1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Partnerstädte: Partnerstädte: Das Millionengeschenk Wittens an Wolfen

Partnerstädte Partnerstädte: Das Millionengeschenk Wittens an Wolfen

Von Doreen Hoyer 29.12.2013, 16:15
Blick auf das Wittener Rathaus
Blick auf das Wittener Rathaus Jörg Fruck Lizenz

Wolfen/MZ - „Es war eine Selbstverständlichkeit, dass wir das Angebot von Wolfen annahmen“, erinnert sich Klaus Lohmann an das Jahr 1990. Der heute 77-Jährige war damals Bürgermeister der Stadt Witten im Ruhrgebiet. Wolfen fragte an, ob eine Städtepartnerschaft möglich sei und Witten stimmte kurzerhand zu. „Nach der Wende herrschte Euphorie bei uns und kurzentschlossen spendeten wir eine Million Mark für Wolfen“, erzählt Lohmann weiter. Das Geld sei als eine Art Bruderhilfe für die neuen Partner in der ehemaligen DDR gedacht gewesen.

Chemische Industrie und Bergbau - beides verbindet Bitterfeld-Wolfen und Witten miteinander. Das und Werner Rauball. Der ehemalige Bürgermeister von Bitterfeld kommt aus Witten. Dort war er ab 1977 beim städtischen Rechtsamt angestellt.

Witten ging es gut

1990 kam Rauball für einige Monate als Verwaltungshelfer nach Wolfen. „Der Liebe wegen bin ich ab 1992 geblieben“, erzählt er. In Wolfen lernte Rauball nämlich seine heutige Ehefrau kennen. „Ich habe gern in Witten gearbeitet. Die Menschen dort sind sehr offen und freundlich“, erinnert sich Rauball. Als er noch im Ruhrgebiet lebte, sei es der Stadt gut gegangen. „Damals gab es noch das Edelstahlwerk, die Einnahmen aus der Gewerbesteuer flossen - Witten konnte sich was leisten“, so Rauball. Das habe man auch an der Millionenspende für Wolfen sehen können.

„Heute wäre an ein solches Geschenk nicht mehr zu denken“, sagt Ex-Bürgermeister Lohmann. Denn Witten steckt mittlerweile selbst tief in den roten Zahlen. Laut einer lokalen Zeitung belaufen sich die Schulden der Stadt auf fast 300 Millionen Euro. Schuld an der Misere ist unter anderem das rapide Schrumpfen der für das Ruhrgebiet so wichtigen Kohle- und Stahlindustrie. „Das Edelstahlwerk in Witten bot früher 7 500 Arbeitsplätze. Heute sind es noch 1 500“, führt Lohmann als Beispiel an.

Erste Privatuniversität Deutschlands

„Von diesem Unglück darf man sich aber nicht unterkriegen lassen“, meint Rauball. Die Stadt im Ruhrgebiet hat tatsächlich noch immer viel zu bieten: Witten hat etwa 99 000 Einwohner und beherbergt die erste Privatuniversität Deutschlands. „Die ist mit 1 500 Studierenden und 600 Mitarbeitern zwar recht klein, hat sich aber einen guten Ruf erarbeitet“, erzählt Lohmann. Wissenschaftlich gearbeitet wird auch am Zahnmedizinisch-Biowissenschaftlichen Forschungs- und Entwicklungszentrum (ZBZ). Die Wittener beschäftigen sich unter anderem mit neuen Füllungsmaterialien für marode Zähne und modernen Verfahren der Mundchirurgie.

Ein Wahrzeichen der Stadt ist der Helenenturm. Er ist 30 Meter hoch und wurde im 19. Jahrhundert erbaut. Ursprünglich war der Aussichtsturm als Privatdenkmal für die Frau eines Justizrates geplant. Die Dame hieß Helene Strohn - daher der Name des Turms. Der Turm befindet sich auf dem Helenenberg.

Den Namen der Stadt trägt das Haus Witten. Es ist ein ehemaliges Rittergut, heute findet man dort das städtische Kulturzentrum. Die Ritterburg wurde um 1470 errichtet. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Anlage durch Luftangriffe schwer beschädigt, der Turm blieb allerdings erhalten. Nachdem das Haus Witten jahrzehntelang eine Ruine war, wurde es in den neunziger Jahren wieder aufgebaut. Das Projekt gewann 1998 den Architekturpreis Nordrhein-Westfalens.

Platz für Naturfreunde

Auch wenn die Stadt im Ruhrpott liegt, hat sie doch viel für Naturfreunde zu bieten, etwa Radwege in einer Gesamtlänge von 150 Kilometern und das Naherholungsgebiet Hohenstein mit seinen Hirsch- und Wildschweingehegen. Auch einen Streichelzoo gibt es.

Die Ruhr, die durch Witten fließt, ist schon längst kein schmutziger Industriefluss mehr. Heute kann man auf ihr Wassersport betreiben. Da, wo sich der Fluss zum Kem- nader See staut, finden Spaziergänger, Radler und Inline-Skater gut ausgebaute Rundwege.

Rauball war vor fünf Jahren das letzte Mal in Witten. „Ich hatte dort eine schöne Zeit, aber mittlerweile bin ich in Bitterfeld-Wolfen zu Hause“, erklärt er. Witten sei trotz aller Probleme eine interessante Stadt, fügt er noch hinzu - schon wegen des Gegensatzes aus Industriegebiet und Natur.

Werner Rauball stand oft in Wittener Zeitungen.
Werner Rauball stand oft in Wittener Zeitungen.
Ruttke Lizenz
Ehemals Burg, heute Kulturzentrum: Haus Witten
Ehemals Burg, heute Kulturzentrum: Haus Witten
Jörg Fruck Lizenz
Das Ruhrtal bei Witten
Das Ruhrtal bei Witten
Jörg Fruck Lizenz
Blick vom Helenenberg auf die Innenstadt
Blick vom Helenenberg auf die Innenstadt
Jörg Fruck Lizenz