Spediteure Spediteure: Tatort Rastplatz: Keine Chance gegen Planenschlitzer
Köckern/Bitterfeld/MZ. - So schnell und unerwartet wie sie auftauchen, sind sie auch wieder weg - die Planenschlitzer von der Autobahn. Ob auf Parkplätzen oder Tank- und Rastanlagen - die Täter nutzen die vorgeschriebenen Ruhezeiten der Lkw-Fahrer schamlos aus und schlitzen im Schutz der Dunkelheit mit Messern die Planen der abgestellten Fahrzeuge auf.
"Mit diesem Kontrollschnitt schauen sie, ob sich wertvolle Ware an Bord befindet", sagt die Sprecherin der Autobahnpolizei, Katrin Schild. Sowohl 2010 als auch 2011 habe man je zwölf Fälle auf dem 60 Kilometer langen Abschnitt der A 9 registriert. Und auch 2012 sei der Trend gleichbleibend gewesen.
Das ärgert besonders Torsten Sohr. "Unsere Fahrzeuge sind ja nicht nur hier, sondern bundesweit unterwegs", so der Leiter der Bitterfelder TMG-Spedition. Deutschland hat das dichteste Autobahnnetz der Welt. Knapp 13 000 Kilometer ziehen sich die Fernverkehrsstraßen durchs Land. "Die Täter haben also überall die Möglichkeit zuzuschlagen", meint Sohr.
"Allein im vergangenen Jahr hatten wir dadurch einen Schaden von 10 000 Euro." Zwar sei in keinem der Fälle die Fracht gestohlen worden, aber es sei zu Ausfällen im Frachtgeschäft gekommen. "Die Fahrzeugen müssen mit ihren kaputten Planen zurück in die Werkstatt und repariert werden, denn wir können es uns nicht leisten, dass die Ware vielleicht auch noch Wind und Wetter ausgesetzt ist. Doch wenn die Lkw nicht rollen, verdienen wir auch kein Geld."
Während der Tatort Rastplatz für Spediteure mittlerweile einem Albtraum gleicht, ist er ein Paradies für Diebe. Flachbildschirme, Computer oder Mobilfunkgeräte - auf der Jagd nach dem schnellen Geld kennen die Planenschlitzer keine Skrupel. Allerdings fehlt der Polizei bislang jeglicher Hinweis auf die Täter - und mögliche Hintermänner. "Es handelt sich hierbei aber um organisierte Kriminalität", sagt Doreen Wendland von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost.
Den Banden auf die Schliche zu kommen, sei allerdings schwierig. Zum einen agieren sie sehr vorsichtig und spähen die Rastplätze zunächst aus, um nicht überrascht zu werden. Zum anderen bemerkten die Kraftfahrer die in der Nacht an den Fahrzeugen entstandenen Schäden erst am Morgen - oder im schlechtesten Fall erst einige hundert Kilometer später. Da sind die Parkplatz-Piraten aber bereits über alle Berge.
Und die Firmen bleiben - wie im Fall der TMG-Spedition - auf ihrem Schaden sitzen. Doch, was können sie gegen die dreisten Diebe machen? "Das ist schwierig", meint Sohr. "Es geht ja nicht nur um die Sicherheit der Ladung, sondern vor allem auch um die Sicherheit meiner Fahrer." Also sei es ratsam, sich nicht irgendwo alleine hinzustellen. "Doch das ist manchmal leichter gesagt als getan."
Denn durch das Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen quellen die Rasthöfe auf den Autobahnen über. Da habe man manchmal nicht die Wahl und müsse von der Autobahn abfahren. "Eine gefährliche Situation", sagt Sohr, der schon von Fällen gehört hat, wo anschließend ganze Wagenladungen "ihren Besitzer gewechselt" haben.
Das ist nicht nur ein deutsches Problem. Nach einer Studie des EU-Parlaments werden auf Europas Fernstraßen jährlich fast 60 000 Lastkraftwagen beklaut. Geschätzter Schaden: mehr als acht Milliarden Euro. Das hat auch die Autobahnpolizei wachgerüttelt. Und so verteilt man den Faltzettel "Planenschlitzer" auf den sechs Parkplätzen im Abschnitt und der Raststätte Köckern. Der ist fünfsprachig, denn Sachsen-Anhalt ist für Lkw-Fahrer - und hoffentlich auch für Planenschlitzer - ein Transitland.