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Schachstadt Zörbig Schachstadt Zörbig: Großmeister tritt in Löberitz gegen Ex-Weltmeister an

Von Ulf Rostalsky 02.12.2019, 13:21
Konzentration ist alles: Ex-Amateurweltmeister Gerhard Köhler (l.) und Großmeister Robert Hübner spielen am Tisch der Olympiade von 1960.
Konzentration ist alles: Ex-Amateurweltmeister Gerhard Köhler (l.) und Großmeister Robert Hübner spielen am Tisch der Olympiade von 1960. André Kehrer

Löberitz - Großer Bahnhof in Löberitz. Das Dorf, in dem Andreas Daus Ortsbürgermeister und Präsident der Schachgemeinschaft ist und wo Konrad Reiß die Fäden im Schachmuseum zusammenhält, rollte den roten Teppich für einen ganz Großen aus. Für Robert Hübner. Den promovierten Altertumswissenschaftler aus Köln, der Großmeister im Schach ist und über Jahrzehnte zur Weltspitze in seinem Sport gehörte.

In Spitzenzeiten wurde der Rheinländer auf Platz 3 der Weltrangliste geführt. Er saß Titelträgern wie Tigran Petrosjan oder Viktor Kortschnoi am Brett gegenüber. Das wissen sie in Löberitz, wo Hübner im Schachmuseum eine eigene Vitrine hat. Groß reden will der Meister darüber nicht.

Auch sonst ist er wortkarg. Er spielt Schach. Nicht mehr und auch nicht weniger. Und er liebt es genau. Das ist die Lektion, die die Löberitzer und Zörbigs Bürgermeister Matthias Egert (CDU) bekommen. Denn einfach so einen vorgefertigten Text im Goldenen Buch der Stadt unterschreiben ist nicht. Der Meister liest, stutzt, streicht. Erst dann setzt er die Unterschrift. Geboren in Köln und nicht im Stadtteil Porz. Und erst recht kein Buch im Selbstverlag herausgegeben. Die Änderungen machen nun auch die Seiten im Buch der Stadt zu ganz besonderen.

Gerhard Köhler sieht die künstliche Intelligenz immer weiter auf dem Vormarsch

Gerhard Köhler nimmt den Zwischenfall mit Gelassenheit zur Kenntnis. Jeder Mensch und auch jeder Schachspieler ticke eben anders, meint der Mann, der es im Jahr 2016 zum Amateur-Weltmeister brachte und in Löberitz eine Partie Blitzschach gegen Hübner spielte. Es war das Duell zweier Könige. Und wie so oft war Hübner am Brett nicht zu schlagen.

Das Ergebnis rückte indes schnell in den Hintergrund. Es ging um mehr. Um Leidenschaft für den königlichen Sport, die Köhler möglichst weit verbreiten möchte. Er ist Präsident des Vereins „Kinderschach in Deutschland“, geschäftsführender Gesellschafter der Schachstiftung GK und wie Robert Hübner ein genauer Beobachter.

Köhler sieht die künstliche Intelligenz immer weiter auf dem Vormarsch. Kein Problem. „Aber wir brauchen auch die natürliche, die menschliche Intelligenz“, sagt der Mann und verfolgt eine Vision. Alle Kinder ab einem Alter von vier Jahren sollen Zugang zum Schach haben. Es geht um Chancengleichheit, Teilhabe, die Förderung des analytischen und logischen Denkens, aber keinesfalls allein um die großen Talente.

Bürgermeister Matthias Egert kann sich an den Beinamen Schachstadt Zörbig gewöhnen

„Bauer oder König. Alle Figuren sind im Schach wichtig“, stellt das Löberitzer Schach-Urgestein Konrad Reiß klar. Wie sie zum Einsatz kommen, ist freilich die große Kunst. Das sollen bald viele Mädchen und Jungen aus der Einheitsgemeinde Zörbig lernen. Schachstadt Zörbig?

Bürgermeister Matthias Egert kann sich an den Beinamen gewöhnen. Selbst hat er einst Schach gespielt, war „eher Bauer unter Königen“. Kinderschach-Präsident Gerhard Köhler erfreut der Rathauschef mit der Zusage, alle Schulen und Kitas für das königliche Spiel zu öffnen.

Großmeister Robert Hübner schaut sich in der Zwischenzeit im Museum um. Nimmt am Originalspieltisch der Schacholympiade von 1960 Platz und hat ein Auge für die gesammelten Spiele, von denen manche aus Asien kommen. „Schön. Aber komplett falsch aufgestellt.“ Genau muss es schon sein. (mz)