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Streit um Denkmalschutz in Wolfen Streit um Denkmalschutz in Wolfen: Eigentümer wehren sich gegen die Behörde

Von Ulf Rostalsky 13.09.2018, 05:00
Diese Jalousien sind den Denkmalschützern ein Dorn im Auge.
Diese Jalousien sind den Denkmalschützern ein Dorn im Auge. Schröter

Wolfen - Im denkmalgeschützten Bereich der Wolfener Altstadt brodelt es weiter. Nachdem zehn Hauseigentümer in der Kirchstraße vom Bauordnungsamt des Landkreises Anhalt-Bitterfeld aufgefordert wurden, sich zum Anbringen von Außenjalousien ohne denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu äußern, schwant der gerade gegründeten Interessengemeinschaft Denkmalschutz Böses.

„Das ist nur die Spitze des Eisberges“, sagt Sprecher Dieter Krillwitz. Er und seine Mitstreiter vermuten, dass es in Kürze weitere Bescheide geben wird. „Nicht nur wegen Jalousien. Dann kommen Zäune, Fassadendämmung und Farbgebung, Fenster auf den Plan.“ Krillwitz ist sichtlich angefressen vom Verhalten des Kreises. Zumal an dessen harter Gangart viele IG-Mitstreiter nicht glauben konnten.

Betroffene spielen auf Zeit und raten dazu eine Fristverlängerung zu beantragen

Krillwitz und Co. spielen vorerst auf Zeit. Sie raten den Betroffenen, in Sachen Anhörung zum vermeintlichen Verstoß gegen Auflagen eine Fristverlängerung zu beantragen. Alles andere wäre für sie nicht sinnvoll. Auch weil Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) die Beratung zur Aufhebung der Vereinfachten Gestaltungssatzung von der Tagesordnung des Stadtrates am Mittwoch genommen hat, um selbst mit Denkmalschutzbehörden zu sprechen.

Warum greift der Kreis zur harten Keule? In der IG spekulieren sie. Selbst von Profilierungssucht in der Unteren Denkmalschutzbehörde ist die Rede. System erkennt niemand. „Ich habe bei der Stadt eine Genehmigung zum Anbau von Rollladen beantragt und sie erhalten“, sagt Siegfried-Uwe Gonschorek. Der Landkreis gab die Zustimmung nicht. „Mein Widerspruch ist bis heute nicht bearbeitet.“

Der Wolfener ficht nicht zum ersten Mal einen Kampf mit dem Kreis aus. „Mir wurde vor Jahren aufgegeben, dass Dach mit Doppelbiberschwanzdeckung zu gestalten. Weil es dem historischen Vorbild entsprechen würde.“ Doch lag schon damals der Teufel im Detail. Gonschorek konnte anhand alter Fotos nachweisen, dass es eine solche Dacheindeckung an seinem Haus nie gegeben hat.

Es sei verwunderlich, dass jetzt das Rad der Geschichte zurückgedreht werden soll

Die Bewohner der Werksiedlung fahren scharfe Geschütze auf. Sie zitieren aus der Agfa-Werkzeitung „Feierabend“, in der der Architekt der Siedlung gerade für individuelle und immer wieder leicht abweichende Gestaltung der Häuser gelobt wird. Einheitsbrei habe es nie gegeben. Mehr noch: „Das ist ein Wohnort. Wir leben hier.“ Für Dieter Krillwitz ist Fingerspitzengefühl gefragt. Das jedoch scheint für ihn völlig verschwunden zu sein.

Er macht die Kritik an Stefan Hermann fest. Der Bitterfeld-Wolfener Geschäftsbereichsleiter Stadtentwicklung und Bauwesen wohnt selbst in der Altstadt. „Er ist begeisterter Radfahrer. Da muss er doch in den letzten Jahren das Baugeschehen in seiner Nachbarschaft mitbekommen haben.“ Es sei verwunderlich, dass jetzt das Rad der Geschichte zurückgedreht werden soll.

Der Landkreis fordert den Rückbau der Jalousien und droht mit Zwangsgeld

Die Interessengemeinschaft bringt sich in Stellung. „Hier ist fünf vor zwölf. Hier soll mit Macht die Vereinfachte Satzung fallen und Denkmalschutz in harter Form durchgedrückt werden“, vermuten Krillwitz und Mitstreiter. Sie sehen sich jedoch nicht auf verlorenem Posten. Der Kreis habe die Wolfener Satzung mit größeren und für den Anwohner zum Vorteil gereichenden Gestaltungsmöglichkeiten vielleicht kritisch gesehen. „Er hat aber nie Einspruch erhoben. Für uns gilt die Vereinfachte Satzung weiter.“

Interessantes Detail im Wolfener Regelwerk: Jalousien dürfen sein. Vorausgesetzt, sie werden nicht auf die Fassade aufgebracht. Der Landkreis sieht das aber ganz anders. Er fordert den Rückbau und droht mit Zwangsgeld. (mz)