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Tag der offenen Tür Tag der offenen Tür: Großer Andrang im Heim für Tiere

Von Corinna Nitz 02.05.2002, 11:55

Wittenberg/MZ. - Um 15 Uhr zieht Marion Malbrich vom Tierheim Wittenberg eine erste Bilanz. "Insgesamt", sagt sie, "gehen sieben Tiere weg." Zwei Hunde werden eventuell noch am Nachmittag abgeholt. Über das Gesicht der Frau legt sich ein Lächeln. Sie hofft, dass ihre Schützlinge ein gutes Zuhause gefunden haben.

Es ist Mittwoch, Tag der Arbeit, ein freier Tag. Auf dem weitläufigen Gelände in der Belziger Chaussee drängen sich reichlich 300 Besucher zwischen Hundezwingern, Katzenhaus, Gnadenhof und Goldfischteich. Sie wundern sich, dass verhältnismäßig wenig Tiere da sind. Dass sich das in kürze ändern wird, weiß Frau Malbrich. "Wenn die Urlaubszeit beginnt, werden die Tiere wieder ausgesetzt." Manche werden des nachts von den Besitzern übern Zaun zum Heim geworfen. Andere findet man weiter weg bei Coswig, ausgestoßen und angeleint an der Auffahrt zur A 9. Über Menschen wie diese kann Malbrich sich nur wundern. Dass häufig auch in Bezug auf die vermeintlichen Kampfhunde das Problem am anderen Ende der Leine steht, finden die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion.

Ein sichtlich verärgerter Besucher raunt, dass jedes Jahr weitaus mehr Menschen durch alkoholisierte Autofahrer ihr Leben verlieren. Das fände jedoch in der veröffentlichten Meinung kaum Beachtung. Greift indes ein Bullterrier ein Kind an, seien die Zeitungen voll davon. Den Umgang der Medien mit diesem Thema kritisiert auch Wolfgang Marchewka, der mit seiner American-Staffordshire-Hündin im Podium Platz genommen hat. "Diese Hunde werden nicht aggressiv geboren. Sie werden erst durch Menschen gefährlich", betont er. Er kritisiert, dass mit der neuen "Kampfhunde-Verordnung" verantwortungsvolle Züchter mit Kriminellen auf eine Stufe gestellt werden.

Zustimmung erntet er von Jürgen Krause, dem Vorsitzenden des Tierheimvereins und Chef des Wittenberger Ordnungsamtes. Er lässt keinen Zweifel daran, dass Menschen vor gefährlichen Hunden geschützt werden müssen. "Jedoch ohne die Diskriminierung einzelner Rassen." Krause und Matthias Pohlmann vom Landestierschutzverein sind sich darüber einig, dass die in Sachsen-Anhalt besonders restriktive Verordnung dem jüngsten Wahlkampf geschuldet sei. Innenminister Püchel habe "über die Folgen nicht nachgedacht".

Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Scheurell bezeichnet die Verordnung als Aktionismus und verspricht, das Thema in seiner Fraktion neu zu diskutieren. Parteikollege Ulrich Petzold fordert eine einheitliche Regelung in Deutschland. Noch hätten die 16 Bundesländer 16 unterschiedliche Regelungen. Nirgends sei sie jedoch so drastisch wie in Sachsen-Anhalt. Am Ende der Debatte stehen keine Ergebnisse, aber Vorschläge zur Güte. Gefordert werden eine Art Halter-Führerschein und Wesenstests für Hunde. Wird keine Lösung gefunden, wandert das Problem in die Illegalität, befürchtet eine Züchterin aus dem Publikum.