Tag des offenen Denkmals Tag des offenen Denkmals: Als der Küster auch Lehrer gewesen ist
Spören/MZ. - Eines wurde am Sonntag zur Gewissheit: Wessen Herz für das schöne kunst- und kulturhistorische Detail schlägt, der lässt sich auch von argen Regenschauern nicht verdrießen. Der Tag des offenen Denkmals lockte im Kreis Bitterfeld viele aus den warmen Stuben. Zumindest der zweite Teil des zentralen Mottos "Schule als Denkmal - Denkmal als Schule" wurde in Kirchen, musealen Einrichtungen und selbst in privat geöffneten Häusern wie in Plodda oder Schierau verwirklicht.
Dem Thema des Denkmaltages ganz und gar verpflichtet sah sich der Heimatverein Spören. Bereits am Sonnabend herrschte in der denkmalgeschützen Alten Schule Gedränge, als die Ausstellung zur Schulgeschichte Spörens und Prussendorfs eröffnet wurde - mit Details aus drei Jahrhunderten. Dass sich das offizielle Thema mit dem der Ausstellung deckte, war ein schöner Zufall, so Anton Rehmann, Vorsitzender des Vereins. "Das Schulgebäude selbst wurde in diesem Jahr 130 Jahre alt", sagte er, "und deshalb wollten wir es unbedingt zum Denkmaltag in den Mittelpunkt stellen."
Mit viel Liebe zum Detail ist die Ausstellung recherchiert worden. Der Archivkreis des Vereins um Wiltrud Dübner forschte in Kirchenbüchern, im Kirchenarchiv und in Schulprotokollen. Und brachte neben originalen Bauplänen so manche Fakten zutage, die insgesamt ein Bild über 300 Jahre Schulentwicklung gestalten. Die älteste Nachricht stammt aus dem Jahr 1574 und zeugt von so genannten Küsterschulen. Der erste erwähnte Schullehrer ist Jobst Pantzschmann, der 1644 als Küster, Kantor, Organist und Schulmeister (genau in dieser Reihenfolge) angestellt war.
Schön auch die "Instructionen", die man heute als "Dienstanweisungen" bezeichnen würde: Laut denen von 1748 - elf an der Zahl - hatte der Lehrer unter anderem die Aufgabe, "Kirche, Altar, Taufstein, Sacristei, Stühle, unten und oben mit dem Chor reinlich zu halten", und er musste auch den Kirchhof verschließen, "dass weder der Schul Jugend noch das Feder und anderes Vieh auf solchen komme." Ein Jahrhundert später umfassten die Instruktionen bereits 53 Paragraphen! Den Recherchen ist es auch zu verdanken, dass nun ab 1644 ein lückenloser Nachweis aller Lehrer vorliegt.
Natürlich gibt es neben allen Dokumenten auch viel zum Schauen. Die elfjährige Heide Schuhmann hat sich gleich in das Schreibpult aus der Zeit des Jugendstils verliebt. Sie staunt über die Schiefertafel samt Griffeln und auch darüber, dass die Kinder hölzerne Federkästen in ihren Ranzen hatten. Und auch die zahlreichen alten Fotografien findet sie spannend. "Auf einer habe ich meinen Onkel entdeckt", sagt Heidi. "Ist komisch, ihn als Kind zu sehen." Auf alle Fälle will sie ihren Freundinnen von dieser Ausstellung erzählen. Damit sie kommen und auch all die schönen alten Dinge sehen.
Denn kleine Seltenheiten gibt es viele. Poesiealben, in die sich Schüler mit Foto für ihre Lehrer verewigten mit Sprüchen, die vermutlich nie aussterben: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut." Und auch so genannte Realienbücher gibt es zu sehen, die in einem Band mehrere Wissensgebiete abhandelten. Sie liegen neben einem Heimatsprachbuch: Dort wird Grammatik anhand heimatgeschichtlicher Texte gelehrt.
Die Ausstellung ist noch zwei Wochen (nach Vereinbarung 034956-25129) zu sehen.