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Kriegstote Kriegstote: Frieden nach fast sechs Jahrzehnten

Von Irina Steinmann 09.09.2003, 15:41

Straach/MZ. - Die Kripo ist stets dabei, wenn irgendwo Menschenknochen gefunden werden. So war es auch am 1. April in Straach, als Arbeiter 80 Zentimeter unter der Erde auf Skelett-Teile stießen, beim Schachten am Ortsausgang für eine Leitung neben der Straße nach Berkau. Für die Kripo war der Fall rasch kein Fall mehr: Kriegsopfer.

Bergmann vermutet, dass die drei aus dem Graben Opfer eines Angriffs mit Granaten geworden waren. Dafür spreche auch ein von Splittern durchlöcherter Flak-Schild. Wegen dieses und anderer Beifunde - ein Gasmasken-Behälter aus Blech, Stiefel, eine Pferdedecke mit Kunstleder-Rand - bestehe kein Zweifel, dass der Kampf im Zweiten Weltkrieg stattgefunden hatte, wahrscheinlich im Frühjahr 1945. Wer aber waren die Männer?

"Volkssturm", vermutet Bergmann. Denn Erkennungsmarken, wie sie Soldaten um den Hals hängen haben, wurden bei ihnen nicht gefunden, auch keine Uniformteile, lediglich die Reste, Ring und Zünder einer Handgranate, die wohl hochging, als die drei unter Beschuss gerieten. Dafür, dass es sich nicht um reguläre Soldaten handelte, spricht laut Bergmann auch das Zahnbild: fast zahnlos im Unterkiefer der eine, während einer der beiden anderen ein vollständiges und noch nicht abgenutztes Gebiss aufweist - ein Greis also und ein Heranwachsender von "15, 16, 17 Jahren". Das letzte Aufgebot und damit wohl "im weitesten Sinne aus der Region". Hier aber fängt die Anonymität an. Eine Uhrkette aus Doublé, der Kommissar hat den Fund einem Goldschmied gezeigt, hat sich als Massenware erwiesen. Sie haben sie trotzdem nach Halle geschickt, an eine Such-Organisation.

In der Gemeinde Straach, so Werner Karius, Leiter der Verwaltungsgemeinschaft "Südfläming", habe man sich auf den neutralen Begriff "Kriegsopfer" geeinigt. So steht es auf dem Kranz, der am Dienstag auf dem Friedhof niedergelegt wurde. Dort fanden die drei Unbekannten, der Knabe, der Greis und der mittleren Alters, am Nachmittag nach sechs Jahrzehnten ihre letzte Ruhestätte.