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Traum wurde vor zehn Jahren Realität

Von IRIS LADEMANN 10.10.2008, 16:22

FRIEDERSDORF/MZ. - Gleich zwei gute Gründe waren es, weshalb im Friedersdorfer Gasthof "Zum Stern" gestern Abend gefeiert wurde. "Auf den Tag genau vor zehn Jahren haben wir nach umfangreichen Renovierungsarbeiten den Gasthof wiedereröffnen können", stahlt Sabine Gutjahr über das ganze Gesicht. Und sie wisse es deswegen so genau, weil es ihr Geburtstag sei - der 10. Oktober. Davon hatten aber nur ganz wenige der Gratulanten eine Ahnung, denn ihre Art ist es ganz und gar nicht, im Rampenlicht zu stehen. Und nur die engsten Freunde wussten, dass es noch dazu ihr 50. Geburtstag war.

Ganz am Anfang war da ein Traum, ein Traum von einem "Antik-Café", den das Ehepaar Gutjahr in Muldenstein träumte. Denn die gemeinsame Sammelleidenschaft - Antiquitäten - sollte vielen Freude bringen. Nur ein entsprechendes Gebäude fehlte noch. Gefunden wurde es durch die jetzige Chefin in Friedersdorf - auf dem Weg zur Arbeit nach Bitterfeld. Damals war sie noch Immobilienmaklerin.

"Jeden Tag, an dem ich dran vorbei fuhr, verfestigte sich bei mir der Gedanke mehr und mehr, dieses Gemäuer, das auf eine gut 500-jährige Geschichte verweisen kann, in Augenschein zu nehmen", sagt die 50-Jährige rückblickend. Zwar sei diese ältestes Gaststätte im weiten Umkreis mehrfach ausgebaut worden und hat nur noch in Fragmenten etwas mit dem einstigen Wirtshaus gemein, doch die Maklerin hatte sofort ihr Herz dafür entdeckt - und in Gedanken die Visionen schon wahr werden lassen. Bei der baulichen Umsetzung half die ganze Familie, Freunde und Bekannte.

Auch die Gäste, die gestern zum gratulieren kamen, spürten sofort den Hauch von Gründerzeit, der ihnen beim Betreten des Gebäudes entgegen wehte. Denn die Inhaber haben es auf eindrucksvolle Weise verstanden, Historisches und Modernes harmonisch zusammenzufügen und dadurch ein Stück Heimat mit neuem Leben zu erfüllen - damit es seiner Rolle wieder gerecht wird; Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens zu sein.

Doch der alleinige Gaststättenbetrieb reichte den Gutjahrs nicht aus. Denn da waren auch noch die anderen Hobbys, die sich aber wunderbar unter einem Dach vereinen ließen - der Antikhandel und antiquarische Bücher. Und deshalb schmücken schöne, alte Möbelstücke aus der Gründerzeit nicht nur die Gaststätte, sondern das gesamte Haus - auch die Pensionszimmer und die erst vor gut einem Jahr eröffnete "Stern-Bar". Diese sei übrigens die Idee ihres 26-jährigen Sohnes Mario, der seit drei Jahren das Reich der Töpfe und Pfannen im Gasthof regiert. Ein Azubi steht dem gelernten Koch, der auch auf ein praktisches Jahr in der Schweiz verweisen kann, zur Seite. Das sei nicht nur der Speisekarte anzusehen, sondern auch den Arrangements auf den Tellern, sagt die Mutter stolz, die vor drei Jahren ihren Job als Immobilienmaklerin an den berühmten Nagel gehangen hat. Denn Gaststättenbetrieb, Antikgeschäft und Buchhandel fordern sie ganz. Unterstützung erhalte sie allerdings auch von ihrem Ehemann. Denn Klaus Gutjahr helfe da, wo immer nach seiner Person verlangt werde. Auch Sohn Henry, der von Kindheit an den Rollstuhl gefesselt ist, helfe nach seinen Möglichkeiten.