Warum Frauen nichts von Fußball verstehen

Wittenberg/MZ. - Der Trainer von "Tatkraft Börde" hat bessere Zeiten gesehen. LPG weg, Verein: naja. "Die Wende", sagt der Mann im historisch braunen Sport-Dress bitter, "hatte doch nur ein Gutes: Wir können im Pokal gegen Bayern München spielen." Theoretisch jedenfalls. Anderthalb Stunden lang biegt sich Trainer Richter, mal triumphierend, mal bitter, mal aufgebracht, zum Vergnügen seines Publikums Vergangenheit und Gegenwart zurecht. Eine Vergangenheit, da man in die Partei eintrat, damit man endlich auch mal zum Fußball nach Frankreich oder Spanien fahren konnte. Hätte man denn ahnen können, dass die DDR-Elf hernach an gar keinem internationalen Match mehr teilnahm?

An den Bruchstellen scheint die Wahrheit auf, da ist es plötzlich nicht mehr nur lustig. Neandertaler, Pinochet, Atomphysik und SED-Parteitage, Mauerschützen: Nein, es gibt nichts, was nicht aus dem Fußball-Universum heraus erklärt werden könnte. Und was waren die Nazi-Bomben auf Coventry denn anderes als ein Eins zu Null gegen England (wenn es auch nicht lange gehalten werden konnte)?

Des Trainers Gedanken kommen aus der Weltgeschichte nun wieder auf den Sportplatz unweit der Autobahn zurück. Bei "Tatkraft Börde" hat er sie alle trainiert. Richters Hand wandert in Stufen in die Höhe. Kinder. Knaben. Jugend. Seine waagerechte Hand ist jetzt über Kopfhöhe: "Bis Männer." So soll das sein. Ein Leben für den Fußball. Ein Leben bis Männer. Sein Heiko, der Kapitän, ist ein gutes Beispiel für diese Kontinuität. "Bind' dir die Schuhe zu", hatte er ihn angebrüllt im Spiel. Da war Heiko neun, in der gegnerischen Mannschaft und die Schuhe waren zu. Als er sich brav bückte, fiel das Tor, für die anderen. Aber so ist er, der Heiko. Macht immer, was man ihm sagt.

Heiko ist dann Mauerschütze geworden. Zwei Jahre auf Bewährung. Die Sache konnte gar nicht anders ausgehen. Die Richterin war eine Frau. Und Frauen, Frauen verstehen nichts vom Fußball. Vor allem verstehen sie nicht, wieso. Der Beifall ist freundlich. Das war ein solides Unentschieden.