Weltneuheit aus Bitterfeld Weltneuheit aus Bitterfeld: Diese Drohne soll Leben retten
Bitterfeld/Leuna - Wieder einmal kommt eine Weltneuheit aus Bitterfeld. Sie soll bei Havarien, Bränden und Unfällen Leben retten und für mehr Sicherheit in der Chemieregion um Bitterfeld-Wolfen sorgen. Die Securitas-Werkfeuerwehr des Chemieparks hat eine Super-Drohne entwickelt. Dieses fliegende Auge kann nicht nur fotografieren oder filmen. Es ist auch in der Lage, mit ausgefeilter Technik in Havariesituationen wichtige Entscheidungshilfen zu geben. Vorgestellt wurde das Fluggerät zur Eröffnung des ersten Service-Centers Ost der Buchen Umweltservice GmbH am Dienstag auf dem Gelände der Leuna-Werke.
Analyse aus der Luft
„Wir wollen mit dem neuen Flugobjekt vorrangig für die Sicherheit im Chemiepark und in angrenzenden Kommunen sorgen“, sagte Axel Leyendecker. Er ist Geschäftsführer der Securitas Fire Control GmbH, die für den Chemiepark die Berufsfeuerwehr betreibt. Diese war unter anderem beim Großbrand im Produktionsgebäude von Polychem im Einsatz. Die neue Drohne kann in Havariesituationen entweichende Gase analysieren, Fotos oder Videos von Orten oder Gefahrensituationen aufnehmen und per Funk in die Leitstelle oder über das Internet zu anderen Entscheidungsträgern senden. „Die Drohne hilft uns, wichtige Arbeitsschritte vorzubereiten“, beschreibt Leyendecker die Hintergründe der Entwicklung.
„Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Es brennt in einer großen Lagerhalle mit unbekannten Stoffen.“ Dann müsse die Feuerwehr schnell die richtigen Entscheidungen über den Einsatz der Brandbekämpfer oder die Evakuierung umliegender Wohngebiete treffen. „Da zählt jede Sekunde“, so Leyendecker. Diese Aufgabe könne die Drohne übernehmen. „Sie schläft nicht und muss nicht erst zum Einsatz gerufen werden. Sie ist immer da und in wenigen Sekunden einsatzbereit.“
Entwickelt hat die Drohne der junge Bitterfelder Feuerwehrmann Yorck Rackow innerhalb von zwei Jahren. Verbesserungen seien durchaus noch möglich, meint der Feuerwehrmann. Doch auch das, was sie jetzt schon könne, sei sehenswert. „Die fast fünf Kilogramm schwere Maschine hat vier Zweipropeller-Motoren von je 400 Watt Leistung.“ Damit könne man die eingebaute Video- und Wärmebildkamera, die Gasanalysetechnik und die Batterien rund 20 Minuten in der Luft halten. In dieser Zeit könne die Drohne zum Beispiel von einer brennenden Lagerhalle eine Gesamtübersicht liefern und per Wärmebildtechnik lokalisieren, wo sich der Brandherd befindet. Die Analyse der Abgase lasse Rückschlüsse auf giftige Stoffe zu. Und die Drohne sei explosionsgeschützt. Dadurch könne sie an Stellen fliegen, die für die Feuerwehrleute zu gefährlich seien. „Sie fliegt und arbeitet - und kein Feuerwehrmann muss sein Leben riskieren“, so Leyendecker.
Doch nicht nur bei Havarien soll die Drohne helfen. Auch bei der Vorbereitung von Reparaturen könnten Bilder oder Videos Rückschlüsse zulassen - ohne aufwendige und teure Rüstung aufzustellen. „Das spart den Firmen jede Menge Geld“, sagt der Geschäftsführer. Ein weiterer Vorteil sei ihre Resistenz gegen Wasser und chemische Gase. Sie könne zwar nicht direkt in einen Wasserstrahl fliegen, aber Regen mache ihr nichts aus. Auch abseits der Chemie sieht Leyendecker Einsatzmöglichkeiten. „Wir könnten mit der Drohne vor der Ernte über Felder fliegen und mit der Wärmebildkamera versteckte Tiere aufstöbern oder bei der Planung von Bauten Vermessungen durchführen“, zählt er einige Anwendungsbeispiele auf.
Schutz von Menschenleben
Chemiepark-Geschäftsführer Michael Polk sieht dem Einsatz der Drohne positiv entgegen. „Ich finde es sehr gut, wenn durch ein solches Gerät Menschenleben und Sachwerte geschützt werden können.“ Immerhin befinden sich auf dem Areal des Chemieparks rund 360 Firmen mit 12 000 Beschäftigten, die Städte und Gemeinden rundherum gar nicht mitgerechnet. Bis jetzt sei man trotz der Havarien bei Polychem, IKA, Texplast oder in dem Gasflaschenlager außerhalb des Chemieparks recht gut weggekommen. Natürlich gebe es in den Betrieben viele Sicherheitsvorkehrungen. „Trotzdem müssen wir auf alles vorbereitet sein.“
Stationiert ist die Drohne in Bitterfeld, erklärt Leyendecker. Bis jetzt sei aber ihr Entwickler ihr einziger versierter Pilot. Darum sollen weitere Mitarbeiter die Bedienung erlernen. „Wir arbeiten ja rund um die Uhr. Also muss immer jemand da sein, der die Drohne bedienen kann und darf.“
Immerhin sei die Neuentwicklung mit einem Preis von etwa 30 000 Euro kein Spielzeug. Yorck Rackow, der erst seit vier Jahren bei der Werkfeuerwehr tätig ist, nennt sich selbst einen Quereinsteiger. Zwar habe er sich früher schon mit Flugmodellen beschäftigt. Aber diese fliegende Maschine sei eine Herausforderung gewesen. (mz)

