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Mehr Mitsprachemöglichkeiten Mehr Mitsprachemöglichkeiten: Zörbig holt Kitas zurück in kommunale Hand

Von Ulf Rostalsky 03.01.2019, 06:00
Die Kita „Rotkäppchen“ in Zörbig - Deutschlands älteste Kita - befindet sich derzeit noch in freier Trägerschaft. Das soll sich bald ändern.
Die Kita „Rotkäppchen“ in Zörbig - Deutschlands älteste Kita - befindet sich derzeit noch in freier Trägerschaft. Das soll sich bald ändern. André Kehrer

Zörbig - Die Stadt Zörbig holt alle Kitas unter ihr Dach zurück. Das haben die Mitglieder des Stadtrates auf ihrer letzten Sitzung des Jahres einstimmig beschlossen. Damit machen sie amtlich, was zuvor bereits im Hauptausschuss und in den Ortschaftsräten Zörbig und Stumsdorf entschieden worden war.

Die Verwaltung soll den zum 31. Dezember 2019 auslaufenden Betreibervertrag mit den Johannitern für Deutschlands älteste Kita „Rotkäppchen“ in Zörbig nicht verlängern. Gleichzeitig ist ihr aufgetragen, den in Stumsdorf für die Kita „Zwergenland“ mit dem Betreiber Kinderland 2000 geschlossenen Vertrag möglichst vor Ablauf der regulären Frist am 31. Dezember 2026 zu beenden. Damit wäre in Zörbig das Experiment freie Trägerschaft für Kitas nach mehr als einem Vierteljahrhundert beendet.

Nur Landkreis und freie Träger schließen bislang Veträge, die Stadt hat kein Mitspracherecht

Nur warum folgt jetzt die Rolle rückwärts? Schließlich war die Übergabe kommunaler Einrichtungen an freie Träger über Jahre ein vielerorts praktiziertes Verfahren, um Einrichtungen am Leben zu halten und gleichzeitig Kosten zu sparen. Bürgermeister Rolf Sonnenberger (parteilos) bringt nicht zuletzt mit den Jahren veränderte Rahmenbedingungen ins Spiel. „Als Stadt sitzen wir bei Vertragsverhandlungen weitgehend außen vor. Landkreis und freie Träger schließen Verträge. Wir zahlen Zuschüsse.“

Tatsächlich werden im Land auf der Grundlage des Kinderförderungsgesetzes (Kifög) zwischen Landkreis und Trägern von Einrichtungen sogenannte Leistungs-, Qualitätsentwicklungs- und Entgeltvereinbarungen (LEQ) abgeschlossen. „Im Einvernehmen mit dem Kommunen“, heißt es im Regelwerk.

„Aber wir sind da wirklich nur hintendran“, ergänzt der Rathauschef. Offensichtlich hat genau das in Zörbig zum Überlaufen des Fasses geführt. „Es geht um die Kinder, um gleiche Bedingungen für alle in allen Einrichtungen“, so Stadträtin Jutta Mädchen (FDP). Das Feld ist weit, das Unverständnis groß. „Das Kifög wird finanziell immer mehr zur Last“, fügt Sonnenberger an.

Das Personal wird mit der Rücknahme nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes entlohnt

Mit der Rücknahme der Kitas will Zörbig am Ende auch Geld sparen. Aber geht das? Immerhin werden Mitarbeiter in städtischen Einrichtung nach den Tarifbedingungen des öffentlichen Dienstes bezahlt. Genau in diesem Bereich lassen Tariferhöhungen regelmäßig Kämmerer beim Aufstellen der Haushalte stöhnen.

„Ganz klar: Das Personal wird mit der Rücknahme nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes entlohnt“, stellt Sonnenberger klar. Dass die Stadt eigene Kitas dennoch derzeit günstiger als die in freier Trägerschaft befindlichen betreiben könne, fügt er hinzu. Konkrete Zahlen nennt er allerdings nicht.

Eines seiner Argumente sind eben die LEQ. Dort rechnen Träger im Regelfall nicht mit realen Platzbelegungen. Vielmehr legen sie die mögliche Kapazität zu Grunde. „Das ist ein ganz wichtiger Fakt. Wir haben die reale Belegung im Blick und richten danach die Stundenzahl der Mitarbeiter aus. Außerdem können wir Mitarbeiter flexibel einsetzen. Je nach Bedarf eben.“

„Heute alles in Eigenregie zu betreiben, ist günstiger für uns“

Dass gleichzeitig Ausstattung, Lern- und Hilfsmittel flexibel verwendet werden könnten, komme dazu. „Heute alles in Eigenregie zu betreiben, ist günstiger für uns.“

Nur wie sieht es mit individuellen, ebenfalls in den LEQ zu hinterlegenden Bildungsprogrammen und -konzepten aus? „Die werden auf jeden Fall weitergeführt. Unter einem Dach heißt doch nicht Einheitsbrei. Die Einrichtungen werden ihren eigenen Charakter behalten“, so der Bürgermeister.

Stimmen der betroffenen Einrichtungen sind kaum zu hören. Kinderland-2000-Geschäftsführer Heinz Engl erklärte, seine Gesellschaft wolle den Vertrag in Stumsdorf auf jeden Fall erfüllen. Im „Rotkäppchen“ ist laut Fachbereichsleiter Nico Hofert das Auslaufen des Vertrages bekannt. (mz)

Zörbig verfügt über neun Kindertagesstätten. Das sind die in kommunaler Regie betriebenen Einrichtungen „Abenteuerland“ in Quetzdölsdorf, „Fuhnezwerge“ in Schortewitz, „Märchenland“ in Salzfurtkapelle, „Max und Moritz“ in Zörbig, „Pauli“ in Großzöberitz, „Pünktchen“ in Löberitz und die „Spörener Spatzen“ in Spören.

Die beiden Kitas „Rotkäppchen“ in Zörbig und „Zwergenland“ in Stumsdorf befinden sich derzeit noch in freier Trägerschaft. Das soll sich ändern.