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Rheinländer entdeckt die «Vineta»

Von Silke Ungefroren 19.02.2007, 18:20

Bitterfeld/MZ. - Mit "Erft" nämlich ist nichts anderes gemeint als der ehemalige Rheindampfer, der seit September als MS "Vineta" auf der Goitzsche verkehrt. Eigentümer und Betreiber des Schiffes, das in seiner früheren Heimat nach dem dortigen Fluss Erft benannt war, ist nun die Vetter-Touristik Reiseverkehrsgesellschaft mbH (die MZ berichtete).

Für die Bewohner des Rhein-Kreises Neuss und Umgebung war bis dato offenbar nicht bekannt, wohin es die ehemalige "Erft" verschlagen hat. Zu verdanken haben sie ihre Aufklärung nun einem ihrer Landsmänner, der die "Vineta" auf dem Goitzsche-See entdeckt und die Botschaft mit nach Hause genommen hat. Und das kam so:

Verwandtschaft hier

Dietmar Hering, dessen Familie eigentlich aus Niederschlesien stammt, lebt seit vielen Jahren in Jüchen im Rhein-Kreis Neuss. Die Vertreibung aus ihrer Heimat nach dem zweiten Weltkrieg hat die Familie in ganz verschiedene Gegenden Deutschlands verschlagen. Und im Osten des Landes hat Dietmar Hering seitdem unter anderem auch in Bitterfeld Verwandtschaft. "Dort hin bestand schon zu DDR-Zeiten ein sehr guter Kontakt", erzählt er der MZ. "Doch eben nur in schriftlicher Form." Seit 1946 nicht mehr gesehen, zog es ihn und seine Frau Käthe nach dem Mauerfall sofort hin zu seinen Verwandten. "Nach der Wende sind wir sie direkt besuchen gegangen, um die Familienbande gewissermaßen neu zu knüpfen", erklärt der 63-Jährige weiter.

Auf Anhieb verstanden

Bei Horst Poethe aber - ein Cousin von Herings Mutter - sei es so gewesen, als hätten sie sich gerade am Montag das letzte Mal gesehen. Man habe sich auf Anhieb prima verstanden. "Und seitdem kommen wir regelmäßig nach Bitterfeld", sagt Hering. Doch nicht nur das.

Mit Poethe und dessen Lebensgefährtin Sieglinde Goldschmidt haben die Rheinländer auch schon viele andere Gegenden im Osten des Landes kennen gelernt. Nicht nur von Sachsen-Anhalt, sondern ebenso von Sachsen und Thüringen sind die Jüchener begeistert.

Sie waren in Wittenberg und in Eisleben, sie kennen das Bodetal und die Festung Königstein, besuchten das Rosarium in Sangerhausen und das Vogtland.

"Und ich fühle mich dort überall ganz gut zu Hause", sagt Dietmar Hering überzeugend in seinem Kölner Dialekt. Natürlich verfolgten sie bei ihren Besuchen besonders die Entwicklung in der Bitterfelder Region, bestaunten die Sehenswürdigkeiten in und an der Goitzsche und dem gleichnamigen See. Ja, und als nun im vorigen Jahr bekannt wurde, dass hier bald ein Rheindampfer schippern wird, wurde Horst Poethe hellhörig bei dem Namen "Erft". Schließlich wusste er: Der Dietmar, der wohnt doch nahe diesem Fluss. Und die Jüchener ließen sich auch nicht lange bitten, kamen nach Bitterfeld und schauten sich "ihre Erft" an.

Mediterran anmutend

Sie waren davon so begeistert, dass sie das zu Hause unbedingt vielen mitteilen wollten. "In drei Zeitungen wurde darüber berichtet", sagt Dietmar Hering stolz. Und stolz machen kann es die hiesigen Bewohner, wie dort darüber berichtet wurde: "Ein ehemaliges Baggerloch bei Bitterfeld" und "attraktives Naherholungsgebiet" heißt es da.

Von mehreren Badestränden "an der mediterran anmutenden Uferzone" ist die Rede, vom Pegelturm an der Promenade und einer "wunderschön restaurierten Villa am Bernsteinsee". Und die Rheinländer erfuhren nun auch davon, dass die "Erft" Mitte August 2006 ihre große Tour ab Düsseldorf in Richtung Sachsen-Anhalt antrat - vom Rhein über Weser und Mittellandkanal schließlich in die Elbe bis nach Aken. In der dortigen Werft wurde das 1962 in Köln gebaute Schiff durchgecheckt und in Schuss gebracht, um am 9. September per Schwerlasttransport zum Bitterfelder Stadthafen gefahren zu werden. Dort erreichte es mit dem Goitzsche-See wieder sein gewohntes Element.

Nachdem sich Hunderte MZ-Leser an der Namenssuche für das Schiff beteiligt hatten, wurde am 16. September die feierliche Taufe auf MS "Vineta" vollzogen. Seitdem lädt das Schiff zu einer Rundfahrt mit der Vetter-Touristik ein.

Kalender als Geschenk

Birgit Vetter als deren Geschäftsführerin wusste lange nichts von den "Vorgängen" in den Rheinischen Zeitungen - bis Familie Poethe vor ihrer Tür stand. Nicht nur mit den entsprechenden Berichten, sondern auch einem großen Schiffs-Kalender, den Dietmar Fischer dem Unternehmen als Geschenk zugedacht hatte. Und der hat mittlerweile auch schon einen würdigen Platz auf der "Vineta" gefunden. "Wir haben uns sehr gefreut, dass nicht nur die Vineta, sondern auch Bitterfeld und die ganze Region so viel Aufmerksamkeit im Rheinland gefunden haben", sagte Birgit Vetter in einem Gespräch mit der MZ und freut sich, dass nun auch die MZ-Leser davon erfahren.