Samtpfötchen als pädagogische Hilfe
Woltersdorf/MZ. - Drei Jungen und ein Mädchen im Alter von zehn bis 17 Jahren wohnen derzeit auf dem Bauernhof. Es sind junge Menschen mit schweren psychosozialen Problemen. "Solche Kinder verweigern sich, laufen immer wieder weg, leben auf der Straße", erklärt Eva Kramer, Leiterin des Salus-Kinder- und Jugendheimes "Adolf Reichwein" in Pretzsch. Oftmals seien auch Suchtmittel im Spiel. "Wenn alle anderen Maßnahmen der Jugendhilfe versagt haben, kann das Familiengericht die geschlossene Unterbringung in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie anordnen. Dieses Wohnangebot soll eine Alternative dazu sein."
Zwei Doppel- und zwei Einzelzimmer wurden im Obergeschoss des Wohnhauses eingerichtet, so dass Platz für sechs Bewohner ist. "Es ist gut, dass die Gruppe nicht größer ist", sagt die Teamleiterin Dörte Brandauer. Jeweils zwei der sechs Betreuer sind immer da, so dass eine richtig familiäre Atmosphäre herrscht. Es gibt einen festen Tagesablauf und feste Aufgaben, wozu sämtliche Hausarbeiten gehören. So lernen auch die Jungen den Waschautomaten bedienen, bügeln, putzen, kochen. Darüber hinaus legen vor allem Markus und Thomas Hand an bei der Gestaltung des Hauses: Malern, Pflanzen, Pflastern - viel haben sie schon geschafft. Für die 17-jährigen ist das zugleich eine Art Vorbereitung auf den Einstieg in eine Lehre. Die beiden jüngeren Bewohner gehen noch in die Schule.
Weil sie auf einen Landhof gehören, sollen zum Kater und zu den Hühnern weitere Haustiere hinzu kommen. "Einen Hund möchten die Jungs haben", erzählt Dorit Brandauer. "Aber wir müssen sie sehr sorgfältig heranführen, sie müssen sich bewusst werden, was für eine große Verantwortung das ist." Beim wöchentlichen Besuch im Tierheim sollen sie sich über die Hundehaltung informieren.
Die Abgeschiedenheit ist natürlich gewollt. Die Kinder und Jugendlichen sollen raus aus ihrem Umfeld, weg von Versuchungen und zweifelhaftem Gruppenzwang. Gleichwohl werden, so erklärt die Teamleiterin, auch in der Landidylle unter Hinzuziehung psychologischer Fachkräfte bestimmte Verhaltensweisen trainiert, die einem erneuten Abrutschen vorbeugen. Dazu kommt, dass die Rückkehr ins pralle Leben nicht wie der Sprung ins kalte Wasser sein, sondern durch weitere Hilfeangebote, zum Beispiel betreutes Wohnen, vorbereitet werden soll.
Der Bülziger Bürgermeister Hans-Helmar Mordelt (CDU) betrachtet die Entwicklungen auf dem Jugend-Landhof mit Wohlwollen und lobt die Zusammenarbeit mit der Salus. "Die Vertreter waren rechtzeitig im Gemeinderat und haben informiert, was sie vorhaben", berichtete er am Freitag bei der Eröffnung, zu der auch der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Scheurell gekommen war. "Wenn man als Gemeinderat dazu eindeutig Stellung bezieht", so der Bürgermeister, "kommt es nicht dazu, dass im Dorf dummes Zeug erzählt wird." Ziel sei es, den Landhof in das Gemeindeleben einzubinden. "Wir wollen ihn nicht isoliert lassen."