"Kurz vor dem Kollaps" "Kurz vor dem Kollaps": Für Lkw und Busse fehlen zunehmend Fahrer - auch im Altkreis Bitterfeld

Sandersdorf - Die Logistikbranche brummt wie ein Lkw-Motor auf der Autobahn. Doch in diesem Motor gibt es erste Fehlzündungen - Lkw und auch Busse müssen stehen bleiben, weil die Fahrer fehlen.
Im Dezember des vergangenen Jahres meldete das Bundesamt für Güterverkehr erstmals einen Fachkräfteengpass für die Plätze hinter dem Lenkrad. Und Tobias Hinze, der Geschäftsführer des Landesverbandes des Verkehrsgewerbes in Sachsen-Anhalt (LVSA), meint sogar: „Wir stehen kurz vor einem Versorgungskollaps.“
Auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld fehlen Brummi-Fahrer. In einer Bitterfelder Spedition heißt es am Telefon: „Alle Fuhrunternehmen suchen Fahrer. Wir müssen inzwischen zusehen, dass wir möglichst alle Lkw auf die Straße bekommen, doch das klappt kaum noch.“ Ihren Namen will die Firma aber nicht genannt wissen - aus Angst vor Geschäftsschädigung. Andere Speditionen äußern sich ähnlich. Die zahlreichen Stellenangebote auf den Internetseiten sprechen dabei für sich.
Auch die traditionsreiche Spedition Uwe Ludwig aus Sandersdorf sucht Fahrer
Auch die traditionsreiche Spedition Uwe Ludwig aus Sandersdorf sucht Fahrer - doch diese zu finden ist nicht einfach, wie der Geschäftsführer erzählt: „Viele Mitarbeiter sind seit der Wende in unserem Team, die erreichen jetzt mitunter das Rentenalter - Nachwuchs ist auf der anderen Seite aber kaum zu finden“, so Ludwig.
Das Sandersdorfer Unternehmen hat sich auf den Transport von Mineralölen und flüssigen Chemikalien spezialisiert. „Das sind mitunter Gefahrgüter, da brauchen wir auch Leute, die sehr umsichtig sind“, so Ludwig.
Laut den neuesten Zahlen der Arbeitsagentur vom März gibt es im Landkreis Anhalt-Bitterfeld knapp 2 450 Beschäftigte im Bereich „Fahrzeugführung im Straßenverkehr“, wie es offiziell heißt. Dazu gehören Lkw-Fahrer, Busfahrer und Auslieferungsfahrer. Das der Bedarf an Fahrern wächst, hat mehrere Ursachen.
Zum einen verursachen die deutschen Exportüberschüsse viel Fernverkehr, der wiederum kaum auf der Schiene landet. Gleichzeitig gehen viele Fahrer in den Ruhestand. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen, denn in Sachsen-Anhalt ist knapp ein Drittel der Fahrer über 55 Jahre alt.
Gleichzeitig ist kaum Nachwuchs in Sicht. In ganz Sachsen-Anhalt sind in diesem Jahr gerade einmal 94 Ausbildungsverträge für Berufskraftfahrer abgeschlossen worden, ähnlich viel wie in den vergangenen Jahren. Sieben neue Auszubildende gab es in diesem Jahr in Anhalt-Bitterfeld.
Omnibusse die wegen fehlender Fahrer ausfielen?
Bei der Sandersdorfer Spedition Ludwig hat man die Zeichen der Zeit erkannt und bildet inzwischen selbst aus. „Wir haben nun zwei Auszubildende. Damit ist für uns als Arbeitgeber allerdings auch ein großer Aufwand verbunden“, so Ludwig. Andererseits sei die Lage gerade durch die Nähe zu den Berufsbildenden Schulen Anhalt-Bitterfeld günstig, dort werden auch Kraftfahrer ausgebildet.
Nach MZ-Informationen gab es in der Region auch schon Fälle, in denen Omnibusse wegen fehlender Fahrer ausfielen. Es wäre kaum verwunderlich. Erst kürzlich erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Omnibusbetriebe, Christiane Leonard: „Der Nachwuchsmangel ist deutlich in Busunternehmen spürbar. Er bedroht mittelfristig die Mobilität der Fahrgäste sowie die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs.“ Fehlzündungen gibt es also auch im Busverkehr. (mz)