Neuer Schatz im Kreismuseum Neuer Schatz im Kreismuseum Bitterfeld: Sammler entdeckt Radio aus Bitterfeld aus dem Jahr 1924

Bitterfeld - Mit Romantik hat das erste Radio nichts zu tun. Und doch schaut Uwe Holz, Leiter des Bitterfelder Kreismuseums, entzückt auf die beiden schwarzen Teile, die Robert Latzel da vor ihm aufgebaut hat und die zusammen einen der ersten deutschen Rundfunkempfänger ergeben. Das hat seinen Grund. Denn dieses Ding ist „made in Bitterfeld“. Ein ganz rares Stück. Länger als zwei Jahre wurden sie nicht produziert.
Ein Radio, hergestellt in Bitterfeld? Holz zieht die Augenbrauen hoch: „Wenn mir jemand ein Exponat aus dem Tagebau oder der Chemie gebracht hätte - ok. Aber das? Tja, jetzt werde ich hier nachgeschult. Das ist ja das Schöne an meinem Beruf: Man wandelt wie durch einen langen Flur und immer mal macht jemand eine Tür auf und lockt einen rein.“
Gerät stammt aus dem Jahr 1924 und damit aus den Radio-Anfängerzeiten
Nun steht das gute Stück, das aus dem Jahr 1924 und damit den Radio-Anfängerzeiten stammt, da. Und vor dem sitzen in trauter Freude dessen Bewunderer Uwe Holz und dessen Entdecker Robert Latzel. Der Wittenberger Latzel, von Hause aus Restaurator für Uhren und selbstspielende Musikinstrumente, hat den Rundfunkempfänger im Internet gesehen.
Der Sammler hat einen Blick für solche Raritäten. Aber dieses Stück, sagt er, wollte er nicht für sich. „Da habe ich echt ein Museum gesucht, denn das ist etwas, was an die Öffentlichkeit muss, die Bitterfelder Öffentlichkeit“, sagt er. Vor Holz’ innerem Auge blättert sich schon die erste Ausstellung über die Historie von Rundfunkempfängern und deren Homestorys auf. Bis zu deren Realisierung jedoch dürfte noch einige Zeit ins Land gehen, müssten noch verschiedentliche Recherchen angestellt werden. Doch das Feuer ist gelegt.
Radio wurde in der einstigen Klempner-Firma E. Otto Dietrich in Bitterfeld montiert
Immerhin ist auch dank des umfassenden Wissens von Latzel bereits klar, die ausschlaggebenden Teile des Geräts mit dem unromantischen Namen DV2A sind in Bitterfeld hergestellt und in der einstigen Klempner-Firma E. Otto Dietrich montiert worden. Wer weiß schon, dass sich später aus E. Otto Dietrich der größte Rohr- und Montagebau der DDR entwickeln wird?
Ein Unternehmen, das heute als IKR bekannt und weiter am Markt ist.„Die 20-er Jahre waren Jahre des Umbruchs. Offenbar hat Ernst Otto Dietrich auch auf anderen Gebieten Fuß fassen und wirtschaftlichen Gewinn schöpfen wollen“, erklärt Latzel. „Das war ’ne Pionierzeit, vergleichbar mit der Computerzeit.“ Seine Radioproduktion unter der Firmen-Marke Avolta hat er allerdings nur zwei Jahre durchgezogen. „Vielleicht gibt es noch ein drittes oder ein viertes Radio von der Firma“, sagt Latzel. „Aber mehr nicht.“
War der Rundfunk, dessen Entwicklung ohne die Erfindung der Glühbirne nicht denkbar ist, ursprünglich für die Information in Firmen und den Wetterbericht für die Landwirtschaft gedacht, kam schon bald einer auf den bahnbrechenden Gedanken, mal Musik zu versenden. „Es musste technisch viel versucht werden, man wusste ja wenig. Und wie das so ist - Kreativität und Zufall bringen manchmal Unvorhergesehenes hervor.“
Damit ja keiner über die Stränge schlägt, hat Deutschland sofort eine Audion-Versuchserlaubnis eingeführt - ein Führerschein fürs Radio. Und wie Fahren ohne diesen strafbar ist, war Radiohören und -bedienen ohne die Erlaubnis illegal. (mz)
