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Rückkehr nach Restaurierung Rückkehr nach Restaurierung: Blüthner-Flügel ist wieder in Bitterfelder Anhaltschule

Von Silke Ungefroren 08.12.2015, 10:00
Der Flügel erstrahlt von außen und von innen in neuem Glanz. Alles wurde umfassend repariert und restauriert und mit neuer Farbe versehen: ein Meisterwerk eben.
Der Flügel erstrahlt von außen und von innen in neuem Glanz. Alles wurde umfassend repariert und restauriert und mit neuer Farbe versehen: ein Meisterwerk eben. André kehrer Lizenz

Bitterfeld - Gerd Heßler hat schon alles vorbereitet. Der Hausmeister der Bitterfelder Anhaltschule wartet auf einen Transporter. Mit dem soll der Blüthner-Flügel, der seit einigen Jahren seinen festen Platz in der Aula der Grundschule hat, nach fast einem Jahr zurückkehren. So lange war das namhafte Instrument, das Anfang des 20. Jahrhunderts in dem renommierten und 1853 gegründeten Blüthner-Unternehmen gebaut wurde, unterwegs. In der Werkstatt von Klavierbaumeister Stefan Kratzsch in Markkleeberg ist der Flügel einer umfassenden Sanierung unterzogen worden. Seit gestern Nachmittag nun ist er wieder zu Hause.

Hausmeister Heßler hat die Stühle in der Aula beiseite geräumt, damit die Transporteure genug Platz haben. Er kann sich noch gut daran erinnern, als der alte Flügel Anfang des Jahres abgeholt wurde. Auch damals hat er alles koordiniert und mit angepackt.

Dann sind sie da - die Männer von der Firma Piano-Transporte, die ihren Sitz in Oschersleben an der Bode hat. Sie inspizieren die Räumlichkeiten, schauen sich die Eingänge an. „Das kriegen wir hin, kein Problem“, sagt einer von ihnen. Zuerst kommen die „Kleinteile“ ins Haus. Die drei Beine des Flügels, das Gestell mit den Pedalen und die Rollen, auf denen das Instrument später unkompliziert hin und her geschoben werden kann. Dann ist es soweit: Der große Flügelkörper muss vom Transporter heraus und in die Schule gebracht werden.

Nach der Schließung der Bitterfelder Comeniusschule, wo sich der Blüthner-Flügel bis dahin befand, kam er 2010 in die Anhaltschule und wurde dort auch rege genutzt. Doch dass der Zahn der Zeit an dem wertvollen Stück genagt hatte, war bald nicht mehr zu überhören. Anfang Januar erlebte das schätzungsweise knapp 110 Jahre alte Instrument sein vorerst letztes Konzert, bevor es seine Reise in Richtung Markkleeberg in die Werkstatt von Klavierbaumeister Stefan Kratzsch führte. Dort wurde der Blüthner-Flügel in aufwendiger Arbeit und mit viel Liebe zum Detail restauriert.

Finanziert wird die Restaurierung, die gute 10.000 Euro kostet, über eine Spendenaktion - vor drei Jahren ins Leben gerufen von den Fördervereinen der Musikschule „Gottfried Kirchhoff “ und der Anhaltschule. Beide Einrichtungen realisieren seit Jahren viele Musizier-Projekte gemeinsam. So konnten für die 88 Tasten des Klaviers für je 88 Euro Paten gewonnen werden. Auch andere Spenden sind geflossen.

Ein festliches Konzert zur Flügelweihe ist für Januar nächsten Jahres geplant.  

Für Frank Müller, Henning Wollrab und Michael Pieper nichts Besonderes. Sie sind gewissermaßen immer unterwegs und täglich mit solchen Aufgaben betraut. „Vor allem im Raum um Leipzig und Halle“, sagt Michael Pieper. Sie bringen neue Instrumente aus den Klavierhäusern zu ihren neuen Besitzern, fahren Klaviere zu Konzerten und wieder zurück oder auch Leihinstrumente aus. Da sitzen die Handgriffe, weiß jeder, was zu tun ist, wo er anpacken muss. Allerdings: „Reine Muskelkraft reicht da nicht“, betont Henning Wollrab. „Wichtig ist auch die richtige Technik.“ Und flugs schaffen die drei jungen Leute den Flügel, an dem ein Schiebebrett befestigt ist, mit dem Rollwagen ins Schulhaus. Das besagte Brett hilft dabei, die Treppenstufen zu überwinden. Und es dauert nicht lange, da steht der Blüthner wieder an seinem alten Platz. Doch halt - noch nicht ganz. Die Beine müssen noch dran. Als zwei angeschraubt sind, hilft ein selbstgebauter Wagenheber, auch das dritte zu befestigen. Es folgen die Pedalen und erwähnte Rollen, die die Beweglichkeit besser gewährleisten sollen. Geschafft!

Doch ehe das gute Stück mit seiner Plane abgedeckt und damit geschützt wird, gibt es für Hausmeister Heßler und neugierige Gäste noch den ersehnten Blick in das Innenleben des Flügels. Aahh, oohh! Die Begeisterung ist berechtigt. Denn natürlich erstrahlt der Flügel nicht nur von außen in neuem Glanz. Damit er wieder hell und sauber klingt, musste vor allem sein Innenleben komplett restauriert werden. Wie mühevoll das ist, davon konnten sich die Leiterinnen der Bitterfelder Musikschule und der Anhaltschule sowie drei Klavierlehrer im Sommer bei einem Besuch in der Markkleeberger Werkstatt überzeugen. Das Team dort hat ganze Arbeit geleistet.

Für Hausmeister Gerd Heßler ist der Arbeitstag nun beendet. Er bringt alles in Ordnung und schließt die Türen der schon weihnachtlich geschmückten Aula zu. Und er freut sich schon auf die überraschten und bewundernden Blicke, die es heute sicher zuhauf für den guten alten Blüthner geben wird. (mz)

Für die versierten jungen Männer von der Firma Piano-Transporte fast schon Routine:
Für die versierten jungen Männer von der Firma Piano-Transporte fast schon Routine:
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Mit gekonnten Griffen und Techniken haben sie den Flügel innerhalb kurzer Zeit aus dem Transporter ins Schulhaus und über eine Treppe bis zu seinem angestammten Platz in der Aula gebracht.
Mit gekonnten Griffen und Techniken haben sie den Flügel innerhalb kurzer Zeit aus dem Transporter ins Schulhaus und über eine Treppe bis zu seinem angestammten Platz in der Aula gebracht.
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Alles gut gegangen!
Alles gut gegangen!
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