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Q-Cells Q-Cells: «Alle warten, was nun kommt»

27.04.2012, 18:17

Thalheim/MZ. - Kurzzeitig war es ruhig um Q-Cells geworden, auch die Produktion im insolventen Unternehmen erlag. Nun schöpft es Hoffnung: Der Solarmodulhersteller soll verkauft werden. MZ-Redakteurin Lisa Garn hat den Betriebsratsvorsitzenden Uwe Schmorl zur Stimmung im Thalheimer Betrieb mit 1 200 Mitarbeitern, Fehlersuche und Marktfähigkeit von Q-Cells befragt.

Bei Q-Cells lag die Produktion still. Springen Zulieferer und Kunden langsam ab?

Schmorl: Wir haben uns vor Ostern gefragt, ob wir überhaupt genug Aufträge oder Material haben. Man hat gemerkt, dass Lieferanten und Dienstleister vorsichtig werden. Das versetzt ein Unternehmen in eine Art Starre, deshalb haben wir über die Feiertage die Produktion ausgesetzt. Jetzt geht es in einem Vier-Schicht-Betrieb weiter.

Die Schockstarre ist also zunächst überwunden?

Schmorl: Wir haben ja Geld auf dem Konto, das wissen auch die Lieferanten. Die meisten sind mit im Boot, das liegt aus meiner Sicht daran, dass Q-Cells als fairer und ehrlicher Partner wahrgenommen wird.

Nun soll Q-Cells verkauft werden, das ist zumindest eine Variante. Gibt es einen Wunschkandidaten?

Schmorl: Es gibt interessierte Investoren. Wer in die engere Wahl kommt, ist Sache einer Agentur zusammen mit Vorstand und Insolvenzverwalter. Der Betriebsrat will ganz klar den Thalheimer Standort erhalten und mit ihm so viele Arbeitsplätze wie möglich. Wie der Weg dahin ist und ob sich Q-Cells auch aus eigener Kraft unter Einbeziehung der Gläubiger sanieren kann, das ist noch nicht klar.

Wird in diesem Prozess auch eine Fehleranalyse betrieben? Manche sagen ja, Q-Cells sei viel zu schnell gewachsen und hätte die Zeichen der Zeit nicht erkannt…

Schmorl: Wir wurden schnell groß, das ist kein Geheimnis. Und ein schnelles riesiges Wachstum stellt ein Unternehmen vor große Aufgaben, weil auch der Strukturaufbau Schritt halten muss.

Und: welche Entscheidungen waren falsch?

Schmorl: Einige kommen jetzt nach dem Motto: Haut euch mal in die Pfanne. Aber jeder Mensch, der viel macht, macht eben auch Fehler. Das ist im Fußball genauso. Sicherlich gab es auch falsche Entscheidungen, aber es bringt jetzt nichts, diesen oder jenen zu beschuldigen. Wir müssen jetzt genau analysieren und die Zukunft gestalten.

Was hätte denn besser laufen können?

Schmorl: Am einfachsten wäre es, auf China zu schimpfen oder auf das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main, das uns die Restrukturierung verbaut hat. Wichtig ist aber: Wir sind marktfähig, haben sehr gute Produkte und eine klasse Mannschaft. Das gibt Zuversicht.

Ist Q-Cells tatsächlich marktfähig? Die Solarzellen-Produktion wandert immer mehr nach China ab.

Schmorl: Ja, aber letztlich zählt doch die Qualität und dass die Produkte ständig weiter entwickelt werden. Dafür haben wir hier die wichtigen Standbeine Forschung und Entwicklung.

Was halten Sie von Einfuhrbeschränkungen für ausländische Erzeugnisse? Die USA beispielsweise belegen chinesische Hersteller mit Strafzöllen, um sich gegen Preisdumping zu wehren.

Schmorl: Man müsste den europäischen Markt schützen: Warum sollen wir unsere Solarindustrie selbst kaputt machen, um dann andere Produkte kaufen zu müssen? In Deutschland gibt es in diesem Bereich rund 130 000 direkte Arbeitsplätze.

Nun sind die Meinungen zu Q-Cells geteilt: Manche kritisieren auch zu große Feste des Unternehmens als eine Art Überheblichkeit.

Schmorl: Ich kenne diese Kritik, auch im Betrieb wurde über diese Feste diskutiert. Sie waren ein Highlight für die Mitarbeiter, es gibt sogar eine Q-Cells-Band. Dass Außenstehende das anders wahrgenommen haben, ist vollkommen logisch. Die Frage, ob die Feiern nun zu groß waren oder nicht, sei mal dahin gestellt. Letztlich ging es darum, Mitarbeiter zu motivieren.

Wie ist denn momentan die Stimmung unter der Belegschaft?

Schmorl: Den Umständen entsprechend gut, aber angespannt: Das Unternehmen funktioniert, die Produktion läuft, Jeder macht seinen Job und alle warten, was nun kommt.

Die Zukunftssorgen sind sicher groß...

Schmorl: Klar, machen sich die Leute Gedanken. Aber die meisten wollen weiter mitziehen. Ein paar schauen sich auch anderweitig um, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Und wie gehen Sie mit der Situation um?

Schmorl: Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und komischerweise bin ich recht ruhig. Wir sind in eine Situation geraten, die wir nicht wollten. Aber sich zu verkriechen, hilft ja nichts. Ich brauche einen kühlen Kopf für das, was noch ansteht.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass das Unternehmen und die Arbeitsplätze erhalten bleiben?

Schmorl: Ich bin kein Freund von Versprechen, aber: Wir haben Chancen, weil Q-Cells als Standort mit allen dazu gehörenden Säulen gut dasteht und das Unternehmen intakt ist. Wir kennen das Ziel, nur den Weg dorthin noch nicht.