Staudamm mitten im Wald
Eisenhammer/MZ. - Eine große Biberpopulation hat sich in der Dübener Heide herausgebildet. Die Familien, zu denen bis zu acht Tiere gehören, nutzen die unterholzfreien Plätze der Buchenwälder als Flutungsgebiete.
Biber in den Wäldern des Dübener Naturparks? Biber waren seit Mitte der 80er Jahre ein Exportschlager der DDR. Daher wurden sie an den Elb- und Muldeauen eingefangen und in Oppin für den Export in die BRD und andere Länder vorbereitet. "Einige sind hin und wieder ausgebüxt und haben sich dann wegen des guten Nahrungsangebotes hier niedergelassen", erklärt Forsttechnikerin Dörte Biermann.
Mit ihrem Wachhund geht es zur Biberfamilie am Eisenhammerer See, der an die Siedlung Eisenhammer grenzt. Fachmännisch erklärt sie die verschiedenen Auffälligkeiten, an denen ein aktiv genutztes Bibergebiet zu erkennen ist. An einem See ist der Wasserstand hoch genug, damit die Biber Erdbaue ausschachten können, die sie dann problemlos unter Wasser erreichen. Fließende Gewässer stauen sie zu stehenden an und bauen die Biberburg. Daher muss nicht unbedingt die Seefestung den Aufenthaltsort des Nagers anzeigen.
"Besonders typisch für den in der Heide ansässigen Biber ist: Obwohl er eigentlich Weichholz raspelt, haben sich die Tiere an die Gegebenheiten angepasst", sagt Dörte Biermann. Sie nutzen Harthölzer wie junge Buchen - an einer großen würde sich ein Biber kaum vergreifen, so lebensmüde ist er nicht. Sogar an harzige, klebrige Nadelhölzer geht er. "Zur Zeit richtet diese Biberfamilie ihre Futterstelle am See für den Winter her", erklärt sie.
Dörte Biermann präsentiert an einer anderen Stelle mitten im Wald nahe dem Lutherstein das Ergebnis mehrerer Monate Stauarbeit einer anderen Biberfamilie. Ein viele hundert Meter langes Waldareal ist zu einem Feuchtgebiet geworden. Die kleinen Architekten haben einen bis zu 1,50 hohen, festen Staudamm errichtet, der einen kleinen, wenige Dutzend Zentimeter schmalen Nebenbach zur großen Wasserfläche anschwellen ließ.
Erstaunlich ist die Schnelligkeit, mit der ein Biber es schafft, binnen kurzer Zeit einen robusten Damm aus Schlick, Schlamm, Schilf und Knüppeln zu errichten. Obwohl das Tier nur 32 Kilogramm wiegt.
"An solchen Stellen entsteht auch der Interessenkonflikt", weist Dörte Biermann auf Probleme hin. Der Biber schafft ein großes Feuchtgebiet. Damit kommen viele seltene Gräser, Frosch-, Fledermaus-, Insekten- und Vogelarten in dieses Areal. Andererseits schädigt das Tier durch die so entstehenden Moore und Nässe die Forstwirtschaft. Außerdem sind die angestauten Wassermassen für Fische ungeeignet, weil das Wasser zu sauer und nährstoffarm ist.
"Besonders heikel wird dies in der nördlichen Dübener Heide", fügt sie hinzu. Seltene Fischarten wie die Bachforelle leben vom Sauerstoffreichtum und der Fließgeschwindigkeit eines Baches. Wenn diese Fische im Winter zu ihren Laichplätzen durch das Wasser wandern, können sie den Biberdamm nicht überwinden.
"Es muss eben abgewogen werden, was man mehr schützen möchte. Jedoch ist das Töten von Bibern zu Recht verboten, denn er steht auf der roten Liste gefährdeter Tierarten." Den scheuen Heidebibern droht zumindest keine Verfolgung wie dem Elbauenbiber. Dem schlägt nicht selten sein letztes Stündlein, weil er den Siedlungen manchmal zu nahe kommt.
In der Dübener Heide bleiben die tierischen Burgherren unter der Obhut des Naturparks und des Arbeitskreises Biberschutz des Naturschutzbundes Sachsen-Anhalt. Dörte Biermann: "Wer sagt denn, dass nur Menschen sich in der Heide wohlfühlen und dort leben wollen?"