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Talkshow im Offenen Kanal Talkshow im Offenen Kanal: Kein Anschluss unter dieser Nummer

Von Irina Steinmann 03.03.2004, 16:27

Wittenberg/MZ. - Dienstagabend, 18 Uhr, im Offenen Kanal (OK) der Lutherstadt. Vier Experten treffen sich zur Talkshow. Thema: "Kultur für alle!? - Wittenberg - meine Stadt!?" Die Teilnehmer: Fritz-Peter Schade, Chef der Wohnungsgesellschaft Wiwog. Thomas Popp vom Kunstverein, CDU-Mann und Stadtratsvorsitzender. Und Johannes Winkelmann, Geschäftsführer von "WittenbergKultur e.V.". Es moderiert Markus Schuliers (Theaterjugendclub "Chamäleon"). Die Zuschauer daheim sind aufgerufen, eifrig Gebrauch zu machen von den Telefon-Nummern 48 48 48 und 48 48 46. Sie werden im Verlauf der einstündigen Live-Sendung immer wieder eingeblendet.

Wie lässt sich Kultur finanzieren in einer schrumpfenden Stadt? Für wen wird sie dort überhaupt gemacht? Die Standpunkte sind rasch erklärt: Schade, Initiator der Talkshow, sorgt sich um die Abwanderung: 25 Prozent der Mieter, die bei der Wiwog ausziehen, verlassen auch die Stadt. "Wir bewältigen gegenwärtig eine Kultur des Abrisses", dehnt Schade den Begriff. "Zu Luthers Hochzeit ist sich die Stadt einig", sonst aber "stecken zu viele den Kopf in den Sand".

Wer um seine soziale Existenz kämpfe, habe wenig Muße für Kultur, zeigt Popp, dessen Verein vor allem für die anspruchsvollen "Hofkonzerte" steht, Verständnis für manche Zwangslage. Gleichzeitig verlangt er ein "nachhaltiges" Konzept für den Kulturtourismus, um mehr Gäste (und Geld) anzuziehen. Aber: "Wir sind keine Großstadt." Die personelle Decke für Hochkultur ist dünn: Mit Wittenberger Publikum allein lassen sich aufwändige Inszenierungen nicht füllen. Winkelmann schließlich stellt sich als der gewohnt kreative Mangelverwalter dar. "Die ganze Stadt ist eine Bühne", pflegt er einen "erweiterten Kulturbegriff"; auch Bauwerke, Kneipen, Gastfreundlichkeit gehörten dazu. "Ich behaupte, dass wir ein ganz vielfältiges Angebot haben." Ähnlich wie Schade, der insbesondere auf die neuen Besitzer des Theaters hofft, lobt Winkelmann private Initiativen wie etwa die Foto-Galerie eines jungen Arbeitslosen (die MZ berichtete). Was Schuliers zu dem Einwurf veranlasst, dass "Kunst Geld kostet".

18.40 Uhr wird die erste Zuschauerfrage verlesen. Ob nicht nachmittags ein größeres kulturelles Angebot für Senioren existieren könnte?, lautet die Frage einer 80-Jährigen. Das sei genau dieses überholte Anspruchsdenken, ärgert sich Winkelmann ein wenig. Für solche Konzerte bräuchte sein Verein Partner, erklärt Popp. "Die Frage haben wir nicht eindeutig beantwortet", stellt Schade fest. Das Publikum hat keine weiteren Fragen. Nach Auskunft von OK-Geschäftsführer Dietmar Rudolf kann sein Bürgerfunk von etwa 40 000 Wittenbergern empfangen werden.