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Wolfener Erfindung Wolfener Erfindung: Mit diesem Wirkstoff trotzen Pflanzenschutzmittel sogar Regen

Von Michael Maul 19.04.2018, 12:18
Jürgen Bauer arbeitet an einer kleinen Entwicklungsanlage.
Jürgen Bauer arbeitet an einer kleinen Entwicklungsanlage. Holger John

Wolfen - So wichtig Regen für das Wachstum der Pflanzen ist, so problematisch ist er für Landwirte, wenn sie vor dem Regenguss ihre Felder mit Pflanzenschutz- oder Insektenbekämpfungsmitteln besprüht haben. Denn das Wasser wäscht die chemischen Wirkstoffe wieder ab und versickert mit diesen im Boden. Der Schutzeffekt verpufft.

Doch jetzt hat die Wolfener Firma Amynova polymers ein Gegenmittel entwickelt. Das neue Produkt lässt die Wirkstoffe dort, wo sie benötigt werden - nämlich auf der Pflanze. Auch bei Regen. Die deutschlandweiten Praxistests sind ein Erfolg. Nun wird die Großproduktion des Mittels als „AmynovaMulch- und Cropcover“ geplant.

Sandersdorfer Chemiker entwickelt komplexen chemischen Vorgang

Was einfach klingt, ist ein komplexer chemischer Vorgang, den der Sandersdorfer Chemiker Klaus Käsebier entwickelt hat. Seine Ausgangsidee: „Wir brauchen ein Produkt, das die Pflanzenschutz- und Bekämpfungsmittel gegen Ungeziefer festhält und nicht gleich bei jedem Regen abgespült wird.“ Dazu sollte es biologisch abbaubar und vor allem nicht gesundheitsgefährdend sein. Ein Multiwirkstoff also.

Nach mehreren Versuchen im Labor seiner im Technologie- und Gründerzentrum Wolfen ansässigen Firma Amynova polymers kreierte Käsebier schließlich ein Spezialmittel auf der Basis von Stärke. Dieses wird mit dem jeweiligen Pflanzenschutzmittel gemischt und dann auf die Pflanzen aufgebracht. „Dieses Naturprodukt bindet die einzelnen Wirkstoffe und hält sie nach dem Auftragen auf den Pflanzenkulturen fest“, erklärt Käsebier.

Durch feine Dosierung hält Wirkung des Pflanzenschutzmittels länger an

Wasser perlt quasi ab. Der Effekt sei ähnlich wie bei einem versiegelten Auto. „Doch immer, wenn Wasser auf die vorbehandelten Blätter trifft, öffnen sich die Poren der Stärke und geben kleinere Mengen der jeweiligen Substanzen frei“, nennt Käsebier einen weiteren Vorteil seiner Erfindung. Durch diese feine Dosierung halte die Wirkung des Pflanzenschutzmittels länger an und sei effektiver als die normal aufgesprühten chemischen Substanzen.

In der Landwirtschaft stoße die Erfindung auf großes Interesse. Denn die jeweiligen Früchte sind besser geschützt und weniger anfällig gegen Schädlinge. „Und die Erträge sind nachweislich höher“, erklärt Bernhard Sack, einer der Geschäftsführer der noch immer im TGZ ansässigen Firma. Feldversuche mit Kartoffeln oder Rüben in den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands hätten dafür den Beweis geliefert, so Sack, der 2008 mit diesen Praxistests begonnen hat.

Hervorragender Rasen – Mittel auch für Golfclubs interessant

18 Außendienstler sind dafür inzwischen bei der gewachsenen Firma angestellt. Sie sprechen immer persönlich bei den jeweiligen landwirtschaftlichen Gesellschaften vor, erläutert der zweite Geschäftsführer Wido Fath. Aber auch mit einem Golfclub sei man im Gespräch. Der Club benutze das Mittel, um den Rasen ohne Unkraut in einer hervorragenden Qualität anzubieten.

Dass ausgerechnet der Chemiker Käsebier sich an die Entwicklung eines so wichtigen Produktes heranwagte, ist kein Zufall. „Ich habe mich schon viele Jahre mit unterschiedlichsten Verfahren beschäftigt, bei denen nachwachsende Rohstoffe im Mittelpunkt standen“, sagt Käsebier. Dabei sei der Gedanke geboren worden, pflanzliche Stärke einzubinden. Alles andere sei Betriebsgeheimnis.

Nach Tests und Genehmigungsverfahren: Geht Multiwirkstoff in die großtechnische Produktion

Nach den Tests mit den Nutzern aus der Landwirtschaft wolle man als nächstes in die großtechnische Produktion von Amynova übergehen. Doch dazu müsse noch das Genehmigungsverfahren beim Land und beim Landkreis abgeschlossen werden, so Geschäftsführer Fath. (mz)

Bernhard Sack und Wido Fath (v.l.) vor einer großen Mischapparatur.
Bernhard Sack und Wido Fath (v.l.) vor einer großen Mischapparatur.
Holger John