Nach Bürgermeister-Rücktritt Nach Bürgermeister-Rücktritt: Standing Ovations für Lönnig
Möhlau/MZ. - Etwa 150 Möhlauer spendeten frenetischen Beifall, erhoben sich von ihren Sitzen und applaudierten minutenlang weiter. Yvonne Vollmering löste diese Standing Ovations mit ihrer Hoffnung aus, Günter Lönnig möge doch bei den Bürgermeister-Neuwahlen im Sommer erneut kandidieren.
Die Zusammenkunft am Freitagabend im Saal der Gaststätte Vetter war durchaus nicht als Wahlkampf gedacht, sondern eher das Gegenteil: Lönnig, der nach Querellen im Rat freiwillig vom Bürgermeister-Posten zurücktrat (die MZ berichtete mehrfach), sollte von den Einwohnern würdig aus der Politik ins Rentnerdasein verabschiedet werden.
Doch schon die Laudatio von Frau Vollmering, die immer wieder durch spontanen Beifall unterbrochen wurde, machte sehr schnell deutlich: Zwar "verstehen und respektieren" die Einwohner die persönliche Entscheidung des 61-Jährigen, doch am liebsten würden sie den zweifachen Familienvater und "liebenswerten Menschen" zur Rückkehr auf seinen Chefstuhl bewegen wollen. Niemand solle die eher dürftige Teilnahme der Einwohner an den Ratssitzungen mit Desinteresse verwechseln, hieß es.
"Wir wussten wer das Boot steuert, und wir konnten uns auf unserem Kapitän verlassen. Hoffentlich laufen wir jetzt nicht auf Grund", so Frau Vollmering. Der Alte soll nun wieder angeheuert werden, daran ließ die Physiotherapeutin nicht den geringsten Zweifel. Ein Reisegutschein im Wert von 1 100 Euro - das Geld wurde von den Bürgern ohne einen Aufruf gesammelt - soll jetzt das Nachdenken versüßen. So jedenfalls formulierte es sein ehemaliger Stellvertreter Norbert Schmidt.
Doch Lönnig ließ sich - zumindest nicht gleich - breit schlagen. Er habe schließlich mit seiner Familie seinen Schritt beraten. Er kündigte aber an, noch einmal ein Gespräch führen zu wollen. Eine spätere Kandidatur schloss er aber nicht definitiv aus. "Ich fühle mich jetzt wie ein Sportler, der gerade Olympia-Gold erkämpft hat, und sofort ein Interview geben soll", sagte er vorsichtig. Und dann begründete er noch einmal seinen Rücktritt. Es gab kein Miteinander im Rat mehr.
Dabei verglich Lönnig die derzeitigen Zustände in Möhlau mit dem "Stalinismus Anfang der fünfziger Jahre" in der DDR. "Willst Du nicht mein Bruder sein, schlage ich Dir Deinen Schädel ein", sagte er.
Einen Neuanfang unter diesen Umständen kann sich der 61-Jährige nur schwer vorstellen. "Ich habe keine Freunde mehr im Gemeinderat", sagte der Parteilose, der aber seine ehemalige Fraktion, die PDS, davon extra ausschloss.
Eines ist aber seit Freitag klar: Sollte Lönnig tatsächlich erneut zur Wahl antreten, wird es für jeden Mitbewerber schwer. Standing Ovations für einen Kommunalpolitiker sind in der Region die große Ausnahme.