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Raritäten des Ost-Fußballs Raritäten des Ost-Fußballs: Ex-Kicker Uwe Sturm aus Gossa hat ein privates Fußball-Museum

Von Andreas Behling 17.11.2018, 11:00
Uwe Sturm (M.) zeigt den Fußballlegenden Manfred Walter (l.) und Joachim Fritzsche sein Museum.
Uwe Sturm (M.) zeigt den Fußballlegenden Manfred Walter (l.) und Joachim Fritzsche sein Museum. Sturm

Gossa - In 20 Jahren hat Fußballfreak Uwe Sturm aus Gossa praktisch alles zusammengetragen, was man über Fußball im deutschen Osten berichten kann. Sein kleines und ganz privates DDR-Fußballmuseum, das er 1998 gründete, ist voller Geschichten. Im Sommer soll es umziehen.

„Mann, bin ich froh!“ Uwe Sturm ist erleichtert. Der Bauantrag ist kürzlich genehmigt worden. Damit können die vielen wertvollen Exponate, die Sturm zusammengetragen hat, in direkter Nachbarschaft zu seinem Wohnhaus gezeigt werden. „Das macht es logistisch etwas einfacher. An der Stelle habe ich alles um mich und im Blick und kann jederzeit reagieren.“

Im Neubau soll die Sammlung mehr Struktur erhalten. Sturm schwebt eine Ordnung nach Themengebieten vor: Die Olympiade 1976 in Montreal, die WM-Teilnahme zwei Jahre zuvor, die Kollektion an seltenen Miniaturbällen - all des sind Bereiche, die ein separates Schlaglicht verdienen. Zusätzliche Regale werden helfen, die Stücke für die Besucher ansprechend zu präsentieren.

Sturms Bekanntheitsgrad in der Szene hilft, Türen zu öffnen

Erweitern will er auch die Riege der Schaufensterpuppen, die in aktionsbetonter Pose historische Sportkleidung tragen. „Es muss ja nicht gleich eine komplette Mannschaft sein“, lacht Sturm. Er spricht von einer Mammut-Aufgabe, der er sich zu widmen hat. „Manches Teil werde ich wohl aussortieren. Ich möchte mich wirklich auf seltene Stücke konzentrieren.“

An denen besteht kein Mangel. Sturms Bekanntheitsgrad in der Szene hilft, Türen zu öffnen. Martin Hoffmann, einst pfeilschneller Stürmer beim 1. FC Magdeburg, gab ihm Mitte Oktober nach einem Besuch in Gommern zwei Ehrenteller und einen Mini-Ball mit. „Er hat mir für einen Moment auch die olympische Goldmedaille um den Hals gelegt. Das war historisch“, erzählt der Gossaer.

Dort schauten der gebürtige Delitzscher Joachim Fritsche (67), der von 1973 bis 1977 in der Nationalmannschaft der DDR kickte, und Manfred Walter (81), eine der Legenden der BSG Chemie Leipzig, kürzlich persönlich vorbei. Von ihnen nahm der „Museums-Chef“ ein Trikot und eine Erinnerungsplakette in Empfang. Uwe Sturm wird nicht müde, die Sammlung stetig zu bereichern. Da ist eine Trainingsjacke aus der zweiten Hälfte der 1950-er Jahre.

Nicht zu träumen wagte Sturm von einer zweiten Berufung in die DDR-Traditionsnationalmannschaft

„Die hat vielleicht ein paar kleine Mottenlöcher. Aber ich habe das Teil seit Jahren gesucht.“ Da ist ein Bäumchen, an dem kleine Krüge mit dem Emblem des BFC Dynamo baumeln. Die Konstruktion ist ähnlich verblüffend wie die bauchige Bowle-Schüssel, die Schlussmann Bodo Rudwaleit von seinen BFC-Kollegen zum Geburtstag verehrt wurde.

Und da ist eine stattliche Stadionfahne des Deutschen Fußball-Verbands der DDR, akkurat verarbeitet, völlig fleckenfrei. „Die wurde nur ein einziges Mal benutzt“, sagt der Experte für derlei Devotionalien beim vorsichtigen Ausbreiten der Stoffbahn. Aktuell fahndet er intensiv nach den Trikots von Energie Cottbus und Wismut Gera, die den Vereinsschriftzug über der Brust tragen.

Nicht zu träumen wagte Sturm von einer zweiten Berufung in die DDR-Traditionsnationalmannschaft. Und doch ist genau das passiert. Anfang August durfte er wieder die Sporttasche packen und in die Oberlausitz reisen. Anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums traten die Alten Herren des 1. Rothenburger SV gegen Ronald Kreer, Dirk Stahmann, Hartmut Schade und Co. an. Die Wiederholung - ein zweiter Moment für die Ewigkeit - war nicht weniger „total genial“. Vor mehr als 1.000 Zuschauern habe man sich wirklich fühlen dürfen „wie ein kleiner Star“. Indes, das kreidet sich der gebürtige Möhlauer mit einem Schmunzeln an, sei ihm abermals nur beinahe ein Tor geglückt.

Traditionsvereine bitten Uwe Sturm immer wieder um Unterstützung

Welche Schätze er hütet, hat sich herumgesprochen. Riesig gefreut hat ihn das Interesse von Hertha BSC im Sommer 2017. Als der traditionsreiche Verein seinen 125. Geburtstag feierte, spielten im Ephraim Palais unter der Überschrift „Hauptstadtfußball“ auch die Rivalen der Hertha eine Rolle.

Und da konnte „Sturmi“ mit einigen Exponaten zum Beispiel die Geschichte von Union Berlin und dem BFC Dynamo illustrieren. „Vorher schickten sie zwei Leute zu mir, die schauten, was sie zeigen können. Was sich dann in der Sonderausstellung im Stadtmuseum an Prominenz blicken ließ, war der Oberhammer und saugeil“, freut sich der 44-Jährige, der bei der Gelegenheit mit Hertha-Manager Michael Preetz ins Gespräch kam.

Unlängst nach Leipzig verliehen hat er ein Jersey, das Hans-Jörg Leitzke für den 1. FC Lok am 13. Mai 1987 im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen Ajax Amsterdam trug. Es ist eine Unterstützung, die er gern gewährt. „Aber eigentlich“, gibt er zu, „habe ich die Sachen lieber hier bei mir.“ Im nächsten Jahr dann zu bewundern in beleuchteten Vitrinen und in einer Schau, die das Magazin „11 Freunde“ als „begehbares Gedächtnis des DDR-Fußballs“ bezeichnete. (mz)

Besichtigung nach vorheriger Absprache, Anmeldung unter ddr-fussball-museum.de.tl