich regelmäßig seit 1976
Vor 50 Jahren wurden die, die sich am Sonnabend zum Klassentreffen im Technikmuseum „Hugo Junkers“, trafen, in der damaligen 3. POS in der Ziebigker Schulstraße eingeschult. Zehn Jahre später hielten die Schüler der Klasse 10b des Jahres 1976 in Ziebigk ihre Abschlusszeugnisse in den Händen. Seitdem trifft man sich ungefähr alle fünf Jahre, um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen und sich auf den neuesten Stand zu bringen. Wie geht es den Kindern? Was macht die Arbeit? Wohin ging es im letzten großen Urlaub? Was machen die Zipperlein? Fragen über Fragen, die erst im Technikmuseum und anschließend bei ausführlichen Gesprächen in der „Försterklause“ Antworten fanden.
Die Treffen schulen das Namensgedächtnis
Doch einer der aufregendsten Momente ist immer gleich der Anfang. Wenn nach und nach alle eintrudeln und das Namensgedächtnis auf Höchstleistung fährt. Du bist doch die... oder der... „Genau!“ Schnell ist eine Vertrautheit da. Die gemeinsame Schulzeit verbindet auch nach Jahrzehnten. Schon alleine für diese Momente lohnt es sich für Heidrun Kligge, ihre alten Klassenkameraden, die heute noch in Dessau und in ganz Deutschland verstreut leben, in regelmäßigen Abständen zusammenzutrommeln.
Die Lehrer sind auch dabei
24 von einst 38 kamen am Sonnabend zum doppelten Jubiläum. Fünf von denen, die vor 50 Jahren eingeschult wurden und vor 40 Jahren ihren Schulabschluss erhielten, sind schon verstorben. Das macht den restlichen Ehemaligen deutlich, wie endlich die Zeit nach der Schule sein kann. Andererseits freuen sie sich, wenn wie am Sonnabend auch ehemalige Lehrer zu den Treffen kommen. Vier Pauker von einst mischten sich unter ihre ehemaligen Schüler. Längst ist das Verhältnis herzlich und freundschaftlich. Längst kann man gemeinsam über olle Kamellen lachen, zum Beispiel darüber, dass in Wut über die Rabauken schon mal stabile Holzlineale beim auf den Tisch hauen kaputt gingen.
„In unserer Klasse war der Zusammenhalt sehr gut“
Kligge, die Organisatorin des Klassentreffens, lässt auf ihre Truppe nichts kommen. „In unserer Klasse war der Zusammenhalt sehr gut“, blickt sie zurück. Einer für alle. Alle für einen. Selten hat die 57-Jährige das im späteren Leben noch einmal so erlebt. Finanzkauffrau bei der Sparkasse hat sie gelernt und zwei Töchter geboren. Bis zur Wende lief fast alles wie in der Schule weiter. Danach brauchte es auch schon mal Ellenbogen und Biss, um im Job zu bestehen. Bis 2004 arbeitete Kligge bei der Sparkasse, danach noch zwei Jahre als selbstständige Finanzmaklerin. Dann widmete sie sich zunehmend der Pflege ihrer Eltern. Heute ist das der unbezahlte Fulltime-Job der 57-Jährigen, die mit ihrem Mann in Kleinkühnau lebt. Die eigene Schulzeit, das war für sie eine unbeschwerte Zeit. Deshalb organisiert Kligge auch gerne die Klassentreffen.
Die alte Schule ist heute ein Wohnhaus
Ab und zu gibt es noch Berührungspunkte mit ihrer ehemaligen Schule. Mittlerweile ist das Gebäude in der Ziebigker Schulstraße ein Wohnhaus. Auch ein Seniorentreff und Schulmuseum sind dort untergebracht. Als Hobbyautorin hat Kligge da schon gelesen. „Ansonsten hat sich viel verändert. Vieles ist nicht wiederzuerkennen“, stellt sie fest. Doch die Erinnerungen an damals bleiben im Gedächtnis, wie ein gut gehüteter Schatz aus einer anderen Zeit, die manchmal zumindest für ein paar Stunden, wie am Sonnabend zum Klassentreffen, noch einmal lebendig wird. (mz)