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Rühlmann-Orgel in Stumsdorf Rühlmann-Orgel in Stumsdorf: Die Königin ist wieder fit

Von michael maul 27.09.2013, 20:10
Orgelbaumeister Andreas Lindner setzt die letzten Pfeifen in die sanierte Stumsdorfer Orgel ein.
Orgelbaumeister Andreas Lindner setzt die letzten Pfeifen in die sanierte Stumsdorfer Orgel ein. andré kehrer Lizenz

stumsdorf/MZ - Andreas Lindner und Matthias Sandig sind guter Hoffnung. Die beiden Mitarbeiter der Orgelbauwerkstatt Rühle aus Moritzburg bauen die letzten Pfeifen in die restaurierte Rühlmann-Orgel der Stumsdorfer Kirche ein, damit an diesem Sonntag um 17 Uhr Kantor Matthias Visarius wieder alle Register der Orgel und seines Könnens ziehen kann.

Die beiden Spezialisten haben sich mächtig ins Zeug gelegt, damit anlässlich des 125. Geburtstages der Orgel am Sonntag alles in Ordnung ist. „Alle etwa 900 Pfeifen der dreimanualigen Orgel wurden ausgebaut, gereinigt, bei Bedarf repariert und wieder eingebaut“, beschreibt Orgelbauer Matthias Sandig die Puzzlearbeit. Problematisch seien dabei vor allem die Leitungen sowie die Lederbälge gewesen, die die Luft in die Pfeifen bringen oder stoppen, ergänzt sein Kollege, der Orgelbaumeister Andreas Lindner. Der Zahn der Zeit und auch Ungeziefer hätten gerade den kleinen Lederteilen arg zugesetzt. „Das ist keine Arbeit wie an einem Fließband“, wissen die beiden Männer. „Jede Orgel ist etwas anders aufgebaut und jede hat auch andere Wehwehchen.“

Königin der Instrumente

Rühlmann habe im Gegensatz zu Silbermann vieles schon maschinell gebaut und auch viel Metall verwendet, erklären die Männer. Dementsprechend kompliziert und langwierig gestalte sich dann auch die Restaurierung dieser Königin der Instrumente. Auf alle Fälle müsse man, egal ob Silbermann- oder Rühlmann-Orgel, so etwas wie ein Feinmechaniker, Holzspezialist oder Allround-Techniker zusammen sein.

Die großen und kleinen Pfeifen an der Vorderseite des Instrumentes bilden den Prospekt. Sie wurden an der Stumsdorfer Orgel komplett erneuert, da sie in Kriegszeiten durch Zink-Pfeifen ersetzt worden waren. „Das ist so etwas wie eine Dachrinne“, sagen die Männer lachend. „Material war damals schon knapp und alles, was für die Kriegsproduktion gebraucht wurde, haben die Mächtigen abgebaut oder ersetzt“, wissen die Handwerker. Jetzt werden sie komplett durch Zinn-Blei-Pfeifen ersetzt, die der Orgel an sich einen warmen und gleichmäßigen Ton verleihen, erklärt Sandig. Doch nicht nur die Pfeifen haben die Orgelbauer unter die Lupe genommen und repariert. Auch die gesamte Mechanik und die Windanlage mit den zwei Bälgen wurde kontrolliert und repariert.

Herman Linge hilft wo der kann

Ein Mann, der sich schon vor der Sanierung des großen Instrumentes viele Jahre engagiert hat, ist Hermann Linge aus Stumsdorf. „Wie der Mensch, so braucht auch eine Orgel Luft zum Leben und Spielen“, sagt der Mann, der bereits über 50 Jahre im Gemeindekirchenrat arbeitet. Und da niemand mehr den großen Blasebalg treten kann, übernimmt die Luftzufuhr ein Motor. Dieses Aggregat hat in der Stumsdorfer Kirche eine lange Geschichte. Hermann Linge, ein gelernter Drehermeister, der schon bei der Reparatur der Kirchenglocke und der Uhr sein handwerkliches Können unter Beweis gestellt hat, konnte das Gebläse mit Motor 40 Jahre lang erhalten, bis es jetzt bei der Sanierung durch ein neues Aggregat ersetzt wurde. „40 Jahre lang hat er aber durch Umbauten und Reparaturen dazu beigetragen, dass noch einigermaßen Luft zur Orgel kam“, sagt Gemeindekirchenrat Dieter Heck. „Er ist der Mann für das Technische und mit den goldenen Händen.“

Hermann Linge hat sowohl den Motor als auch das Gebläse gewartet.
Hermann Linge hat sowohl den Motor als auch das Gebläse gewartet.
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