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Zörbig Zörbig: Der Apfeltraum ist Natur pur

Von Dieter Maertins 29.08.2003, 15:45

Zörbig/MZ. - Im Moment ist in der Obstkelterei Hochbetrieb. Äpfel und hartreife Birnen werden jetzt zu Säften verarbeitet. Anja Görg versucht, die Materie zu erläutern. Zum Beispiel gebe es klare und naturtrübe Säfte. "Der klare wird eigentlich zu Unrecht bevorzugt", sagt sie. Er sei in der Herstellung aufwendiger und "ein bisschen vom eigentlichen Geschmack der Früchte geht immer verloren." Eine Kostprobe bestätigt das, obwohl beide Saftarten köstlich schmecken.

Die Zörbiger Obstkelterei ist zu einem guten Teil Lohnmosterei. Vor allem Kleingärtner bringen hier ihre Früchte hin und nehmen Saft mit. Im Mai ging es mit Rhabarber und Beeren los und noch im November werden Äpfel verarbeitet. Gegründet wurde der kleine Betrieb ausgangs der 20er Jahre vom Urgroßvater der heutigen Chefin. Er nutzte dazu die Waschküche im Haus. "Das war im Zuge der Blaukreuzler-Bewegung, die Getränke ohne Alkohol publik machte", erklärt Monika Gernert. 1931 wurde der Betrieb, damals die erste Obstkelterei im Kreis Bitterfeld, in die Handwerksrolle eingetragen.

Mit der Wende brachen auch für ihn härtere Zeiten an. Seine echten Ost-Produkte gingen plötzlich deutlich schlechter. Die Konkurrenz der Säfte, Drinks und Nektare aus dem Westen schien übermächtig. Aber die Obstkelterei hielt sich. Anja Görgs Vater modernisierte sogar. Aber Zörbig war nie eine Konkurrenz für die Großen. "Wir setzen auf die unmittelbare Region, hier ist unser Platz", sagt Anja Görg. Im Jahr 2000 hat sie nach dem plötzlichen Tod des Vaters den Betrieb übernommen. Ihr Start war super, denn jenes Jahr war ein Rekord-Obstjahr.

Die Abhängigkeit von Witterung und Ernte war auch im vergangenen Jahr deutlich zu spüren. Allerdings überaus negativ. "Das war extrem, da befürchtete ich schon das Schlimmste", sagt die junge Geschäftsführerin. Aber wieder kam der Betrieb über die Runden, und "jetzt geht es langsam aufwärts", meint Anja Görg.

Neben der Lohnmosterei für Kleingärtner und Gartenbaubetriebe bieten die Zörbiger auch eigene Produkte an. Das Aushängeschild der Säfte in den Flaschen mit dem "G" auf dem Etikett ist der Wörlitzer Apfeltraum. Das Ausgangsprodukt kommt von den Streuobstwiesen des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches. Der Apfeltraum ist natürlich naturtrüb. Aber auch solche

Kreationen wie Apfel-Kirsch oder Apfel-Holunder sind hier erhältlich. Und vor Weihnachten der beliebte Apfelpunsch. "Alles 100 Prozent Natur", versichert Anja Görg, deren Betrieb auch ein zertifizierter Öko-Betrieb ist.

Gerade wird eine neue Charge zu Saft verarbeitet. Das Herzstück der Anlage und zugleich das Modernste ist die Balgpresse. Im Inneren des Stahlbehälters befindet sich so eine Art Ballon, der aufgeblasen wird und den Saft mit einem Druck von bis zu zwei bar aus den Früchten presst. Von 2,5 Tonnen Obst je Füllung, das nach der Wäsche über einen Elevator in den Behälter gelangt, werden so etwa 1500 bis 1600 Liter Saft gewonnen. Was an Trockenmasse übrig bleibt, ist Futter für Damwild.

Dem Pressen folgen verschiedene weitere Verarbeitungsstufen, bis die klaren oder naturtrüben Säfte automatisch in die Flaschen gefüllt werden. Auch Verschlüsse und Etiketten werden in der Zörbiger Obstkelterei automatisch angebracht. Manches allerdings ist noch pure Handarbeit. Eine Waschanlage für Kästen beispielsweise wäre einer von Monika Gernerts Wünschen. Deren Reinigung sei mitunter sehr mühsam. Aber die Obstkelterei ist klein und bis auf einen Mitarbeiter ein reiner Familienbetrieb. Da geht alles eben nur Schritt um Schritt.