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Stadtumbau Stadtumbau in Wolfen-Nord: Wächst Öko-Dorf aus der Platte?

Von Ulf Rostalsky 23.05.2016, 12:48
Entsteht in einem Plattenbau das Öko-Dorf?
Entsteht in einem Plattenbau das Öko-Dorf? Ruttke

Wolfen - Paul Seifert zieht es zurück zu den Wurzeln, zurück ins Plattenbauquartier Wolfen-Nord. Der Wahl-Leipziger träumt mit einem Dutzend Gleichgesinnter den Traum vom Ökodorf. Die zumeist jungen Leute wollen leben, feiern, wachsen, arbeiten und träumen, wo für Andere die Messen längst gesungen sind. „Von der Platte zum Ökodorf“ - das ist die Vision der „Herzensgemeinschaft“. Die könnte plötzlich sehr viel schneller als geplant umgesetzt werden.

Erholung und Lebensraum

Seifert und Co. sind nach eigenen Aussagen weit vorangekommen in Gesprächen mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft. Von der könnten sie schon bald zwei Blöcke übernehmen und dort ihre Vision vom Zusammenleben verwirklichen. So die Nachricht am Rande des Tages der Städtebauförderung. Die Veranstaltung gibt es bundesweit. In Bitterfeld-Wolfen wurde auf die grüne Karte gesetzt: Auf Grünzonen, die Treffpunkt, Ort der Erholung und im Falle der „Herzensgemeinschaft“ auch Lebensraum sein können.

Noch in der Findungsphase

Die Großstädter um Seifert wollen die neuen Siedler von Wolfen-Nord und seinem praktisch zum Großteil aufgegebenen jüngsten Wohnkomplex sein. Dennoch haben sie mit dem Angebot der Wohnungsgesellschaft durchaus ein Problem. „Das kommt für uns eigentlich noch zu zeitig. Wir sind noch in der Findungsphase und haben uns gerade auf das Plenum als Plattform der Meinungsbildung und den Konsens als Form des Zusammenlebens verständigt“, sagt Seifert.

„Die Platte kann ein Anfang sein.“

Auch erklärt er geradeheraus, doch viel lieber im eigenen Strohballenhaus als im DDR-Plattenbau leben zu wollen. „Aber die Platte kann ein Anfang sein.“ Ökologischem Denken widerspreche sie nicht einmal. „Energetisch gesehen ist der Abriss viel schlimmer als dort zu wohnen. Es muss auch nichts gebaut werden. Alles ist da. Es ist nur die Aufgabe, etwas daraus zu machen.“

Seine Mitbewohner kennenlernen

Öko im Plattenbau? Für die „Herzensgemeinschaft“ ist das kein Widerspruch. Zumal es eben nicht nur um den grünen Daumen geht. Klar. Seifert und Co. können sich unter anderem vorstellen, Gemeinschaftsgärten zu gestalten. „Platz ist genügend da.“ Viel mehr sind sie aber daran interessiert, eine für jüngere Leute interessante Alternative zu entwickeln. Eine, in der Kommunikation eine große Rolle spielt. „Wir können über Ozeane fliegen. Aber miteinander reden fällt in der klassischen Wohnform schwer“, hat Blanca de Rojas festgestellt. Sie lebt seit Jahren in einer WG. Das Ökodorf könnte für sie das i-Tüpfelchen werden. „Das ist was länger Angelegtes, ohne ständigen Wechsel der Mitbewohner.“

Seit mehr als 40 Jahren ist die Städtebauförderung ein Gemeinschaftsprojekt von Bund, Ländern und Kommunen. Bundesweit gibt es gut 1 800 Fördergebiete. Doch zu wenig Bürger wissen das. Deshalb wurde der Tag der Städtebauförderung ins Lebens gerufen. Mehr als 500 Orte machen mit.

Im Nordpark in Wolfen-Nord gab es neben der Präsentation des Ökodorfs eine Graffitiaktion und die Schau zu 50 Jahre Wolfen-Nord. In der Bitterfelder „Grünen Lunge“ stellten Gymnasiasten Ideen zur Entwicklung des Areals vor. (ur)

Ein Plattenbau als erster Baustein

Auch Stephanie Petzold bricht eine Lanze für das Projekt. „Ich will das mit aufbauen und kann mir vorstellen, hier mal zu leben.“ Noch sei das aber Zukunftsmusik. „Ich studiere, will die Welt entdecken. Hierher zurückkommen ist aber denkbar“, sagt die Wolfenerin.

Ein Plattenbau als erster Baustein des Ökodorfs ist so schlecht nicht. „Wir können praktisch sofort einziehen“, geht Paul Seifert in die Offensive. Ideen hat er. Statt üblicher Balkone sollte die Platte Laubengänge haben. „Du triffst immer irgendwelche Mitbewohner. Das ist Gemeinschaftsleben.“ Allerdings ist das erst einmal seine Vorstellung. „Wir werden darüber ganz sicher im Plenum beraten.“

Verjüngungskur in Wolfen-Nord

Fest steht jedoch, dass das Ökodorf Wolfen-Nord verändern würde. Seit Jahren steigt der Altersdurchschnitt im Plattenbauquartier an. Das andere Wohnen am Rand der Stadt und die neuen Siedler würden der Gegenpol sein. (mz)