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Gesundheit in Sachsen-Anhalt Wille zur deutschen Pille: Mibe aus Brehna fordert Abnahmegarantien im umkämpften Pharmamarkt

Um Lieferprobleme bei Antibiotika oder Fiebersaft zu verringern, soll die Politik die heimische Herstellung fördern. Dazu gab es ein Treffen bei der Mibe GmbH in Brehna. Welche Ideen dort diskutiert wurden.

Von Julius Lukas 10.02.2025, 16:59
Mibe-Chef Hans-Georg Feldmeier (links) zeigt dem Bundestagskandidaten Christoph Bernstiel (rechts, CDU) die Arzneimittel-Produktion in Brehna.
Mibe-Chef Hans-Georg Feldmeier (links) zeigt dem Bundestagskandidaten Christoph Bernstiel (rechts, CDU) die Arzneimittel-Produktion in Brehna. Foto: Julius Lukas

Brehna/MZ. - Die Fläschchen klappern, bevor sie auf das Fließband in der Produktion des Pharmaherstellers Mibe in Sandersdorf-Brehna (Kreis Anhalt-Bitterfeld) gezogen werden. Dort schießt dann im Sekundentakt eine Suspension in die braunen Glasbehälter.

„Das ist Ampho-Moronal“, erklärt Mibe-Geschäftsführer Hans-Georg Feldmeier. Die antibiotische Arznei werde in der Onkologie eingesetzt, um eine Hefepilzwucherung im Mundraum zu verhindern. Dafür sei nur dieses Medikament zugelassen. „Wenn wir das Mittel nicht liefern, dann haben Krebspatienten ein großes Problem“, so Feldmeier.

Vertreter der Pharmaindustrie in Sachsen-Anhalt diskutieren, wie sich Lieferengpässe bei bestimmten Medikamenten vermeiden lassen

Um darüber zu diskutieren, wie solche Engpässe vermieden werden können, hatte Mibe am Freitag Vertreter der Pharmaindustrie, aber auch die Bundestagskandidaten Sepp Müller und Christoph Bernstiel sowie Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (alle CDU) zum Dialog eingeladen. Das einhellige Fazit: Um leere Pillenregale zu vermeiden, sollte die deutsche Pharmabranche unabhängiger von internationalen Produzenten werden – und die Politik muss dabei helfen.

Die lautesten Diskussionen um fehlende Medikamente gab es zuletzt Ende 2022. Damals waren zum Beispiel Fiebersäfte zeitweise nicht mehr lieferbar. Nach Gesetzesinitiativen hat sich diese Situation zwar abgeschwächt. Dennoch geht das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung davon aus, dass in Deutschland auch jetzt noch drei Millionen Menschen von Engpässen betroffen sind. Zudem stehen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach wie vor mehr als 500 Präparate auf der Lieferengpassliste. „Es ist nicht mehr die prekäre Situation, die wir mal hatten“, sagt Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes. Dennoch gebe es eigentlich jeden Tag ein Medikament, das nicht lieferbar sei. „Das verursacht für uns viel Zusatzaufwand, weil wir nach Ersatz suchen und uns mit Ärzten oder Krankenkassen abstimmen müssen.“

Pharmafirmen aus Deutschland beklagten den hohen Preisdruck - gerade aus dem ASusland

Weiter vorn in der Lieferkette, bei den Pharmafirmen, ist es nach eigener Aussage vor allem der Preisdruck, der viel Produktion in Deutschland unrentabel gemacht hat – und sie, wie etwa bei Antibiotika, fast komplett in das außereuropäische Ausland hat abwandern lassen. „Wegen drei Cent Unterschied wird dann das billigere Produkt aus einem anderen Land genommen“, sagte etwa Grit Müller, Geschäftsführerin von Salutas Pharma aus Barleben (Bördekreis). Sie kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Rabattverträge, die Krankenkassen seit 2003 mit Arzneimittelherstellern schließen dürfen, um günstigere Preise zu erzielen – was zu einem Dumping geführt habe.

Die Verlagerung der Herstellung in Staaten wie China oder Indien sieht auch Sven Schulze kritisch. „Wir laufen Gefahr, uns immer abhängiger zu machen.“ Geopolitische Ereignisse wie etwa ein Handelsstreit der USA mit China könnten zu Lieferausfällen führen. „Darauf müssen wir uns vorbereiten“, so der Wirtschaftsminister.

Mibe-Chef Hans-Georg Feldmeier fordert Abnahmegarantien durch Deutschland oder die EU bei priorisierten Arzneimitteln

Eine Möglichkeit, die Mibe-Chef Feldmeier ins Spiel bringt, sind Abnahmegarantien durch Deutschland oder die EU bei priorisierten Arzneimitteln. „Man sollte auch darüber nachdenken, bei den Verträgen mit den Kassen europäische Hersteller zumindest zum Teil zur Bedingung zu machen“, ergänzt Grit Müller. Beides würde die Produktion auf dem Kontinent attraktiver machen.

Die gute Botschaft sei, sagt Hans-Georg Feldmeier: „Wir haben noch eine leistungsfähige Pharmaindustrie vor Ort“. Und, dass die sogar bereit ist, in verlorene Märkte erneut einzusteigen, zeigt Salutas aus Barleben. „Um die Lieferketten abzusichern, stellen wir künftig wieder Antibiotika am Standort her“, verrät Chefin Grit Müller. Mit dem gewünschten politischen Rückenwind würde diese Produktion sicher noch an Fahrt aufnehmen.