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Wenn die "Dritten" rufen Wenn die "Dritten" rufen: Rudi Winkelmann schreibt über sein Leben als Zahntechniker

Von Sylvia Czajka 06.01.2018, 13:00
Heute wohnt Rudi Winkelmann am Goitzschesee und genießt den Ausblick.
Heute wohnt Rudi Winkelmann am Goitzschesee und genießt den Ausblick.  Foto: Thomas Ruttke

Bitterfeld - „Wenn die Dritten rufen“, so lautet der Titel des Buches. Für Rudi Winkelmann ist das Thema durch. Sie rufen nicht mehr. Er lächelt bereits mit ihnen. Mit 89 Jahren darf er das.

Rudi Winkelmann hat sich nun noch einmal hinterfragt, auf den eigenen Zahn gefühlt, um seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, die als Zahntechniker.

Rudi Winkelmann: Mit 14 blickte er das erste Mal in einen offenen Mund

Mit 14 Jahren stand er während seiner Ausbildung das erste Mal vor einem offenen Mund. Damals als Lehrling in Forst in der Lausitz. Dorthin kehrte er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder zurück.

Die Arbeit als Zahntechniker in jenem Ort, der zu 80 Prozent zerstört wurde, hatte für Winkelmann Priorität. Gemeinsam mit einem Zahnarzt, dem Schwiegersohn des berühmten Musikproduzenten und Komponisten Bert Kaempfert, versuchten sie auf ihre Art, die Angst nehmen, Schmerzen zu lindern: mit Feldstuhl und Tretbohrmaschine.

Rudi Winkelmann ist ein Mann der Praxis

Im Alter von 22 Jahren legte Winkelmann die Meisterprüfung ab. „Damals war ein großer Mangel an Fachkräften“, erzählt er. Deshalb entschloss sich der Zahnspezialist 1951, in die Clara-Zetkin-Poliklinik nach Wittenberg zu gehen.

Im Laufe der Jahre wurde der Greppiner Kreiszahntechniker-Meister, später nahm er das Angebot der medizinischen Fachschule in Halle an und startete als praktischer Lehrausbilder einen Neuanfang. Mit der Theorie hatte Winkelmann nie viel am Hut. Die Praxis sei das einzig Wahre, betont er.

Rudi Winkelmann hat viele Erinnerungsstücke seiner Arbeit aufgehoben

Winkelmann war nicht nur ein Lehrer, sondern auch ein Sammler, ein Bewahrer. Über die Jahre seiner beruflichen Laufbahn hat er Erinnerungsstücke an seine Arbeit aufgehoben. Ob seine Prüfungsprothese aus dem Jahr 1944, Löt-Pistole, Hand-Guss-Schleuder oder ein gasbeheizter Vulkanisierkessel.

Doch das sei längst nicht alles gewesen, weiß Andreas Haesler. Der Leiter des Dentalhistorischen Museums in Zschadraß staunte nämlich nicht schlecht, als Winkelmann ihm ein besonderes Geschenk übergab: seine Sammlung.

100 Exemplare von Rudi Winkelmanns Buch sind gedruckt worden

„Sie ist einmalig“, freut sich Haesler. Der Museumschef ist einfach nur glücklich darüber, jetzt eine umfassende Dokumentation über die Zahntechniker-Ausbildung in der DDR zu besitzen. Die sei etwas ganz Besonderes, erzählt Haesler.

Er war es auch, der Rudi Winkelmann ermutigt habe, ein Buch zu schreiben. 100 Exemplare sind nun gedruckt. Die vertraut der Autor gern Freunden und Menschen vom Fach an. Denn schließlich steckt in den Zeilen Herzblut und Berufserfahrung. Das findet auch Haesler.

Museum diente schon als Filmkulisse

Der hütet über eine halbe Million Ausstellungsstücke im Kanzleihaus des Schlosses Colditz. Es sei die weltgrößte Ansammlung ihrer Art.

Für Filme wie die Buddenbrooks oder Ku’damm 56 diente das Museum als Kulisse. Die Neugier auf den Blick in die Geschichte der Zahnmedizin ist ungebrochen, während der Gang zum Spezialisten vielen Menschen - früher wie heute - Überwindung kostet. Winkelmann hatte davor nie Angst. „Ich wusste doch schließlich, was passiert“, sagt er und lacht. (mz)

Jetzt hat er seine Erfahrungen niedergeschrieben.
Jetzt hat er seine Erfahrungen niedergeschrieben.
Thomas Ruttke
Ein Einzelstück aus Winkelmanns Sammlung
Ein Einzelstück aus Winkelmanns Sammlung
Museum