Schrottpresse droht Muldeperle gehört auf den Muldestausee

Bitterfeld - Zwei Männer wollen die „Muldeperle“ vor der Schrottpresse retten. Weil sie finden, die hat das gute Stück nicht verdient, es gehört einfach zur Region. Immerhin - an diesem Schiff, mit dem die Leute fast 25 Jahre über den Mudestausee schippern konnten, hängen tausende Erlebnisse und Erinnerungen.
Rettungsversuch für die „Muldeperle“ erst in letzter Minute
Die Nachricht von der in den Blick gefassten Rettungsaktion überrascht Birgit Vetter, Chefin der Vetter-Touristik. Auf dem Betriebshof der Vetter GmbH hat das 2009 durch einen Sturm schwer leckgeschlagene Schiff, das das Unternehmen zusammen mit dem Heidecamp Schlaitz sieben Jahre zuvor übernommen hatte, seinen letzten Hafen gefunden.
„Das ist ja alles löblich“, meint Birgit Vetter. „Aber hätte man nicht mal miteinander reden können? Es ist höchste Eisenbahn, dass man mal in Kontakt kommt.“
In den zurückliegenden Monaten habe es einen Interessenten gegeben, der das Schiff kaufen wollte, berichtet sie. „Das hat sich vor drei Wochen zerschlagen. Jetzt haben wir weiter den Weg der Verschrottung verfolgt.“
Was kommt nach der Rettung?
Allerdings zweifelt sie am Sinn der Aktion. Denn: Was ist nach der Rettung? Das Schiff entspreche in keiner Weise dem, was ein Gast heute erwartet. Heißt: Mit der Rettung allein ist es nicht getan, es müsste eine ganze Menge Geld investiert werden.
„Muldeperle“: Schnapsidee oder doch Projekt?
Also: Schnapsidee oder doch Projekt? Wie weit die Pläne von René Bär und Jörg Pietsch, Inhaber des Wassersportzentrums 2water an der Goitzsche, gediehen sind, erklärt Bär, der als Fotograf sein Herz an den Bergbau und alles, was davon heute noch übrig ist, gehangen hat: „Wir sind noch ganz am Anfang, vielleicht versuchen wir es mit einem Förderverein. Klar, die Idee ist auch eine Kostenfrage. Aber es muss sich doch ein Weg finden lassen. Schade wäre jedenfalls, wenn die ,Muldeperle’ verschrottet wird. Die war immer schon eine Besonderheit.“
Dass das Motorschiff etwas ganz besonderes ist, weiß auch Walter Berger, Inhaber des Heidecamps in Schlaitz. Eine Perle eben - schön, elegant, gebaut 1928. Viele Jahre ist er quasi als zweiter Mann mit auf dem Schiff gefahren, hat den Leuten die Welt rund um den Muldestausee erklärt. Klar, gäbe es eine Rettung - Berger wäre dabei.
Die „Muldeperle“ als schwimmendes Büro?
„Aber das ist ja nicht so einfach“, sagt er und weist auf die bürokratischen Wege hin, ein neuer Anleger müsste ebenfalls her. „Es ist immer so: Ist erst was weg, kriegen die Leute Sehnsucht danach. Als wir damals schweren Herzens aus wirtschaftlichen Gründen die Entscheidung treffen und das Gewerbe abmelden mussten, war die Sehnsucht eben nicht da. Nun ist es schwierig. Aber schön wäre es.“
Das findet auch Jörg Pietsch. Vor drei Jahren hatte er so eine Idee: die „Muldeperle“ als schwimmendes Büro. „Um das Bötchen zu erhalten“, sagt er. Irgendwie hatte er sich verliebt in dieses schöne Schiff. Und als Wassersportler mit Leib und Seele, der er ist, könne er nicht zugucken, wenn es zerlegt würde, sagt er.
Erinnerungen an die „Muldeperle“
„Da hängen irgendwie Emotionen mit drin.“ 1984 wurde das Schiff in den Muldestausee gelassen. Die Gemeinde Schlaitz hatte es für das große, neue Naherholungsgebiet, das nach der Auskohlung der Grube Muldenstein entstanden war, gekauft.
Das Motorschiff, die spätere Muldeperle, wurde 1928 gebaut. Zunächst fuhr es auf der Talsperre Pöhl in Sachsen. 1984 wurde es auf dem Muldestausee zu Wasser gelassen. Bis 1993 wurde es als touristische Attraktion kommunal betrieben.
Dann übernahm es der damalige langjährige Kapitän. Bis 2002 blieb es in privater Hand, bis die Vetter GmbH und das Heidecamp Schlaitz es übernahmen. Gerade sollte es neu eröffnet werden, da brach das Hochwasser herein.
Die Rettungsaktion gelang mit großem Einsatz. Was die Flut nicht schaffte, schaffte ein Sturm im Herbst 2009. Der Seegang war so hoch, dass Wellen die Frontscheibe eindrückten. Das Schiff lief voll Wasser, Inneneinrichtung und Technik waren zerstört.
„Zuvor fuhr es auf der Talsperre Pöhl“, weiß Berger. Und Bär erinnert sich an die Schiffstaufe, als wäre die gestern gewesen: „Viele Leute waren da. Die Bergmannskapelle hat gespielt. Dann sollte endlich die Sektflasche an die Schiffswand geworfen werden. Tja, die ging aber nicht kaputt. Offenbar hatte die Taufpatin ein zu zartes Händchen. Sie musste nochmal werfen. Der Kapitän hat schön grimmig geguckt.“
Wie viele Kilometer die „Muldeperle“ auf dem Stausee letztlich wohl unterm Kiel hatte? Man weiß es nicht. Eins aber weiß man: Dass sie ein beliebtes Ausflugsschiff gewesen ist. „Touristen, Betriebsbrigaden, Sportvereine - alle haben sie genutzt“, sagt Bär. „Und zwar gerne.“ Und Walter Berger wird es ewig in Erinnerung bleiben, wie abenteuerlich sie das Schiff zur Flut 2002 gerettet haben. (mz)